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>

Geschichtsquellen

der

PROVINZ SACHSEN

und

angrenzender GeMete.

Herausgegeben

von der

Historischen Commission der Provinz Sachsen.

Elfter Band.

DENKWÜRDIGKEITEN DES HALLISCHEN RÄTHSMEISTERS

SPITTENDORFF.

HALLE,

Druck und Verlag von Otto Hendel.

1880.

DENKWÜRDIGKEITEN

f des

HALLISCHEN RATHSMEISTERS SPITTENDORFF.

Herausg^eben von der Historischen CommissiuQ der Ptotidz Saclisea.

Bearbeitet

Prof. Dr. JULIUS OPEL.

HALLE,

Dnick Lind Verlag von Otto HetideL

Einleitung.

ilis ist öfters beklagt worden, dass die von der historischen Com- mission zu München veröffentlichten Städtechroniken nnr selten anschan- liehe Bilder ans dem Leben und Treiben der städtischen Gemein- wesen enthalten, und dass sie uns noch viel seltener einen Einblick in das Gefühls- und Empfindungsleben der einzelnen bürgerlichen Gruppen und Parteien der Städte gewähren. Gerade in diesen beiden Beziehungen fUllen nun die Denkwürdigkeiten des Rathsmeisters Spittendorff eine sehr empfindliche Lücke in unserer deutschen Stadtge- schichte ans, da ihre Aufzeichnungen den Tagesereignissen oft auf dem Fusse nachfolgen, und der an den Vorgängen in der Stadt in hervorragender Weise betheiligte Verfasser es keineswegs verschmäht hat, seine und seiner Standesgenossen Empfindungen zum ungeschmink- ten Ausdruck zu bringen.

Wie es in den Sitzungen des Raths, in den Versamlungen der Zünfte und Gemeinheiten zuging, welche Mängel dem aristokra- tischen Regiment der Stadt vorgeworfen wurden, welche Mittel und Wege diese Aristokratie suchte, um sich gegen die monarchische Ge- walt «des Landesherrn und die Eifersucht der Innungen und ihrer Gesinnungsverwandten aufrecht zu erhalten, wie die Erwerbsverhältnisse eines grösseren mitteldeutschen Gemeinwesens ihr unmittelbares Ab- bild in der Stadt- und Rathsverfassung fanden, darüber geben die Aufzeichnungen Spittendorffs in anschaulichster Weise Aufschluss. Diese Mittheilungen aber sind um so werth voller, als sie der für die Freiheit der deutschen Städte so verhängnisvollen Zeit der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts entstammen, und daher gerechten Anspruch auf eine allgemeinere Bedeutung erheben können.

L Die Handschriften. 1. Die älteste, leider unvollständige Hand- schrift unserer Denkwürdigkeiten befindet sich in der Stadtbibliothek zu Magdeburg und trägt die Signatur Man. Fol. Nr. 35. Sie zählt 149 nicht voll- ständig beschriebene Blätter, von denen die ersten 49 einen Theil der Denkwürdigkeiten Spittendorffs enthalten. Die Papierhandschrift wird früher Halle angehört haben, wie sich aus der Aufschrift des Perga- mentumschlags zu ergeben scheint: „Hallisches Chronicon a Timaeis heredibus meo aere redemtum cum quibusdam responsis juris salinaris in urbe.** Der mit Bl. 3 beginnende Text der Denkwürdigkeiten ge- hört den Wortformen und den Schriftzttgen nach noch in das fünf- zehnte Jahrhundert, ja die letzteren gleichen denen einer Schreiberband,

T! Einluihing.

welche in den balliachen Urkonden dieser Zeit anftritt, in hohem Grade. Die Blätter sind nicht alle vollständig beschrieben, Bl. 16 und 23 eind ganz leer. Von Bl. 53 an beginnen kleine annalistiscbe Auf- zeichnungen auB Halle und zwar mit dem Jahre t464,i) welche zum Theil im ersten oder zweiten Jahi-zehnt des 16. Jahrhunderts ge- schrieben zn sein scheinen. Von Bl. 85 an treten einige Urkundenab- 9chrillen dazwischen und Bl. IUI 105 ein deutsches Gutachten in SalinenangelegenheiteD. Auf den Blättern 116 117 lesen wir das lateinische Gntachten der erfartischen Juristen Dr. Coiuadus ISteyn, Heuningus Gode und ISymon Voltzke in einer Salinenangelegenheit. Von Blatt 1^—139 reichen dann wider annalistiscbe AnCzeicIinungen Über Vorfälle in der Stadt Halle aus den Jahren 1500—1512 nnd einige andere Verhältnisse, z. B. auch ober dasJubeljahr 1500 (Bl. 120). Die Blätter 120 126 sind von einer viel späteren Hand ans der zweiten Hälfte des 16. Jahrhnoderts beschrieben. Hierauf folgen von Bl. 140 an bis zum Scbluss noch einige auf piännersc)mftliche Dinge be- zügliche Mittbeilungen und Urkundenabschriften. Bl. 148 und 149 sind ganz leer. Seite 147 * nennt sich als Schreiber der letzten Aufzeich- nungen „Voickmarus Vlman (Ulman), die Zeit Kammerschreiber". Er schrieb auf Befehl der Rathsmeister Michael Hofeman und Wenzeslaus Kurbauch aus „einem alten Buche", aber nach seiner eigenen Ver- sicherung nur „snmmarie", nnd fUgte als Datum hinzu Sonnabend nach MariaeMagdalenae(28.JnIi) 1520. Doch findet sich diese Hand nur auf den let/.ten drei Blättern. Auch daraus ziehen wir den Schluss, dass das ganite Manuscript einmal im Besitz des Raths der Stadt Halle ge- wesen sein wird, da die einzelnen Theile nicht erst später zusaininen- geitlgt worden sind.

Unser Abdruck folgt von S. 88 bis S. 139 mit einer Ausnahme (S. 129 ff.) diesem Bruchstück; in den Anmerkungen sind die wich- tigeren Abweichungen der zweiten und vollständigen Handschrift nitt- getheilt.

2. Die zweite Handschritl, welche den vollständigen Text mit Ausnahme der Thalordnung des Brzbischofs Johannes enthält, ist jetzt Eigenthum der hiesigen Marienbibliothek, welcher sie Herr Bector Prof. nem Seheiden ans der Vaterstadt an- einem Papiermanuscript in Folio von lenen jedoch nur 345 auf die Denk- :ngeren Sinne verwendet sind. Die in die Zeit von 1570 bis 1590 gehören twOrdigkeiten Spittendorffs hinaus bis ^437 sind unbeschrieben. Blatt 438 le bis Bl. 456 reicht. In diesem Theile att mit einer Handschrift des vorigen hinzugethgt hat. Blatt 447 ist leer;

los Thdr.-Säcbs. VereinBBd.XV. S. 84 fi.

Einleitung. vu

Blatt 454 bis zum Schluss scbrieb wider die zweite Haud. Der bi» Blatt 345 reichende und Spittendorffs Aufzeichnungen umfassende Theil des Manuscripts enthält gleichfalls einige leere Blätter, nämlich 341^ und 343 ^345. Auf Blatt 242* befindet sich eine Rechnung, welche mit diesen Verhältnissen nichts zu thun hat und offenbar von einer späteren Hand aufgezeichnet ist. Von Blatt 49^ endlich ist nur die Hälfte beschrieben, und darauf folgt ein unpaginiertes Blatt, so dass der Text erst mit B1.50* wieder anhebt. Möglicher Weise haben wir es hier mit einer Lücke im Mannscript zu thun. Diese Handschrift kann nur als eine im Allgemeinen wortgetreue Abschrift des Originals gelten, da sie nicht nur in der Orthographie des 16. Jahrhunderts ge- halten ist, sondern auch zahlreiche Entstellungen enthält und endlich sogar kleinere und grössere Abschnitte auslässt. Wahrscheinlich hat übrigens dem Abschreiber nicht einmal das Original vorgelegen, sondern er benutzte eine andere bereits der Sprache nach erneuerte Handschrift. Auffällig ist endlich eine Bemerkung auf S. 129 Anm. (Bl. 37 *»), aus welcher wir den bchluss ziehen möchten, dass der Abschreiber auf Veranlassung des Raths der Stadt Halle und iür denselben die Ab- schrift gefertigt hat. Nur so vermögen wir diese Worte zu deuten, in welchen der Schreiber es für unnöthig erklärt, auch die Thalord- nung des Erzbischofs Johannes zu copieren, da seine Auftraggeber („ir") dieselbe bereits besitzen, und er sie auch aus denselben Schriften ver- zeichnet hat. Da sich die ganze Bemerkung in der ältesten Hand- schrift nicht findet, muss sie als ein Zusatz des Abschreibers ange- sehen werden.

Die Handschrift ist nicht einmal bei Beginn eines neuen Jahres mit einem deutlich erkennbaren Absatz versehen, und auch die Urkun- den und Briefe sind dem Texte ohne weitere Uebergänge beigefügt. Dagegen finden sich kleine Randbemerkungen, welche kur/e Inhalts- angaben von einer Hand des achtzehnten Jahrhunderts, vielleicht der Dreyhaupts, darstellen. Obwol nun auch das Original wahrscheinlich mit derartigen kurzen Randglossen versehen war, haben wir dieselben doch nicht mit zum Abdruck gebracht, weil sie den Druck nur erschwert haben würden, ohne doch dem schnelleren Verständnis eine ausreichende Stütze zu bieten. Dagegen haben wir versucht, durch Trennungsstriche und Beifügung der Zeitangaben nach Jahren, Monaten und Tagen auch in den Columnentiteln dem Mangel an Gliederung und Durchsichtigkeit einigermassen abzuhelfen. Die Handschrift ist endlich nicht frei von Namensentstellungen, unrichtigen Satzver- bindungen und Wortzusanmienstellungen, so dass sich der Festsetzung des Textes öfter bedeutende Schwierigkeiten, welche nicht immer über- wunden werden konnten, in den Weg stellten. Mit Ausnahme des oben (S. VI.) bezeichneten Stückes bringen wir also diese Handschrift im Folgenden ausschliesslich zum Abdruck. ~ Von Blatt 364 •—395*' reichen Zusätze und Beilagen zu den Denkwürdigkeiten Spittendorffs, auf welche in der vorausgehenden Erzählung keine Rücksicht genor^'^'^-'

vni Einleitung.

und also auch nicht verwiesen ist. Es sind Briefe der Pfönner und des Raths an den Landesherm oder andere auf diese Streitigkeiten bezügliche Aktenstücke, deren vollständigen Abdruck wir uns noch vor- behalten. An dieser Stelle mussten wir uns mit dem 8. 489-— 499 mit- getheilten Schreiben des Raths an den Landesherrn begnügen. Blatt 396* ~ 399* der Handschrift lesen wir das in Struve's „Hist. polit. Archiv'* I. S.297 f. abgedruckte Stück, und hierauf folgen (Bl. 399^ bis 413*) zwei Bruchstücke einer historischen Darstellung, welche wahrscheinlich Spittendorif gleichfalls verfasst hat. Wir haben sie S. 46&-483 als erste Beilage angefligt. Von Bl. 416*— 439* reichen unbedeutende hallische imd erzstiftische Nachrichten aus dem 16. Jahr- hundert, worauf Bl. 430*— 434^ die S. 217 Anm. erwähnte Urkunde der Hansestädte folgt. Mit dieser schliesst diese erste Hand.

Der zweite Schreiber hat von Blatt 438* an noch einige hallische Urkunden hinzugefügt, von denen wir besonders eine Anklageschrift der Pfänner gegen den Rath aus dem Jahre 1475 (Bl. 438* 442*), ein Bittschreiben der Universität Leipzig an den Erzbischof Ernst aus dem Jahre 1479 und ein auf diese hallischen Verhältnisse bezügliches Rechts- gutachten des Propstes zu St. Thomas in Leipzig herausheben wollen.

3. Die jüngste uns bekannte Handschrift findet sich gleichfalls in der Stadtbibliothek zu Magdeburg unter der Signatur Man. Fol. Nr. 16. Der Titel unseres Werkes lautet hier folgendermassen: Des Rathsmeisters | MARCI SPICKENDORFFS | Relation | Von etlichen Streit Sachen, welche sich unter der Regierung derer beyden Ertz- bischöfFen zu Magdeburg, Johannes, Pfaltzgrafen beym Rhein, und Ernesti, Hertzogens von Sachsen und zwar in denen Jahren 1474. 75. 76. 77. 78. 79 und 1480 zu Halle zwischen dem Rathe, Innungen und Gemeinheiten an Einem, und denen Pfännern daselbst, am anderen Theile begeben und zugetragen haben, wobey der damahlige ver- worrene Zustand der Stadt Halle, und wie dieselbige Ihre Freyheit, Privilegia, Rechte und Altherkommen verlohren, ausltihrlich erzehlet wird. Alles mit Documentis erläutert. Benebst Einem Anhange von der Steuer des 50.ten und 70.ten Pfenniges zu Zeiten des Gardinais und Ertzbischoffs Alberts und anderen merkwürdigen Piecen abcopiret von J. A. Michel 1), D. in R. der Fr. Col. zu Halle, im Jahre Christi 1754.

Diese Handschrift enthält 502 Seiten. Sie ist eine Abschrift der eben beschriebenen hallischen, wenn auch keine buchstäbliche, da der Abschreiber sich der Wortformen und der Orthographie des 18. Jahr- hunderts bedient. Einen deutlichen Beweis Itir diese Behauptung erblicken wir in der Bemerkung auf S. 451, wo esheisst: „Zu gedenken dass biss hieher des Rathsmeisters Marci Spickendorffs Relation gehet 2); das

^) Jean Adam Michel, Richter der französ. Colonie, J. Chr. vonDreyhaupt, Beschreibung des ... Saal-Kreyses U. 5B4.

2) Der Abschreiber bezieht sich auf Blatt 413 * der halL Uaudschrift.

Einleitung. ix

folgende gehöret darzu nicht und ist auch von verschiedenen Persohnen geschrieben worden." Mit diesen Worten, die sich in der hallischen Handschrift natürlich nicht finden, geht der Abschreiber über anf ein Stück der Handschrift 2 (Bl. 415), welches erst im 18. Jahrhundert und vielleicht von Dreyhaupts Hand geschrieben ist. Dasselbe betrifft; die Steuerverhältnisse im Erzstift Magdeburg unter Kardinal Albrecht. Femer gibt Michel auch kleine Schreibfehler der älteren Handschrift wider, obwol sich auch hier und da eine nahe liegende Textverbesse- rung findet. Dass Michel die eben beschriebene Handschrift des sechs- zehnten Jahrhunderts in die Sprache des achtzehnten übertrug, geht endlich am allerdeutlichsten daraus hervor, dass er auch die Bemerkung des Schreibers widerholte, welche wir S. 129 Anm. mittheilen. Diese jedenfalls an den Rath der Stadt Halle gerichteten Worte des Ab- schreibers im 1^. Jahrhundert sind in der Abschrift des 18. Jahr- hunderts sinnlos.

IL Der Verfasser und sein Werk. Auch in Halle finden sich wie in vielen andern deutschen Städten nicht wenige Personennamen früherer Jahrhunderte, welche mit benachbarten Ortsnamen identisch sind. So bezeichnen die Namen Brachstädt, Dieskau, Glesin, Lieskau, Melwitz u. a. ebensowol Dörfer in der Umgegend von Halle wie hallische Familien, welche noch im 15. Jahrhundert blühten. Zu diesen Kamen gehört auch der Name Spittendorfif oder Spickendorff.

Dass dieses Geschlecht aus dem in der Nähe des Petersberges (Mons Serenus) gelegenen Dorfe Spittendorff, jetzt Spickendorff", her- stammt, wird nicht bezweifelt werden können. Nach Dreyhaupt IL %Q soll in dem genannten Dorfe ein adliges Geschlecht, „von Spicken- dorfi, auch Spitendorff genannt^^, seinen Stammsitz gehabt haben. In- dessen scheint auch Dreyhaupt nur Träger dieses Namens, welche zu Halle ansässig waren, gekannt zu haben. Den Namen dieses Ge- schlechts überliefert derselbe in der Urkunde vom 9. Jan. 1479 (1. 175) und an einer andern Stelle (II. 546) in der Form „Spittendorfif", in dem Verzeichnis der Rathsmeister (IL 342) nennt er jedoch unsern Verfasser „Spitendorff*"; in den Genealogischen Tabellen heisst das Geschlecht „Spickendorff oder Spittendorff", während die einzelnen Mitglieder desselben mit dem Namen „Spitendorff*" bezeichnet werden. In einem Lehnsregister des Erzbischofs Ernst i), welches freilich zum Theil Abschrift zu sein scheint, lesen wir „Marcus Spietendorff**, da- neben aber wird in einer gleichzeitigen Eintragung aus dem Jahre 1498 in derselben Ha dschrift ein „doctor Spittendorff**' erwähnt. In den Eintragungen der Schöppenbücher findet sich „Spietendorff*", „Spitendorff" und „Spittendorff". Als Dorfname erscheint in einer Urkunde des Jahres 1367 „Spitendorf" und im 15. Jahrhundert „Spittendorf"2).

*) Staatsarchiv zu Ma^^rl. Erzst. Ma^d. 41.

2) V. Mül vers ted t, Urkundeu-Regesten z. Gesch. . . . der Herren v. Kotz e S. 102.

X Einleitung.

Man könnte nun der Meinung sein, dass in einer späteren Zeit des 16. Jahrhunderts, als das Geschlecht in Halle ausgestorben war, durch einen Lese- oder Schreibfehler die Formen „Spietendorff SpitendorflFSpittendorff " in „Spickendorflf" verwandelt worden seien. Indessen scheint von dieser Erklärung doch Abstand genommen werden zu müssen, da sich eine ähnliche Veränderung der Consonanten auch in anderen Ortsnamen der Nachbarschaft nachweisen lässt. Schon Dreyhaupt flihrt das Dorf „Lettwitz" oder „Leckwitz" im Saalkreise in der Nähe des Petersberges auf, welches noch heute im Volksraunde gewöhnlich „Leckewitz'* genannt wird, während seine urkundlichen älteren Formen Lethtuiz oder Letquiz ^) sind, und die Stadt He ttsted t im mansfeldischen Gebirgskreise, welche derAbschreiber der nachfolgenden Denkwürdigkeiten bereits mit „Hechstedt" bezeichnet, wird noch heut sehr gewöhnlich „Heck-städt'*oder gar „Heckst" genannt. Da sich nun eine urkundlich belegte Form „Spickendorff " im 15. Jahrhundert nicht nachweisen lässt, haben wir kein Bedenken getragen, die ältere Gestalt des Namens zu erneuern.

Die Familie, zu welcher der Verfasser unserer Denkwürdigkeiten gehörte, lässt sich in den hallischen Schöppenbüchem bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen, erscheint aber weder in diesen noch in den Rathsverzeichnissen sehr häufig. In den letzteren finden wir in den Jahren 1404 und 1407 Hermann Spittendorff unter denPfännem; im erst genannten Jahre war derselbe sogar Rathsmeister. Ausserdem nennt Dreyhaupt zum Jahre 1452 noch Erhard Spitendorff als Pfänner^). Femer lesen wir im fllnften Bande des Schöppenbuches (J. 1456 bis 1460) Bl. 346 folgende Aufzeichnung: „Agnijsze Beckers ist gekomen vor gehegit ding un had Nickel Hartman gekoren zcu eyme Vormun- den sulchen(!) schuld czu fulfuren, die sie zcu Hedewigen, Andre wes Spittendorffs tochter, gesaczt had, nemlich umme gerade, das sie or frevelich vorheld, bisz uflf das recht zcu geben unde zu neraen." Ein anderer Träger dieses Namens ist uns neben dem Rathsmeister Marcus im achten Jahrzehnt des fünfzehnten Jahrhunderts nicht in Halle begegnet. Dreyhaupts Behauptung 3), dass Marcus Spittendorff noch einen Bruder Kaspar und zwei Vettern gehabt habe, beruht auf einer missverstandenen Stelle des bereits erwähnten Lehnsregisters, welche wir deshalb mittheilen : „Marcus Spietendorff, burger zu Halle, hat von herren Ernsten, administratorn, zcu menlichem lene entphangen eyne freye hufe laudes uff Kremitz marcke doselbs vor Halle gelegen, die er Hansen Northusen abegekoufft hat, der ym die vor dem ge- nanten herren administratoren mitsampt Casparn seinem brudere, Ja- coffen und Ditterichen, seinen vettern, die mit ym in gesampten lehnen

^) Die erstere findet sich im Chron. Montis Sereni Monum. Germ. XXXIII S. 173, die zweite in einer ürk vom J. 1307, Dreyhaupt IL 806. 2) Dreyhaupt II. Gen. Tab. S 16^. ^) Vgl. die eben angcftibrte Stelle.

Einleitung. xi

sitczen, williglich verlassen haben. Actum Grebichenstein dominica die Misericordia doniini (28. April) Anno etc. 76^**."

Marcos Spittendorff war, ids er diese An&eichnungen niederschrieb, einigen Andeutungen nach zu schliessen i), bereits ein bejahrterer Mann. Er erscheint im Jahre 1468 als drittes Mitglied des engern oder sitzenden Raths, wurde dann für das Jahr 1471 zum ersten Raths- meister erhoben und bekleidete auch im Jahre 1474 dieselbe Stelle 2). Im Jahre 1468 wird er nach S. 189 als Mitglied des sitzenden Käthes das Amt eines „Vierherren^^ inne gehabt haben. Im Thal erscheint er ferner mehrmals alsSchöppe^). Spittendorff stand in nahen verwandt- schaftlichen Beziehungen zu den beiden Prännerfamilien der Schaff- stedt und Reuden (Rüden). Der Worthalter der Meister im Rath, Peter Schaffkopff, warf im Ausgange des Verwaltungsjahres 1474 kurz vor der Wahl neuer Rathspersonen Marcus Spittendorff nach seiner eignen Mittheilung diese Verwandtschaft vor: „Schaffstet und Lorentz von Reuden weren Schwester kinder, und ich, Marcus Spittendorff, were ihr Schwager (S. 40)." Klaus von Schaffstedt und Lorenz von Reuden waren nämlich in diesem Jahre 1474 Bommeister gewesen, und somit Sassen also während dieser Zeit drei mit einander verschwägerte Männer von grossem Einflüsse und nicht unbedeutendem Vermögen im weiteren Rathe der Stadt. Aus den Strafsummen, welche Spittendorff bei verschiedenen Veranlassungen zu zahlen hatte, ergibt sich, dass unser Rathsmeister wenn auch nicht zu den reichsten, so doch zu den be- gtlterteren Pfännem gehörte. Unter Erzbischof Johannes wurde er zu einer Strafe von 150 fl. verurtheilt*), während Andreas Fischer 200 fl.> Peter von Jena und Weittkorn ebenso viel, Hans Busse, Blasius Holtz- wirth und Hans Waltheim aber jeder sogar 400 fl. zu zahlen hatten. Am 27. März 1479 händigte er dem erzbischöflichen Beamten auf dem Giebichensteine einen ungefähren Ueberschlag über seine Vermögens- verhältnisse ein, über welche er sich in folgender Weise ausspricht^): „Mein haus achtete ich vor drey hundert schock, die wandtkammer 70 fl., meine teyl uff dem Schneberge hundert und 10 fl., treuge fleisch vor 5 fl., kannen, hecken, kessel vor 6 fl. ; des bin ich 100 fl. schuldig, die giengen wieder abe, und so behorte mir darvon zu geben 78 r. fl.^), die solde ich geben zwischen michaelis. Die vorsole halb in der Metritz, die ich den vierten teyl hatte verlassen, die gingk von meinem herren von Schwartzburg. Nun, dieselbigen lehn und gutter wolde mein herre nicht berechen, und so muste ich meinem herren geben 1/2 pfanne und ein virtel von einer pfanne im Deutschen Borne, und

') So sagt er S. 218: Ich wolde das gerne geleben,'' wie die angohobneo dingk noch ein beschlisslich endo nemen wollen etc. '^ Vgl. S. 1. 517. 518.

3) S. 323.

4) Vgl. 8. 161 A. 6) S. 411 f.

ö) Die Strafe des fünften Pfennigs,

xn Einleitung.

damitte wardt das vergleicht, das ich die fohrsole ganz behüte". Ausserdem besass SpittendorfiF ein Koth, dessen Werth er zu 300 fl. anschlägt, und drei Pfannen im Deutschen Borne i) ; von den letzteren musste er allerdings dem Landesherren einen nicht unbedeutenden Theil abtreten. Sein Haus muss am Markte gelegnen haben. Er erzählt selbst: „Da sach ich Marcus SpittendorfiF, das die bommeister vom rathause ka en und giengen zu den schöppen auflf den kirchoflf (IJ. L. Frauen); was sie da berichteten, weis ich nicht. Der grefiTe Niclas RodendorflF gingk auch ufiF den kirchoflf, so gyngk ich, Marcus Spittendorlf, in mein haus. Von stundt pfiffen die hausleute auflf dem torm und hatten zuvor gesturmet, so stehe ich in meinem fenster und sehe so kommen geritten herr Heinrich von Eynsiedell und Nickel Pflug, der fursten reth von Sachsen, und ritten vor dem rathause hin durch die schmerstrasse in die herberge'*^).

Wenn wir die Stelle S. 261 ihrem Wortlaut gemäss aufifassen dürfen, besass Spittendorflf mehrere Kinder, an einem andern Orte ge- denkt er seines Sohnes 3). Vielleicht hat sich dieser in späterer Zeit bereit finden lassen, in den Dienst des Erzbischofs Ernst einzutreten, wenigstens finden wir unter den erzbischöflichen Beamten gegen Ende des Jahrhunderts einen Doctor Spittendorfif. Das bereits erwähnte Lehnsregister des Erzbischofs Ernst enthält eine Eintragung, nach welcher den Söhnen Christoflfels von Scheidingen nach dem Tode des Vaters Indult gegeben wurde bis zur Mündigkeit des ältesten Sohnes. Diese Gnadenerweisung des Landesherrn ist mit dem Schlussvermerk versehen : „Actum Gebichenstein feria tertia post Simonis et Jude 1498 praesentibus Er Heinrich Loser, hofmeister, Hans Kottzen, Hans vonLatorfund doctor Spittendorff**. Marcus Spittendoi-flf selbst aber scheint den Fall seiner Vaterstadt nicht lange überlebt zu haben, sondern ist wahrscheinlich bereits in den ersten Jahren des neunten Jahrzehnts verstorben. Sein Geschlecht hat sich zu einer grösseren Bedeutung für die Stadt nicht wider erhoben, und selbst der Familien- name wird in Halle bald erloschen sein.

Marcus Spittendorfif hat in den hallischen Wirren der Jahre 1474 bis 1480 eine der bedeutendsten Rollen gespielt. Er war ein eif- riger! und dem Anschein nach auch der an Geist und Character ausgezeichnetste Vertreter der pfännerschaftlichen Opposition gegen den feindlichen Stadtrath und die mit demselben in engster Ver- bindung stehenden beiden Landesherrn. In den zahlreichen Ver handlungen der Parteien führte er sehr häufig das Wort; für den Widerstand, welchen er den Gegnern leistete, ist der ehemalige stolze Rathsmeister öfter gefangen gesetzt und tief gedemüthigt worden. Besonders den Zunftmeistern trat er anfangs mit grossem Selbstgeftthl

M 8. im. 433.

2) S. 205.

3) S. 1Ö3.

Einleitung. xm

gegenttber und wies jegliche Nachgiebigkeit mit HartDäckigkeit von sich. Als man denjenigen Pfännern, welche Mitglieder des Raths waren, Wr ihre Weigerung, bei Verhandlungen über gewisse pfänner- schaftliche Angelegenheiten von den Rathssitzungen fem zu bleiben, eine „börung** auferlegt hatte, wollten die Pfänner ebenso wenig Strafe geben als ihre Gegner um Gnade bitten. SpittendorfiF aber gab endlich vor dem sitzenden Rathe die Erklärung ab: „lieben herm, ihr habet gnade und Ungnade bey euch, ir mögets machen, wie ir wollet, anders wollen wir uns nirgent ingeben." Er hat ferner alles aufgeboten, um eine noch tiefere Einmischung des Stadtraths in die pfännerschaftlichen Angelegenheiten zu verhindern. Den ersten Forde- rungen seiner Gegner, dass der Rath und die Meister das Recht haben sollten, mit den Bommeistem den Salzpreis zu bestimmen, dass die Verschläger im Thal auf dem Rathause verschlagen sollten, setzte er den heftigsten Widerstand entgegen. Selbst dem Befehle desRaths- meisters Hedderssen i) (Hedrichs) verweigerte er mit den übrigen Thal- amtsvertretem anfangs den Gehorsam und wurde dafür bereits im Jahre 1474 mit Hausarrest belegt. Im folgenden Jahre verwies ihn bei einer Verhandlung ttber die Gebrechen der ganzen Thalverwaltung der Rathsmeister Hans Seile mit den ttbrigen angesehenen Pfännern in die Vierherrenstube des Rathauses, wo sie mehrere Stunden im Gewahrsam zubringen mussten, und endlich sogar in ein besonders schimpfliches Gefängnis, die Frauenkammer (S. 141 f). Als nach der Wahl und Einflihrung des Erzbischofs Ernst zu den alten Streitfragen, welche die Thalordnung des Erzbischofs Johannes zu einer vorläufigen Entschei- dung gebracht hatte, die neuen der Unentgeltlichkeit der ersten Lehns- ertheilung und der Entziehung von vier landesherlichen Pfannen, welcher sich die Pfänner schuldig gemacht haben sollten, hinzukamen, führte Spittendorff abermals die Partei der Pfänner und zwar mit erhöhter Leidenschaftlichkeit. Er war der festen Ueberzeugung, dass man in Halle niemals dem Landesherm bei dem Antritt der Regierung Lehn- geld entrichtet habe (S. 274) und hat, durch diese nicht ganz stich- haltige Meinung irre gefllhrt, vielleicht viel dazu beigetragen, einen rechtzeitigen Vergleich unmöglich zu machen; ja kurze Zeit vor der Einnahme der Stadt durch den Erzbischof trug er sich noch mit der Hoffiiung, dass endlich doch ein Erretter aufstehen und die Verge- waltigten von ihren Drängem befreien werde: „so hoflfe ich zu dem allerhöchsten herm Jhesu Christo, der ein Stifter, ein handthaber und ein behalter und ein gantz gros liebhaber des warhaftigen friedes ist , der wirdt das so beschaffen und wol fugen, das irgent einer unter dem volcke uffgewackt werde, der mit der hülfe gottes und anderer frommer leute denselbigen vorkommen möge, uff das sie durch etzliche

0 Dieser einflussreiche Mann scheint identisch zu sein mit jenem Johannen Heydrcchssin, welchen Herman Kotze im J. 1465 mit Otte imd Gieseler von Dies- kan und andern zu seinem Testamentsvollstrecker ernannte; s. vonMülverstedt, Urkunden-Regesten zur Geschichte . . der Herren von Kotze S. 185.

^tv Einleitung.

wege gehindert werden, also das sie in ihrem verkarten willen mögen vertrackt werden, gleicher weise als dem mechtigen, grossen, reichen hertzogen von Burgundien beschach, der auch zu viel unrecht gewalt sich über das arme volck zu Nuss anzoch . . . Darumb weis niemandt, wie das gott vom himmel machen will. Deo laus et beatae Mariae!*'^) Spittendorflf wohnte kurz darauf dem Tage von Chemnitz bei 2) (Anfang September 1478), hat aber dem ungeachtet auch wider mit dem Raths- meister Dionysius Bote Veranstaltungen getroffen, um den Anhängern des Erabischofs mit gewaflfneter Hand Widerstand zu leisten. Man Hess die Salzwirker, Bornknechte und alle ledigen Gesellen aufbieten, die Thore schliessen, das Rathaus besetzen und versuchte noch ein- mal die ganze Bürgerschaft zu gewinnen und den Hauptanhängern des Erzbischofs abwendig zu machen. Allein die letzteren kamen all diesen noch nicht recht zur Reife gediehenen Plänen zuvor, da sich ihre Führer offenbar schon vorher mit den Räthen des Erzbischofs ver- ständigt hatten. Und als nun der Kampf um das Ulrichsthor begann, fand sich nirgends der von Spittendorfif ersehnte Retter vor. Ja unser Rathsmeister gab vielmehr selbst nach kurzen Anstreng- ungen den Widerstand auf und begab sich mit mehreren Freunden vor das Ulrichsthor, um Frieden zwischen den Streitenden zu stiften 3). Als darauf der junge Landesherr seinen Einzug in Halle hielt, war es wider Spittendorff , welcher ein demüthiges Bittgesuch für die Bürger- schaft an den Erzbischof richtete. In Salze scheint er darauf (5. Oct. 1478) die Vertheidigung der Pfänner geführt und in den unmittelbar iolgenden Tagen in Kalbe vor Apel von Tettau fortgesetzt zu haben *). Die landesherliche Regierung hat über Spittendorflf wegen seiner Betheiligung an diesen Vorgängen neben den Geldstrafen noch sehr empfindliche Demüthigungen verhängt Neben vielen anderen hal- lischen Bürgern wurde auch er im December des Jahres 1478 mit Gefängnisstrafe belegt: man führte ihn von Loburg nach Kalbe und wies ihm den Rathausthurm mitten im Winter zum Gefängnis an. Er selbst hat uns darüber folgenden drastischen Bericht hinterlassen: „So ich uff die lucke kam, läge der eine knöbel an einem langen seile, den knöbel thaten sie mir zwischen die beyne, ich sach jemmerlich ; denn ich hatte meine tage nach solchen dingen nicht gestanden. Und so Hessen sie mich hienabe in den thorm. Den tagk kam niemandt zu mir; da war nicht sehre innen, wenn ein wenigk ge- mulle, da läge ich betrübet etc." In diesem nicht geheizten Gefängnis wurde der schon bejahrtere ehemalige Rathsmeister vom 10. Decbr. 1478 bis zum2. Jan. 1479 festgehalten. Als erdreiTage in demThunne verbracht hatte gab man ihm erst einige Bund Stroh, und am Christabend wurde er durch mitleidige BarfÜsserbrüder mit einem Bett und wärmerer

1) s. 366, 367.

2) S. 376-380. '^^ S. 382—391.

S. 455 ff.

Einleitung. XV

Kleidnng verseben. Ja um ihn zum Geständnis zu bringen, bat man ihn sogar noch in Kalbe in den Stock gesetzt i). Allein auch die Folter bat die erwünschten Geständnisse in Beziehung auf die ge- planten Feindseligkeiten gegen den Landesherm nicht aus ihm erpressen können, und Spittendorff wurde schliesslich sogar milder be- handelt, als der Rathsmeister Bote und andere Gesinnungsgenossen, welche die Stadt für immer räumen mussten. Der Rath freilich scheint auch seine Entfernung gefordert zu haben. Apel von Tettau, welcher die Einnahme der Stadt hauptsächlich leitete, sagte dem Raths- meister selbst: „Und nun seidt ihr allewege in den zeddelnvom rathe verzeichnet gegeben am ersten, im mittel und auch im ende" 2). Allein die Umgebung des Landesberrn trat selbst iUr Spittendorff ein, und so legte man ihm für seine Betheiligung an diesen letzten Streitigkeiten nur noch die Strafe auf, ein Jahr lang sich desSiedens in seinem Roth zu enthalten. Sicherlich war diese Schonung auch eine Folge der Achtung, welche sich die charactervolle Persönlichkeit des Rathsmeisters selbst bei den Gegnern erworben hatte. Einen besonderen Eindruck mag vor allem der Zug naiver Frömmigkeit hervorgebracht haben, welcher sogar bei diesen Verhandlungen zum Durchbruch kam: „lieben herrn", erwiderte Spittendorff, „ich habe mich in den willen gottes gesatzt, wil es gott haben, das ich aus der Stadt soll, ich wils gerne thun"^). Während des ganzen Verlaufs dieser Streitig- keiten machte er seinem gepressten Herzen in ähnlicher Weise Luft, obgleich manche seiner hierher gehörigen Aeusserungen auch von einem herben Sarkasmus eingegeben sind. In solcher Stimmung befand er sich, als er folgendes niederschrieb: „Lieber gott, du weist die hertzen der regierer itzunt in der Stadt, wie wol etzlicher ist, der es gerne gutt sehe! Aber die andern, die den überlegen sindt mit der gewalt, der sie sich underzogen han, schicken und treyben so viel, das die warheit und ehre dieser Stadt gar kaume bey dem wesen bleiben wirdt, als das vor alder gewesen ist etc. Dann worumbe das sie die pfenner vomichtigen mögen, darurab lassen sie die freyheit der Stadt gantzhin, unddas sie mögen gewaltigk bleiben etc. Deo laus!*/* Und nach einer kurzen Unterbrechung tröstet er sich abermals mit dem gleichen Ausruf über die Vorgänge des Tags und die Gesinnungen selbst der Rathsherm von Magdeburg: „Was der hertze auch gewest ist, die diss so anbracht haben, ist gotte bekant, sondern ich furchte, es ist allermeist umb der pfenner willen geschehen. Deo laus!"^) Aus der vorher angeführten grösseren Stelle geht zugleich hervor, ein wie

1) S. 407.

2) S. 428.

h All derselben Stelle.

*) S 208 f. 220. 235 f. 270 f. 290. 298. 805 ff. 808. 820 f. 828 f.

ö) S. 830 f. Wir verzeichnen noch einige Stellen, in welchen dieser oder ähnliche Ausrufe vorkommen : S. 386 tf. 847 f. 350 ff. 353. 355 f. 360. ff 363 ff. 366 f. 403. 411. 413 f. 432. 440.

XVI Einleitung.

deutliches Bewusstsein der an den üebcrlieferungen der Vergangenheit hängende Rathsmeister, ein Mitglied einer seit Jahrhunderten in der Stadt ansässigen vornehmen Familie, davon hatte, dass mit der neuen Einmischung des Raths und des Landesherrn in die Erwerbsverhält- nisse der Pfänner und in das Regiment des Thals auch die seitherige freie staatspolitische Stellung der Stadt zu dem Landesherm und dem Kaiser unvnderbringlich verloren gehe. Scheint doch der Landesherr bis in jene letzten Jahre nicht einmal den Rath bestätigt zu haben.

Alle diese Neuerungen erschienen daher SpittendorflF nur im dunkelsten Lichte. Er bezeichnet sie als unvernünftig und gewaltsam und entwirft auch von den städtischen Volksfiihrem nicht eben schmeichelhafte Bilder. Den Schuhmacher und Rathsmeister Jacob Weissak nennt er einen groben, unwissenden, unvernünftigen, ver- wegenen und dummkühnen Mann; und als der andere Rathsmeister Hans Laub auf dem Wege von Leipzig nach Halle vom Blitz erschlagen wurde, verzeichnete er in sein Tagebuch dasUrtheil: „Diss ist ein wunderwerck des allmechtigen gottes, darbey wir seine heim- liche, verborgene gerichte wol ftirchten mögen" i). Auch dieRäthe der Fürsten und diese selbst bedenkt er bisweilen mit heftigen Schelt- worten. Balthasar von Schlieben nennt er geradezu einen Lügner 2), Andreas Schlegel beschuldigt er, die Freiheiten, Gewohnheiten und Privilegien der Stadt oflFenbarlich zu vernichten; den Tod des Erzbischofs Johannes unterzieht er derselben Betrachtungsweise wie den des Rathsmeisters Hans Laub. „So hoffe ich, der allmechtige, barmhertzige gott hat uns pfenner auch erlöset von dem bischoffe zu Magdeburg, genant hertzogk Johan von Beyern . . , der einen unmilden sinn zu uns armen pfennern mochte haben, und gott der allmechtige in von dieser weldt zu seynen gnaden nam und erlösete uns armen pfenner von dem jammer, dazu her uns hette mocht brengen, als man nach seinem tode erfuhr seinen willen". „Do bischoff Johan in seinem aller grösten und hertesten sinne was und grosse Ungnade zu den pfennern hatte, do kam gott der herre und verstörte seinen willen".^) Und ob wol Spittendorff kurz nach der Wahl des Erzbischofs Ernst grosse Hoffnungen auf die sächsischen Fürsten setzte, „das sie gar ehrliche, uffrichtige herren und fursten sind und niemandts gerne vor- waldigen, sondern die ihren alle ie gerne zu rechter und rechtlicher antwort und reden kommen lassen"*), und also dem neuen Regiment mit freudigen Erwartungen entgegen sah, so klagte er doch bald wider: „mein herre von Magdeburg und das capittel mit dem bischoffe von Meissen stehen faste nach der freyheit der Stadt; nun solten die obersten in der Stadt das nicht dulden noch zugeben, sondern anruffen die von Magdeburg und ander stedte, als die alten vor ihn haben ge-

1) S. 415.

2) S. 412.

8) S. 202. 18G. '\ 203.

Einleitung. xvii

than... Des wollen leyder diese regierer anss lonnDgen nnd gemeinheit mit willen nicht thnn, sondern auss grossem gezwange müssen sie zu Zeiten was darbey thun"i).

So ist also der Rathsmeister Spittendorff ein sehr characteristiseher Vertreter dieses wolhabenden städtischen Patricierthnms alter Zeit, dessen persönlichste Interessen so tief mit der alten aristokratischen Stadtverfasssubg verflochten waren, dass der Untergang der letztem auch seinen eignen Sturz herbeifilhrte. Denn im 16. Jahrhundert begegnen uns nur noch wenige der seither im höchsten Ansehn stehen- den Namen dieser älteren Pf ännergeschlechter.

Die Schrift unsers Rathsmeisters stellt sich auf den ersten Blick als eine Art Tagebuch dar, welches zum grossen Theil die unmittel, baren Tageserlebnisse des Verfassers enthält. Allein Spittendorff hat seinen eignen Au&eichnungen auch urkundliches Material und Briefe beigefügt, so dass wir dieselben wol passender als „Denkwürdig- keiten" bezeichnen können. In den mittleren Theilen des Werkes be- gegnen uns mehrere Stellen, aus welchen sich ergibt, dass Spittendorf seine Wahrnehmungen und Bemerkungen häufig sofort nach den Er- eignissen selbst niedergeschrieben hat. Jenen bereits oben angeführten Worten ttber die Fürsten von Sachsen hat er das Datum der Nieder- schrift hinzugefügt: „Geschrieben ufih Ascensionis Domini (23. Mai) im 76. jhare". Femer klagt er Ende des Jahres 1476: „Ich bin gantz vorirret, in dieser Sachen zu schreyben, ich höre viel sagen, das es den pfennem zu frommen sol kommen, und das faste merckliche schrifte geschehen von hertzogen Ernsten dem eitern von

Sachsen an seinen söhn , darumb weis ich nicht , was ich gleuben

oder schreyben soll, ich werde gantz miströstig mehr zu glauben .... Geschrieben uffn sonnabent Thomae (21. Dec.) anno 76'^^). Aus dieser Gewohnheit, den Ereignissen in seinem Tagebuche unmittelbar zu folgen, erklären sich auch die hier und da auftretenden kleinen Widersprüche. So heisst es S. 337 (Juni 1478): „Nun die stedte gingen uff den morgen uffs rathauss. Als sie hinauff kamen, was herr Appell von Tettaw und der heuptmann Heinrich von Ainmendorff kommen... Was ir gewerb was, weis ich nicht etc. Diss was ir gewerb gewest^)..." Kurz nach Ostern 1478 schrieb Spittendorff eine Stelle nieder, welche er nach der Einnahme der Stadt nicht in dieser Form abgefasst haben würde: „Ist es sache, dass die Stadt Halle itzund förder an ihren freyheiten, gewonheiten, alther- koounen und Privilegien nicht vorkurtzet noch geschwecht wirdt, so soll man wahrhaftigk gleuben und anders nicht gedencken noch sagen, denn das gott der allmechtige hat angesehen das gebete der frommen and das ruffen und seuftzen viel frommer leute auss der gemeinheit,

i) S. 319. 2) 8. 228 £ ») S. 337.

Q«ichichtaq.d. Pr. Sachsen. XI.

xym Einleitung.

ans8 den innnngen, auch aoss den pfennern 0 '^ Noeh im Joli des

Jahres 1480 2) bemerkt er, dass einige seiner gefangenen Freunde nach Kalbe gefordert wurden, nnd fügt hinzn: ),was sie dar erlangen, wird ein jederman wol sehen^^ Spittendorff scheint jedoch in der Zeit, wo er den Entschloss fasste, die wichtigsten Tagesereig- nisse onmittelbar nach ihrem Geschehen zu Papier zn bringen, auch das Bedürfnis gefehlt zu haben, der Vergangenheit za gedenken, so weit sie in ihren Folgen in die Gegenwart hineinragte, oder er hat ältere annalistische Aufzeichnungen noch einmal überarbeitet. Wir sind wenigstens der Meinung, dass der erste Theil seiner Denk- würdigkeiten in der vorliegenden Form erst einige Zeit nach den Er- eignissen angezeichnet ist. Der Anfang selbst verräth schon durch den ganzen Ton, femer durch die Ai^hlung der Spittendorff nnd seiner Partei feindlichen Mitglieder des Rathes, dass er nicht ganz gleichzeitig, ja vielleicht nicht einmal mehr in demselben Jahre niedergeschrieben ist Femer berichtet der Bathsmeister gleich im Eingange (Juli 1474) über die Verbindung der Meister im Rath mit ihren Zunftgenossen folgendermassen: „es war nicht anders, die meister hatten sich verbunden underlangk und etliche, die vormals in rethen gesessen hatten, und auch etliche, die uff die zeit mit uns im rathstul sassen"^). Und auch noch eine Stelle aus dem August des folgenden Jahres^) weist, wenn sie kein späterer Zusatz ist, auf eine geraume Zeit hinter den Ereignissen liegende Abfassung hin : „die underbommeister über dem Deutzschen Born kiesen die vorschleger über den bomen und bringen sie dan vor bommeister und schöppen in der pfenner hoffe. Da thun sie ihr recht; das ist aber nun verändert". Eine Veränderang der Wahl und Praesentation der Ver- schläger ist durch die Thalordnung des Erzbischofs Johannes vom 28. Nov. 1475 herbeigeführt worden 5); demnach würden also auch diese in den August fallenden Ereignisse frühstens Ende November dieses Jahres von Spittendorff in seine Denkwürdigkeiten aufgenommen worden sein. Aus einer ähnlichen Stelle (S. 182) erhellt ferner, dass die Aufzeichnung mindestens drei oder vier Wochen nach den Be- gebenheiten stattgefunden hat. Die Erzählung berichtet hier von Vor- gängen, welche drei oder vier Wochen vor dem früher geschilderten Landtage zu Bemburg^) stattgefunden haben. Allein schon in diesen Theilen wird die Darstellung so ausführlich und ins Einzelne gehend, dass man nur an eine den Ereignissen sehr nahe liegende, wenn nicht gleichzeitige Abfassung denken kann.

An eine Veröffentlichung dieser memoirenartigen Au&^ichnungen

1) S. 319.

a):S. 439 f.

») S. 6.

4) S. 70.

ö) Vgl. a 134.

•^ Februar 1476. S. 180-183.

Einleitung.

durch den Druck scheint Spittendorff zunächst nicht gedacht zu haben: gegen eine solche Annahme streitet , wie schon aus den angeflihrten Stellen erhellt, der im Ganzen vertrauliche Character der Schilderungen, welche der'Rathsmeister wol oft nur zu Papier brachte» um sich seiner schweren Herzensbedi^ngnis zu entledigen. Auch die kurzen lateinischen und deutschen Gtebetsworte, welche sich bisweilen mitten im Satze, noch viel häufiger aber am Schlüsse dieser Herzensergiessungen finden , die Urtheile endlich über Personen und Thatsachen scheinen einer solchen Annahme zu widersprechen. Femer tragen die Mittheilungen auch einen anfiEEÜlend fragmentarischen Character, welcher unserer Kenntnis noch manches vorenthält. An sehr zahlreichen Stellen finden sich die Ab- kfirzungsbuchstaben „etc.'S jft bisweilen sind alle einzelnen Absätze einer Seite mit diesen Zeichen versehen. Da wir in der Haupthandschrift eine späte Abschrift vor uns haben, wäre der Fall nicht unmöglich, dass irgend einer der Abschreiber, um rascher zum Ziele zu kommen, die Handschrift auf diese Weise verstfünmelt, und, was ihm unwichtig erschien, weggelassen hätte. Allein dieser Annahme steht das unge- mein zahlreiche Vorkommen dieser Abkürzungszeichen entgegen. Da femer diese Worte nicht nur die Gedankenfolge, sondern auch öfter den Satzbau unterbrechen, hätte der Abschreiber in diesen Fällen ziemlich sinnlos gekürzt So lesen wir S. 424: „Der bischoff von Magdeburg was nicht zum Gybichenstein, und die beide forsten waren uff das mahl zu Duderstadt und uff dem Eychsfelde gewest, das hatten sie eingenommen, gingen die rede. Aber etc.'' Wir halten es demnach für sicher, dass diese Abkflrzungsworte bereits der Urschrift eigenthttm- lich waren und von Spittendorff angebracht wurden, weil er im Augenblicke der Aufteichnnng nicht Zeit genug hatte, das Ganze zu geben, und den Rest einer späteren Ergänzung vorbehielt oder bei der Leetüre aus dem Gedächtnis ergänzte. Die Worte sind im ersten Theile ziemlich selten, kommen aber dafür gegen die Mitte und das Ende um so zahlreicher vor.

Allein eine derartige Ergänzung oder Ueberarbeitung, wie sie sich der Verfasser vielleicht vorbehalten hatte, hat trotzdem später nicht stattgefunden. Wir schliessen dies besonders aus einigen Ver- besserangen und notenähnlichen Zusätzen, welche nur einen ersten Entwurf^ nicht aber einer bis in die Einzelheiteu genau durchgearbeiteten Schrift angehören können. So gesteht der Verfasser 8. 162, dass er eine nur wenige Zeilen vorausgehende Mittheilung unter dem Tage des heiligen Nikolaus eigentlich unter dem Tage der heiligen Barbara hätte machen sollen, sich aber versehen habe. Eine ganz ähnliche Stelle findet sich am Schlüsse der Seite 283. Sie bezieht sich auf den vorausgehenden Absatz und die beiden nächstfolgenden (S. 284), welche nach dieser Bemerkung zu den unter dem 6. Januar (S. 283) mit getheilten Ereignissen gezogen werden sollen. Noch unklarer ist die Stelle S. 350. Hier scheint das Eingeständnis des Verfassers, sich versehen zu haben, nur auf die Mittheilung über die Gefaugennehmung

zx Einleitimg.

des Thalvoigts Bezuf? zu haben, welche eigentlich S. 348 am Schlosse des ersten Absatzes hätte erzählt werden sollen, aber hier nicht mit ausdrücklichen Worten angeführt ist. Wir verweisen endlich nur noch auf die Stelle S. 386, welche sich anf die Anknnft der Abgeordneten von Magdeburg und Halberstadt in Halle bezieht und dem Datum nach zu S. 382 gehört. Aus dieser letzten Verbesserung geht zugleich am deutlichsten hervor, dass der Verfasser schon die Abweichung von der rein annalistischen Aufzeichnungsweise als ein Versehen be- zeichnet hat.

Erhält das Ganze schon durch diese Kürzungen und Verbesse- rungen den Character des Bruchstückartigen und Unfertigen, so treten gegen die Mitte und den Schluss hin auch noch andere Anzeichen auf, welche die Annahme rechtfertigen, dass Spittendorff nicht im Stande gewesen ist, die letzte Hand an das Werk zu legen und es der Form nach abzurunden. So ist es auffällig, dass Urkunden und Briefe ohne jede Wort- und Gedankenverbindung, bisweilen sogar an unpassender Stelle eingefügt sind. Wir verweisen in dieser Beziehung auf die beiden Urkunden aus dem Mai des Jahres 1475, welche zum April 1476 einge- tragen sindi). Ebenso wenig geschickt ist die Darlegung der Ver- handlungen im Morizkloster Seite 79 85 flF. eingefügt 2). Es ist femer auffällig, dass der Verfasser, nachdem er S. 139 von dem Tode des Erzbischofs Johannes (13. Dec. 1475) gesprochen hat, von S. 141 an die annalistischen Aufzeichnungen wider vom 23. October dieses Jahres beginnt und auch den Tod des Erzbischofs nochmals erwähnt (S. 164). So haben wir gewissermassen zwei Recensionen des Tagebuches aus den Monaten October bis Decemberl475 vor uns, von denen die erstere die breite, zum Theil urkundliche Darstellung, die letzte die kürzere annalistische Uebersicht enthält, zu welcher freilich noch vorher nicht erwähnte Aufzeichnungen hinzutreten. Daher wird von mehreren Vorfällen an zwei Stellen gesprochen, ja es tritt sogar eine wörtliche Uebereinstimmung hervor, welche uns S. 87 f. und S. 101 (Üis sindt unser Disz sint unnszer) am auffälligsten ge- wesen ist. Wir stellen in der nachfolgenden Uebersicht die dem In- halte nach mehr oder weniger übereinstimmenden Theile noch kurz nach den Tagen zusammen: 24. Oct. S. 93 u. S. 141—142; 25./26. Oct. S. 93-97 und S. 143; 27. Oct. S. 95-97 u. S. 143-144; 29. Oct. S. 98 u. S. 144; 31. Oct. S. 98,99 u. S. 144; 6. Nov. S. 99 u. 145; 9. Nov.

5. 100—105 u. S. 145-149; 10. Nov. S. 101—111 u. S. 149—152; 14. Nov. S. 111—128 u. S. 152; 28. Nov. S. 128-137 u. S. 158-160;

6. (4.) Dec. S. 137 u. S. 162; 13. Dec. S. 139 u.;S. 164—167. Bemerkens- werth ist hierbei noch, dass Spittendorff in der ersten Recension nur in der dritten Person aufgeführt wird, während derselbe in der fol- genden von sich in der ersten Person spricht. Es ist daher mög-

1) Vgl. S. 51. 58. 240.

2) Vgl. S. 87. 100 f. 148 f. 15.^.

Einleitong. xxi

lichy da88 der Verfasser in die erste Recension auch fremde Mittbei- langen verwebt bat, and dass dieselbe ttberbanpt eine Ueberarbeitnng seiner Tagebncbanfzeicbnongen darstellt, welcbe anmittelbar darad" noch einmal, in nrsprttnglicberer Gestalt auftreten.

Femer mass bervorgehoben werden, dass nacb den ersten Tagen des Jnli 1480 die Denkwürdigkeiten plötzlicb aaf das Jabr 1478 za- rflokgeben, and, dass bier eine Bede mitgetbeilt wird, welcbe Spitten- dorff wabrscbeinlicb auf dem Tage zu Salze (5. Oct. 1478), wenn aacb in weit kürzerer Form gebalten bat^). Der Inbalt derselben betrifft die Vorgänge, welcbe znr Einaabme der Stadt fttbrten, und mass daber mit denifrflberen Ao&eicbnangen vom Jali 1478 an bis zum 21. Sept dieses Jabres verglicben werden. Von Seite 450 bis S. 4ö3 erstreckt sieb ein in diese Rede eingefügtes Stttck, in welcbem ebne weitere Verbindung die Abgeordneten der Stadt Magdeburg, welcbe nocb zwiscben den streitenden Parteien vermitteln wollten, redend einge- f&brt werden. Nacb dieser Bede findet sieb der Inbalt einer Verband- lung vor Apel von Tettau in Kalbe eingescboben (S. 456 459), und darauf konmit der VerCetsser nocbmals auf die Vor^Uige in Salze zu- rtlck (S. 459 463) und fBgt dann ein kurzes Scblusswort binzu (S. 463—464).

Spittendorff bat femer aucb Aufzeicbnungen über die ibm merkwtirdig erscbeinenden städtiscben Ereignisse frttberer Jabre gemacbt, welcbe uns anscbeinend nur in Brucbstücken aus den Jabren 1473 und 1474 erbalten sind 2). Diese Stttcke baben je- docb kein Ganzes mit den vorausgebenden Denkwürdigkeiten gebildet, sondern sind denselben wabrscbeinlicb durcb Zufall angefügt worden. Unsere Denkwfirdigkeiten beginnen, wie bereits oben erwäbnt ist 3), ganz deutlicb mit den jetzt den Anfong bildenden Zeilen.

Mancber Leser wird freilieb nacb derLectttre des in so tiberreicbem Masse mitgetbeilten Stoffes das Urtheil fällen, dass sieb Spittendorff in vielen Punkten babe kttrzer fassen können. Es wird ja nicht leicbt eine auch nur vorbereitende oder gar ganz ergebnislose Verhandlung während dieser Unruhen übergangen; viele der gehaltenen Ansprachen und Reden werden in einer dem Anschein nach wörtlichen Fassung wider- gegeben. Der Verfasser erzählt mit einer so grossen Ansftlbrlichkeit, dass er die Hauptfäden, welcbe das Ganze durchziehen, bisweilen durch nebensäch- liche Mittbeilungen wirklich verdeckt. Allein es sind dies eben Eigen- thümlichkeiten, welcbe vielen derartigen Aufzeicbnungen anhaften, und welcbe in ihrer Gesamtheit das schwerfällige und peinliche bürger- liche Wesen jener Zeit sehr treffend characterisieren. Daher besitzen auch unsere Denkwürdigkeiten, von dieser Seite betrachtet, einen allge- meinen literarischen Werth, obwol eine kunstmässige Vertheilung und Gliederung des Inhalts vermisst wird. Dieser Werth wird noch durch

1) Vgl.LS,':440 455.

2) Vgl Beilage I. S. 465—483.

3) s. xvm.

xxn Einleitang.

die Wärme der DarsteUuog und durch die an vielen Stellen ausser- ordentlich gefällige und anschauliche Frische der Erzählung bedeutend erhöht. Spittendorffs Schreibweise ist eben die des naiven epischen Erzählers und erinnert an vielen Stellen geradezu an Herodot.

III. DiePfännerschaftunddasThal. Auch die Verfassung der Stadt Halle im Mittelalter bestätigt die sich immer grössere Geltung verschaffende Ueberzeugung, dass die Veriassungsformen der Städte auf das innigste mit den Besitz- und Erwerbsverhältnissen ihrer Bürger und Einwohner zusammenhängen. Auf die Yerfassungsentwickelung der Stadt Halle hat daher der Besitz und der Betrieb des Salzwerks wenigstens bis gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts eine Überall sichtbare und in manchen Verhältnissen entscheidende Einwirkung ausgeübt. Wie sich dieser Betrieb in früheren Jahrhunderten ent- widkelt hat, können wir freilich aus Mangel an Quellen nicht mehr mit Wünschenswerther Genauigkeit darlegen; allein wir werden dafür durch ziemlich reichhaltige und authentische Berichte aus dem vier- zehnten und fun&ehnten Jahrhundert entschädigt. Aus diesen ergibt sich aber ziemlich deutlich, dass diejenigen Bürger der Stadt, welche ihren Erwerb vornehmlich aus der Salzbereitung zogen, den ersten Rang in der Stadt einnahmen und in diesem bedeutenden Einflüsse auch durch die Stadtverfassung erhalten wurden. Sie nannten sich bereits damals Pfanner. Da Spittendorffs Denkwürdigkeiten ohne eine Kenntnis dieser Verhältnisse und der damaligen Rathsverfassung über- haupt nur schwer verständlich sein würden, schicken wir noch einen kurzen Abriss der pfännerschaftlichen Verhältnisse und zugleich der RathsverfasRung in dieser entscheidenden Zeit voraus. In Be- ziehung auf die erstere müssen wir freilich hier wie überall auf Hon- dorffs Beschreibung des Salzwerks verweisen, welche Dreyhaupt dem ersten Bande seines Werkes wider einverleibt hat, wenn auch dieselbe na- türlich mehr die spätere Zeit berücksichtigt.

Die Pfänner d. h. diejenigen Besitzer oder Pächter der Solgüter, welche sich dem Geschäft des Versiedens der Sole widmeten, bildeten im fun&ehnten Jahrhundert eine Geldaristokratie, deren Gewerbebetrieb in manchen Punkten der einer modernen Erwerbsgenossenschaft ähn- lich war, da viele Ausgaben für die Brunnen, die Siedehäuser und die Geräthschaften, femer auch die verschiedenen Abgaben eine gemein- schaftliche, gewiss schon damals sehr schwierige Verwaltung eribrder- ten. Bereits im Anfange dieses Jahrhunderts war die Vereinigung der Pfänner eine sehr feste: die Gresellschaft erhielt vom Rathe sogar ein Panier 1). Beim Eintritt in die Pfännerschaft hatte jeder damals den Bommeistern achtzig rheinische Gulden zu entrichten, von denen sechzig an den Rath übergeführt werden mussten. Von den übrig bleibenden zwanzig Gulden konnte der neue Pfänner seinen Gewerken ein Essen bereiten lassen 2). Ausserdem aber musste er auch noch

1) Dreyhaupt I S. 110.

2) M..»n Mittheilungen d. Th. S. V. 1.2 S. 84.

Einleitung. zxin

eine nicht unbetiächtlicbe Summe direct an den Rath abflibren ^). Von jenen acbtzig Gnlden scheint indessen der Rath eine Zeit lang nor die Hälfte erhalten zo habcD, weshalb gerade dieser Punkt zu den streitigen gehörte. Diese Einnahmen der Pfänner waren eine geraume Zeit hing gesanunelt, und das Geld der Sicherheit wegen zur Aebtissin von St GteoTg in Glancha gebracht worden; aliein die Pfänner mussten es endlich dem Rathe ausliefern. Nur wirklich in Halle ansässige Bfh^er konnten in die Pfännerschaft eintreten, und es war sogar den Bürgern bei hoher Strafe verboten, Pfannen ,,um auswendiger Leute Geld'^ zu kaufen oder ,,von auswärtiger Leute wegen in Lehn und Schrift** zu nehmen. Die Frage, ob Pfänner schon vor der Neuordnung der Verhältnisse durch die Erzbischöfe Johannes und Ernst auch andere Grewerbe betreiben durften, scheint im Allgemeinen bejaht werden zu müssen, wenigstens kommen Brauer und Gewandschneider als Pfänner vor. Dagegen besassen zahlreiche Mitglieder der Innungen und der Gemeinheit auch schon damals Solgüter, ohne dass sie sich in die Pfännerschaft aufiiehmen Hessen. Sie sassen „auf ihren Aus- leuften*' und durften nicht sieden.

Die obersten Beamten und Vertreter des Thals waren die drei rechenschaftspflichtigen Bommeister (Oberbommeister), welche ihr Amt ein Jahr verwalteten *). Sie wurden in den diesen Wirren voraus- gehenden Jahren und auch noch 1475 im Chor der Gertrudenkirche durch die Schoppen im Thal gewählt^). Schon im 15. Jahrhundert besassen zwar die Pfänner nicht mehr das ausschliessliche Recht auf das Bornmeisteramt, sondern es konnten auch Mitglieder der Innungen und der Gemeinheit in dasselbe gelangen; doch scheinen sie sich in den zwei Jahrzehnten vor diesen Unruhen, so weit es sich wenigstens aus den Namen erkennen lässt, in dem einflussreichen Amte beharrlich behauptet zu haben. Im Jahre 1476 wurde jedoch ein Mitglied der Gemeinheit und ein Zunftmeister erwählt. Den Bornmeistem liegt insonderheit die Vertretung der Interessen des Thals im Rathe ob, zu dem sie selbst gehören. Sehr merkwürdig ist, dass das Bestätigungs- recht ihrer Wahl den Meistern der Innungen und der Gemeinheit zu- stand, wie umgekehrt auch die Bommeister die Wahl der Meister zu genehmigen hatten^). Im Jahre 1478 wurde den Bornmeistem die Rathsfähigkeit entzogen.

Die Verwaltung des Thals im engern Sinne führten die vier Vor- steher, von denen zwei durch die Bommeister unter den Schoppen des Thals und zwei von den Gewerken und aus denselben gewählt wurden^). Die Vorsteher des Thals hatten unter anderm die wichtige

1) Neue Mittheilungen P S. 88.

2) Neue Mittheilungen a. a. 0. S. 68. 66. 8) Vgl. S. 47 ff.

^) Neue Mittheilungen L^ 66. ,,Die meystere soUen nymande czu ön zihn an« der hommeistere willen vom tale, noch die bommeistere vom tale ane der meystere wiUen, noch örer nyrkeyn sal volge gebin ane des andirn wiUen.^^

ö) Vgl. a 70.

XXIV Einleitung.

Verpflichtang, die Fronsole aafzanehmen and ihrer Bestimmung zuzu- führen. Sie mussten die Berechnung derselben dem Bomscbreiber zustellen, welcher vor Bommeistern, Schoppen und Gewerken Rechenschaft ablegte. Diese Fronsole wurde dann den ein- zelnen Eothen gegen Bezahlung zugeführt und hier verarbeitet. Die Gegner derPfänner stellten die Behauptung auf, dass sich die letzteren gerade an ihr in gähz unrechtmässiger Weise bereichert hätten. So ward der Ertrag der Fronsole, Nikiaussole, Austragesole und Amt- pfannensole des Jahres 1473 mit 1045 Schock und 2 Groschen berech- net, während die Empfänger derselben nur mit 548 Schock 14 alten Groschen in der Rechnung aufgeführt waren. Die Erträge dieser Solbeztlge wurden theils zur Bezahlung der Arbeiter und Beamten, theils zur Unterhaltung der Kothe, der öffentlichen Gebäude und der nothwen- digen Gerätbschaften verwendet oder dienten geistlichen und milden Zwecken. Noch grössere Vorwürfe zogen sich die Pfänner durch einen Brauch zu, welchen man mit dem herkömmlichen Ausdrucke „in den Beutel fronen^' bezeichnete. Man beschuldigte die Bornmeister und Vorsteher des Thals, dass sie den Brunnen nach ihrem Belieben Sole entnonmien und dann versotten und den Erlös „in ihren Beutel gesteckt" hätten. Nach der Vertheidigung der Ptanner, welche Hans von Waltheim führte, verhielt sich jedoch die Sache tblgender- mass3n. Die Bornmeister Hessen in der Zeit, wo sie den Schoss im Thale einnahmen, aus den Brunnen Sole ziehen und kauften für den Ertrag Wein und Bier, denn sie mussten ja doch während dieser amt- lichen Thätigkeit einmal trinken. Dem Anschein nach handelte es sich um ziemlich hohe Beträge, und es war auf jeden Fall auffällig, dass sie niemals in Rechnung gestellt waren. Die Vertheidigung machte geltend, dass es eine alte Gewohnheit sei, gestand aber auch ein, dass die Bornmeister vier Wochen über dem Geschoss sassen, und dass sie auch denjenigen schenkten, welche ihnen den Schoss brachten. Der Rest des nicht vertrunkenen Geldes wurde übrigens bei der Abliefe- rung des Schosses auf dem Rathause den Kämmerern eingehändigt. Nach Thalrecht aber war es strengstens verboten, Sole zu ziehen, ohne dass man eine Berechtigung vorweisen konnte. Ja nicht nur unserem Chronisten zu Folge stand sogar Todesstrafe darauf i).

Das Thalgericht unter dem Salzgrafen als Vorsitzenden zählte 9 Schoppen 2) ; zu demselben gehörten auch die drei Bornmeister. Die Schoppen des Thals wechselten jährlich; seit dem Jahre 1482 finden sich jedoch in jedem Schöppencollegium auch zwei Mitglieder aus dem vorigen Jahre (alte Schoppen). Als eiast im Thale eine Körperverletzung mit tötlichem Ausgange vorkam, wurde der Leichnam vor die Bank im Thale gebracht, und durch den Salzgrafen und fünf Schoppen ein Nothding ohne Bommeister gehegt, weil die alten Born-

1) Vgl. a 121 und die Urkunde des Erzb. Ernst vom 24. Sept 1482, Hon- dorff (Dr. I.) S. 173.

^ Die Sdiöppenverzeichnissc beginnen mit dem Jahre 1479.

Einleitimg. xxv

meister ihrer Eide erlassen, und die ncaen noch nicht bestätigt waren. Dag^en weigerten sich die Schoppen dem Salzgrafen gegentlber ein gewöhnliches Ding ohne Bommeister abzuhalten. Bommeister und Schoppen haben auch im Pfännerhofe Gericht gehalten und Verwal- tnngsgeschäfte erledigt. Hierher entboten sie die Unterbommeister mit dem Thalvoigt und den Knechten zur Rechenschaft tlber die Sole, welche die letzteren die vergangene Woche gezogen hatten.

Von grosser Bedeutung war diejenige Behörde, welche festzustellen hatte, wie hoch sich die Unkosten bei der Salzbereitung beliefen, und somit wenigstens indirect auch den Salzpreis bestimmte, die vier von den Unterbommeistem über dem Deutschen Born ernannten Ver- Schläger 1) (VorschJäger). Man erwählte hierzu sowol Bürger wie IJicbtbürger, und die letzteren scheinen von denPfännem sogar bevor- zugt worden zu sein, weil man leichter auf sie einwirken konnte. Die Verschläger wurden in dem PiUnnerhofe vor Bommeistern und Schoppen vereidet, dass sie .jederman gleich verschlagen und dabei besonders die Holzpreise in gebUhrende Berücksichtigung ziehen wollten. Sie mussten in ein Koth gehen und versuchen, wie viel Holz und Sole man zu einem Werke bedurfte, und wie hoch sich die übrigen Unkosten be- liefen. Ihren Anschlag reichten sie dann dem Unterbommeister ein, welcher ihn an den Bomschreiber, den eigentlichen Rechnungsbeamten des Thals, zu bringen hatte.

Die Salzbereitung im engem Sinne lag den Wirkern ob. In der Regel hatte wol jedes Koth einen Wirker, welcher im persönlichen Lohnver- hältnis zum Besitzer oder Inhaber des Koths stand. Die Wirker standen bei ihren Herm in Jahreslohn. Die übrigen Arbeiter werden als Knechte, Bom- oder Hallknechte, Wochenknechte, Hallbuben, Hallvolk, niemals aber mit dem latinisierenden Ausdmck Halloren (Hallorum) bezeichnet; manche fUhrten auch die ihrer besonderen Beschäftigung entsprechen- den Bezeichnungen als Aufträger, Lader, Stopfer, Abschläger u. s. w. Von einer genossenschaftlichen Vereinigung der Salzarbeiter ist in jener Zeit nicht die Rede; vielmehr erscheinen sowol die Wirker wie die Bomknechte als vollständig frei geworbene Arbeiter, welche um Jahres-, Wochen- oder um Tagelohn dienten. Im Jahre 1474 erhoben sie die Forderung einer Lohnerhöhung: viele Arbeiter brachten ihren Junkem die Schlüssel ihrer Kothe und weigerten sich, unter den alten Bedingungen weiter zu sieden. Sonntags am 13. November desselben Jahres beriefen sie darauf eine allgemeine Versamlung in das heilige Grab in der Halle, um weitere Pläne zu fassen. Sie sendeten ferner acht Vertreter an den Rath, welche unter anderen Klagen auch die wegen der Herabmindemng des Lohns vorbrachten. Der Rath befahl ihnen jedoch bei einer Strafe von 50 Mark, die Arbeit wider aufzu- nehmen oder die Stadt zu räumen, und wol der grösste Theil der Un- zufriedenen ging wider an die Arbeit. Im Jahre 1476 stellten abermals

1) Vgl S. 149.

XXVI Einleitung.

alle Jahrknechte über der Metritz die Arbeit ein und sachten eine Lohnerhöhung nach. Wirker und Bomknechte erschienen vor dem Rathe und forderten geradezu die Verdoppelung ihres bisherigen Lohns. Während man dem Wirker bisher 6 Schwertgroschen die Woche ge- zahlt hatte, sollte der Wochenlohn in Zukunft auf 6 grosse Groschen festgesetzt werden. Ausser ihrem Lohn bezogen die Arbeiter von den Fuhrleuten noch Trinkgelder, welche nicht unerheblich gewesen zu sein scheinen. Ihre Beschäftigung war also eine ziemlich einträg- liche. Die PtUnner hegten übrigens den Verdacht, dass der Rath selbst im Geheimen die Unzufriedenheit der Arbeiter schtlre. Der gewöhnliche Versamlungsort der im Thale beschäftigten Personen scheint die Kirche oder Kapelle des heiligen Grabes gewesen zu sein. Hier nahmen die Arbeiter die Befehle des Baths entgegen, wenn es derselbe nicht vorzog, alle insgesamt oder wenigstens zahlreiche Aus- schüsse von zuweilen 20 Mann auf das Rathaus zu fordern. Man ge- winnt femer an keiner Stelle der Aufzeichnungen Spittendorflb den Eindruck, als ob sich die Arbeiter noch durch ein besonderes national- slavisches Band vereinigt geftthlt hätten. Der Ausdruck „wendische Salzknechte^S dessen sich neulich noch Hehn^) bedient hat, ist fllr die Arbeiter dieses Jahrhunderts völlig bedeutungslos. Halle ist damals seiner Bevölkerung nach eine niederdeutsche Stadt; noch in jener Zeit wurde das Hochdeutsche nicht von allen Klassen der Bevölkerung verstanden ^). Einer alten Ueberlieferung nach hat man in diesen Saal- gegenden seit dem J. 1327 das Slavische vor Gericht nicht mehr ge- sprochen.

Das in grossen Pfannen gesottene Salz wurde nicht nach Gewicht, sondern stückweise verkauft. Diese Stücke sollten eine gleiche Grösse besitzen und mussten daher von Zeit zu Zeit gemessen werden. Dann wurden die Stücke zerbrochen, und das Salz über den Salzscheffel ge- messen. Da nun aber die Fuhrleute derartiges Salz nicht gern aus- führten, und den Pfännem an diesem Messen nicht viel lag, so ist es Jahre lang unterblieben, was dann zur Folge hatte, dass die Stücke sehr ungleich wurden. So behauptete man im Jahre 1475; dass das Salz zuletzt 1471 , zuvor aber in vielleicht zwanzig oder dreissig Jahren nicht wäre gemessen worden. Im Jahre 1474 wurden 35 gezeichnete Eimer Sole zu einem Stück Salz aus dem Fasse in die Pfanne geftUlt und versotten ; und in demselben Jahre bestimmte man den Preis eines Stückes Salz auf 12 Schwertgroschen oder 6 grosse Groschen ; von den letzteren rechnete man damals 23 bis 24 auf einen rheinischen Gulden. Vier Zober Sole Hessen diejenigen giessen, welche gutes Salz be- reiteten ; um kleines Salz herzustellen, bedurfte man kaum dreier Zober. Die erzbischöfliche Regierung verlangte aber sogar, dass 5 Zober ge- gossen werden sollten. Das ungleiche Sieden rechnetej^ der den

M Hohn, das Salz a 58. 2) VgL S. 272, 273.

Einleitung. xxvn

Pfännern feindliche Stadtrath viel weniger den Wirkern, als ihren Herren zu; man erblickte darin eine anrechtmässige Bereicherang der Pfänner zum grossen Nachtheile der Stadt selbst Die auswärtigen Ab- nehmer des Salzes wandten sich ans diesem Grunde an andere Orte,- and die Fuhrleute umfuhren die Stadt, wie man sich ausdrückte. Gerade in diesem ungleichen Sieden bestand daher ein schwerer Vor- wurf des Rathes gegen die Pfänner.

Eün ganz eigenthtlmlicher Brauch war, dass man zu gewissen Zeiten, d. h. wenn ein beträchtlicher Vorrath von Salz in der Halle vorhanden war, das Sieden ganz einstellte und Kaltlager hielt, wie man es nannte. Da der Preis des Salzes von den Thalbehörden be- stimmt wurde, und die einzelnen Pfänner natürlich nicht unter den- selben herabgingen, so entsprach zu Zeiten der Absatz nicht der Fülle der I^duction, und man stellte dann das Gleichgewicht zwischen beiden dadurch her, dass man die Brunnen ruhen oder stehen Hess und Kaltlager hielt. Es war das natürlich nur möglich in einer Zeit, wo die hallischen Salzproducenten keine bedeutende auswärtige Gon- currenz zu fUrchten hatten, denn die nächsten Salinen zu Salze und Stasfurt scheinen Halle damals eine solche nicht bereitet zu haben. Allein auch dieses E^ltlager wurde den hervorragenden Pfännern Übel ausgelegt. Man warf ihnen vor, dass sie nur ihrer Freunde halber, welche kleines Salz hätten, Kaltlager halten Messen ; die Gäste mttssten dann zu ihrem eignen Schaden auch das kleine Salz laden. Ja man sagte geradezu, dass das kleine Salz gewöhnlich mehr von den obersten und reichen, als von den ärmeren gesotten würde.

Die meisten Pfänner bewirthschafteten ihre eignen Solgüter durch einen Wirker. Zu diesen gehörte z. B. auch Spittendorff. Andere aber hatten nicht nur diese; sondern auch das Koth gepachtet, und die Ein- nahmen dieser Pächter sollen nun besonders zwischen Weihnachten und Palmsonntag nicht sehr hoch gewesen sein. Der Ertrag einer Woche wird einmal auf durchschnittlich 42 Werk i) für jeden Pfänner ange- geben; allein es mussten sich, unserm Gewäbrsmanne zu Folge, andere auch mit 30, ja mit 20 Werk die Woche begnügen : nur wenige, nach Spittendorfib Versicherung kaum 10 Pfänner erreichten die Woche 45 Werk.

Gewisse Solgüter gehörten zu bestimmten Kothen, allein es gab aach Siedehäoser, bei denen sich keine Güter befanden.

Das Brennmaterial bestand nicht ausschliesslich aus Holz und Stroh, welches die Bauern der Umgegend zuführten, sondern auch damals wurde bereits und zwar seit längerer Zeit Kohle gebrannt.

Wie das Thal seine eigene Gerichtsbehörde hatte, so war es auch einer besonderen Polizeibehörde unterstellt, welche ganz unabhängig vom Bathe war, und die allgemeine Aufsicht über das Ganze führte.

M Ein Werk betrug später 36 recht geeichte Fülleimer oder 2 Stück Sahs, Hondorff (Dr. I.) S. 60, 63,

xxvm Einleitung.

An der Spitze derselben stand der Thalvoigt: anter seiner Aufsicht befand sich* das Gefängnis and der Stock.

Obwol nun die Pfännerschaft ihre Interessen bis in das achte Jahrzehnt des fünfzehnten Jahrhunderts ziemlich selbständig verwaltete und fast ein besonderes Gemeinwesen neben dem der Bergstadt bildete, so drang doch der Einfluss des Raths gegen das Ende dieser Zeit immer weiter vor: je weniger die Pfänner im Stande waren, ihr Uebergewicht im Rathe zu behaupten, um so weniger konnten sie sich auch der Eingriffe des letzteren in ihre eignen Erwerbs- und Standesangelegenheiten erwehren.

Die Rathsverfassung im fünfzehnten Jahrhundert. Aus dem in Beilage VII abgedruckten Rathsverzeichnisse ergibt sich, dass seit dem Jahre 14^ il der Rath 12 Personen zählte, wie in Magdeburg schon seit dem Jahre 1238 1). Von diesen werden seit dem Jahre 1411 die beiden ersten als Rathsmeister (Bürgermeister) bezeichnet. Auch dieser Rath war jedoch keineswegs ein voUständig aristokratischer, sondern umfasste bereits Vertreter der Gemeinheit und der Zünfte. Doch wird man nicht fehlgreifen, wenn man zum wenigstens die in den vier ersten Stellen angeführten Personen als Pfänner betrachtet. Als Beweis, dass wir bereits im vierzehnten Jahrhundert Innungen und Gemeinheit im Rathe vertreten finden, mag die Urkunde des Raths vom 8. Mai 1314 dienen 2), in welcher sich die höchste Stadtbehörde selbst mit den Worten: „Nos consules, scabini montis et vallis, unionum magistri ac universi opidani in Hallis^' bezeichnet. In dieser Urkunde werden zuletzt 8 Personen aufgeführt, die jedoch keineswegs etwa den vorher genannten Rath bilden. Die Willkür vom Jahre 1314 ferner wurde schon von den Siegeln der 6 Innungen beglaubigt^). In dem Verbündnis der Stadt Halle mit der Stadt Magdeburg ^) vom Jahre 1324 ist die erstere vertreten durch „die schepen, die ratmanne und die vif meistere von den groten vif inninghen unde die borgere ghemeyne von Halle^^ Doch bleibt uns in diesen Rathsverhältnissen noch manches dunkel, wie es z. B. auffällig ist, dass im Jahre 1327 nach den Schoppen 36 Rathmannen und ausserdem noch die vom Thale, die vom Berge, die Innungsmeister und die gemeinen Bürger genannt werden^). Möglicher Weise haben die Innungen diese Stellung im Rathe gerade während der beiden ersten Jahi-zehnte des 14. Jahr- hunderts erst erlangt. Darauf scheint sich auch eine unklare ört- liche Ueberlieferung zu beziehen, nach welcher im Jahre 1316 zum ersten Male ein Rath gewählt worden sein soll^).

*) Hoffmann, Gesch. der St. Magdeburg I. 207.

2) Dreyhaupt I. 728.

3) Dreyhaupt IL 303 f. *) Dreyhaupt I. 55.

6) Dreyhaupt I. 62 t

^) Kresse's handschr. Annalen B. I. Bl. 381^' Vgl. dazu Lambert, da« hallische Patriciat S. 78 ff.

Einleitung. zxix

Dieser ans 12 Personen bestehende Rath des fnnfeehnten Jahr- hunderts wechselte jedes Jahr, und meist erst im vierten Jahre erscheinen hier und da dieselben Personen in Rathsstellen wider. So ist z. B. Hans Gysike (Gysecke, Gyske) erster Rathsmeister in den Jahren 1401, 1404, 1407, 1411 und erscheint während der dazwischen liegenden Jahre in keiner Rathsstelle. Drebes Sever finden wir 1401 in dritter, 1405 in zweiter, 1408 und 1413 in der ersten Stelle; Rathmar Ton Stein war 1403, 1^ und 1410 erster Rathsmeister, gehörte aber in den dazwischen liegenden Jahren dem Rathe nicht an.

Diese VerfajBsung erlitt jedoch im Jahre 1427 dadurch eine tief- gehende Veränderung, dass die Zünfte und die Gemeinheit eine erhebliche Verstärkung erhielten und als eine Art Gegengewicht gegen dieselbe die ersten Vertreter und Beamten der Pfänner, die drei Bom- meister (Oberbommeister), noch zum Rathe hinzugezogen wurden, welcher nun im Ganzen auf 30 Personen anwächst. Welche Veran- lassung dieser Veränderung zu Grunde liegt, hat sich freilich bis jetzt noch nicht mit erwünschter Deutlichkeit nachweisen lassen. Drey- haupts Darlegung (II. 326), „nach welcher 30 aus den vier Vierteln der Stadt erwählte Bürger in den Rath aufgenonunen werden mussten, worauf immer einer nach dem andern aus den alten Geschlechtem ver- dmngen, und andere von der gemeinen Bürgerschaft und Innungen eingeschoben worden'^ ist, wie das Rathsverzeichnis deutlich ergibt, sehr unklar und verworren.

Der grosse oder weitere Rath besteht vom Jahre 1427 an bis zum Jahre 1478 aus 30 Personen, welche sich in drei Gruppen scheiden : zu dem aus 12 Personen bestehenden engeren oder sitzenden Rathe treten ausserdem 18 zu den Rathssitzungen entbotene Bürger, 15 Vertreter der Gemeinheit und Innungen mit den 3 Bommeistem, hinzu. Nach Drey- haupts Versicherung haben die Zünfte und die Gemeinheit in den Wirren unter dem Erzbischof Günther, welche zur Belagerung der Stadt fllhrten, Gelegenheit zu einer solchen Verstärkung ihres Einflusses ge- funden. Auf jeden Fall aber hat auch die Fehde, in welcher die Stadt sich damals mit dem erzstiftischen Adel befand, dem aristokra- tischen Begimente der Pfänner Zugeständnisse abgepresst. Wol mög- lich, dass der gewaltige Stadthauptmann Henning Strobart seine Hand gleichfalls im Spiele gehabt hat. Aus derselben Zeit, vom Jahre 1428, stammt eine Willkür, welche sich jedoch ihrem Gesamtinhalte nach der Kenntnis der Forscher bis jetzt entzogen hat. Auch Dreyhaupt hat nur ein Bruchstück derselben in den Händen gehabt, welches er aber leider nicht einmal ganz hat abdrucken lassen. Der von dem ver- dienten Forscher mitgetheilte Anfang dieser Willkür ist merkwürdiger Weise mit einer gereimten Vorrede versehen und führt uns darauf gleich im ersten Abschnitt die drei Glieder des damaligen Raths vor. „Dy ratmanne und meistere suUen alle tage uff das rathuifö gehin... und die bornmeistere sollen ouch, wen ör dy ratmanne und meistere bedorffen, obir das, das sye sust phlegene

Einleitimg.

uff das rathus zu gehende, ailezit gohin^y^. Aus der Rathsliste des Jahres 1427 (S. 507) geht hervor, dass die vier Pfarrgemeinden (Gemeinheiten, Gemeinheit) je 2 Vertreter in den weiteren Rath ent- sendeten. Auf diese folgen hier 7 Zunftmeister. Da die Zuziehung der Bornmeister zu den Rathssitzungen ausdrücklich in das Belieben des Raths gestellt war, so ist in den Urkunden dieser Zeit gewöhnlich nur von den Rathmannen und Meistern als der offiziellen Behörde der Stadt die Rede^). Ja bisweilen findet sich sogar der nicht ganz cor- recte Ausdruck: Rathmannen und Meister der Innungen. Doch werden auch die Bommeister als ein Glied des Raths ausdrücklich erwähnt. So treten in der Streitsache wegen des Neujahrsmarktes zu Leipzig im August 1469 vor den Propst des Klosters Neuwerk die ehrsamen, weisen und vorsichtigen Hans Klucke, Hans Eritzin, Raths m eis ter, Hans von Waltheim, Benedictus Polcke, Bornmeister, und Peter Numan, Curth Habich, Hans Botticher und Wentze Steube, Meister der Innungen und Gemeinheit an Statt und VolUnacht des ganzen sitzenden Raths der Stadt Halle ^). Ueberall also, wo in dieser Zeit von den drei Gliedern des Raths die Rede ist, sind darunter die Rath- mannen, die Meister und die Bommeister zu verstehen. Für die Jahre 1428, 1430 und 1431 fehlen die Namen der Bornmeister. Diese drei Rathsglieder regieren nur ein Jahr, aber nicht etwa abwechselnd, wie man sich daswol gedacht hat, und treten dann insgesamt ab, worauf Neuwahlen erfolgen.

Allein auch dieser Antheil der gesamten Bürgerschaft an dem Regi- ment und der Verwaltung der Stadt ist unter den grossen Wirren während der Regierung des Erzbiscbofs Günther noch nicht für ausreichend erachtet worden. Als der Rath im Jahre 1434 auf dem Concil zu Basel sich dem Erzbischof Günther unterworfen hatte, sagte sich die Gemeinde von ihm los und nahm ihn sogar gefangen^). Die Stadt erneuerte darauf ihr Bündnis mit Magdeburg, und der Rath zu Magdeburg stiftete unter den streitenden Parteien seiner verbündeten Schwesterstadt wider Ruhe und Frieden, indem er eine ausserordentliche Commission von 30 Ver- trauensmännern einsetzte, an deren Zustimmung der Rath bei der näch- sten Rathswahl und bei allen seinen Beschlüssen gewiesen wurde. Wir theilen, da diese Verhältnisse im Einzelnen noch sehr wenig bekannt sind, die auf lUteren Berichten beruhende Darstellung einer späteren Chronik^

1) Dreyhaupt U. 303.

2) Dreyhaupt H. 802. 473, 474.

3) DrevhauptlL 42. In dem xnitgetheilten Verzeichnisse der Rathspersonen (S. 507--518) nehmen die Meister die SteUen 13-27 ein.

4; Dreyhaupt I. 117 f.

5) Papierhandschrift der Grftfl. Bibl. in Wernigerode Zh. 65. F. 378 Bll. Die noch nicht näher untersuchte Chronik scheint theilweise ein Werk eines hallischen Bürgers Seidonschwanz aus dem Anfange des 16. Jahrh. zu sein, enthält aber trotz- dem gute und sehr ausftlbrliche Nachrichten über die hallische Geschichte des 15. Jahrhunderts. Die SteUe findet sich Bl. 159'»— 161**.

Einleitung.

mit und fBgen ausserdem den Wortlaut der Vergleiehsurkunde, welche der Rath yon Halle ausstellte, in der Anmerkung hinzu.

(Jahr 1434). „In demselbigen jare liesz der bischoff tou Magdeburg ein teil burger yon Halle, die die namhafftigesten waren^ wol bey XL, vor das concilium zu Basel laden, darumb santen die von Halle vor zu vor- boren, wes her sie schuldigen wolde. Do hatten dieselbigen zcwene, die also gesant waren, teidinge mit deme bischoye, also das sie den Ton Magdeburg keine hulffe thun solden, den in Sachen, do sie mit rechte inne überwunden weren. Und deme bischoye yon Merseburg wart daruff beyolen yon deme concilio, das er die yon Halle daruff auss deme banne solde lassen, und der bischoff gab on daruff die ab- Bolucion. Ditzs teidigete der rath yon Halle alles hinder der gemeine und ane oren willen. Die innunge und die gemeyne hatten yor dem rathe zugesaget und sagen lassen, sie wolden yon den yon Magdeburg ungescheiden sein, bosse und guth mit on leiden und die briye halden, do sich ore eldem lauge zeit zuyor inne yorbnnden hatten. Darumb liess der rath die gemeine und innunge uff das rathaus yerheischen und fragete izlige parteie besundem, ab sie des deme rathe beystehen wolden. Das worden ein teil partigen eyns mit on, und die meiste parteie yon den ionungen und yon der geraeine, die das mit furchten thun musten, die das sust nicht gethan betten, wen worumb ? Die jenen, die uff das mahle zu den rethen pflagen zu seine, die furchten den bischof sere und die (den!) uszwendigen; und die burger, die on weddir waren, die yor- treben sie ein teils ausz der Stadt und gaben on or burmahl weddir, ein theil weisten sie auff die thorme, etzliche stecketen sie in der dempnitz, etzliche, die legten sie in or husz und tatten on mancherley yordrisz, das ein teil yaste widder ore gescbworne willekor was. Hirumb wart grossze zcweytracht zcwuschen deme rathe und der gemeyne, also das der rath der absolucion nicht dorffte lassen uszgehen nach gebrauchen und hielden das yerholen (yerholden!) yor (von!) der gemeyne und auch yor deme ganzen rathe, sundem der heimliche rath, der wüste die geschieht alleine.

Diesse zcwietracht yomommen die yon Aschersleye und ritten zu den yon Halle, eine sothane zcweytracht underzunemen, und namen das uff, und dieselbigen yon Aschersleye yorbotten zu sich die yon Magdeburg, Braunschwig, Halberstadt und Quedlinburg. Die alle yon stundt zu on gein Halle ritten ; die yon Halle hatten sich uff das mahl mit den gnanten stedten und dorzu mit yil stedten mehr yorbunden zusampne, ufflouffte in den stedten zu wehren und oren yinden wed- der zu stehen, und yiel meher ander Sachen etc. Also teidigeten die gnanten rethe der stedte zcwuschen dem rathe, den yom tale, Innungen und gemeinheit, das sie yon beiden teilen allen Unwillen, zcweytracht und scheel satzten uff den rath zu Magdeburg, und wie sie das scheiden wurden, das wolden sie halden ane widdersprache. Und der rath solde der absolucion nicht gebrauchen, so lange das die sache auazgesprochen wurde etc.

Einleitung.

Nach sancte Michaelis tage, do santen die von Magdeburg die oren geiD Halle, do sie sothane sache entscheiden solden, und der rath liesz allen bargem Torbotten in das barfiisszercloster. Do qaamen die von Magdeburg und horten die schulde, die die vom tale, innungen und gemeinheit Widder den rath hatten, und brachten das vor an den rath und horten auch des raths antwort, und sie blieben des aber von beiden parten bey denseibigen von Magdeburg. Und die von Magde- burg Hessen sich alle schulde schrifftlichen Vorzeichen und bescheyden on allen des dritten tages widder in dasselbige closter. Do tatten sie den aussprach in kegenwertigkeit des rathes und burger gemeine i).

>) In Folge dessen steUte der Rath eine Urkunde aus, in welcher es heisst: . . . „imd uff daz, daz man czwusschen uns, dem rathe, und unszir vorfam, den von dem tale, inungen und gemeynheiten zcu ganczer frimtschafft und gloubin komcn möge, so haben wir uns vom tale, inungen und gemeinheiten mit unszerm rathe von HaUe semitlichin vortragen, daz man sal dissem keynwirtigem rathe zcu hulffe gebin uz dem tale, uz inungen und uz gemeynheit drissig bederbe man, die darczu bequeme imd nutcze sin, die sollin zcu den heiligen sweren, daz s^ dem rathe unde der stad HaUe beste wollin helffin rathen nach oren besten synnen und den rath nicht meldin, und woUin daz nicht lassln durch lieb, durch leit noch durch neynerleye sachin willin, daz on got zo helffe und die heiligen. Unde wir ratmanne, bommeistere und meistere der inimgen und unszor nachkomelinge soUin keyne sachin, dar der stad icht macht an belegin ist, handeln adir thun, wir sollin die drissig manne uff unszer rathusz darbie vorbotten und dar denne mit der drissig manne willen und folbort unszer stad HaUe bestes rathen und thun, unde wen man nu zcu disscr nehistkomenden vasten die nuwen ratluthe kiesen und bestetigen sal, darzcu sollin wir von dissem keinwirtigem rathe zu hulffe nemen die drissig man, die uns bereite zcu hulffe gegebin sin, und mit on eintrechticlich nuwe ratluthe kiesen und die zcu ambachte bestetigen, als daz unszer stad HaUe nutze und eben ist, unde solün mit dem rathe zcu den heiligen sweren, daz sy sulche uf^tzers, als hirvor uff die czedele und tedinge, die zcu Basel gemachit waz, berurt ist, zcu dem rathe noch zcu anibachten nicht kiesen BoUin. Und wen die nuwen ratluthe also gekom und zcu ambachten bestetigit sin, denne sollin die drissig manne des kores abewesen, und der rath sal denne vort^ mer den rath kiesin unde bestetigen unde unszer stad verwesen unde regim, als daz von alder gewonlich gewest ist, doch also daz die vorgnanten drissig manne bie oren eiden bliebin soUin, die wiele daz sie lebin, und sollin den ratmannen, bommeistem und meistern der inungen zcu Halle unszer stad beste helffin rathin, darzcu sie der rath von HaUe vorbotten sal. Unde wenne sy die vorberurten drissig manne zcu sich, zcu dem rathe vorbotten, so soUin sie bie oren eiden zcu dem rathe komen; und ab man von dissen drissig mannen einnigen zcu ratmanne köre, uzgnomen die scheppfin, die sal man zcu ratmannen rucht kLesen, simdir zcu bommoistem imd den drissig mannen mag man s^j wol kiesen, der (die!) denne also gükorn wirt, der (diel) sal den köre liedin und zcu dem rathe sweren, als daz gewonlich ist, doch solde der in den eiden bliebin, die er zcu den drissig mannen getan bette. Wer es ouch sache, daz disser iissig manne einich ver- stürbe ac&r sich verboste adir sich mit siner inun^ vorwandelte adir uz eyner Sfarren in die andere czoge, die soUin oreseides, den s|j zcu den drissig mannen getan ettin, loz sin. So soUm die partie, den dez not ist, eynen andern bederbin man bie oren eiden uz der partie, dar dez denne broch were, bynnen acht tagen zcu sich kiesen, und wen der zo gekom wirt, der sal den köre ane widirsprache liedin unde dem rathe und der stad sulchin eid sweren, als die drissig manne vor ge- swom habin. Vortmer bekennen wir ratmanne und meistere der inungen zcu HaUe, wer es ouch sache, ab ymand dem andim disse vorgeschrebin scheidunge zcu arge adir zcu schadin andirs weide dütin, wen disse scheidunge inhelt, daz on denne die ersamen ratmanne und inungismeistere der alden stad Magdeburg die

Einleitung. xzxin

Do worden in der scheydunge 30 manne gesatzet deme rathe zu hülfe, die Tor nicht waren, and gaben den asspmch deme rathe yorsiegelt ond anch den dreiszig mannen von der barger and der gemeyne wegen. Diessen ansspruch namen die burger mit gutem willen an. Aber der rath machte sich gar schwere darzu, wente der selbige sprach dem rathe alleine und nicht andern oren nachkommen etzewas za na lagk. Idoch künden sie das nicht wegem, sie musten das auch annemen. Doch was der glaube gar deine zcwuschen demselbigen rathe und den bürgern, das sie woU beweisten, das quam on darnach an ore person, als sie abe quamen, zu grossem hone und schaden. Also worden auch solche teidinge, als zu Basele begriffen wardt, nicht gehalden nach der absolucion gebruchet, wen die von Magdeburg hatten das also gescheiden.

In dem selbigen jare 34, do die zcweytracht zu Halle wasz, do die 30 man gesatzet worden, das mochte Strobarth am aller meisten mit etlichen bürgern zu Halle angetragen, den er was mit in der Behddunge und anspräche, wiewoU ein teil von Magdeburg in dem rathe schwere dorzu waren» das sie den rath scheiden solden, idoch so wolde sich Strobarth rechen, dorumbe schickete her das nach seinem willen ; darnach uff die vasten worden seine leute wider in den rath gekoren zu Halle, die namen on weddir zu einem haubtman.''

Obwol nun der Rath jährlich wechselte, so treten doch öfter mehrere derselben Familie im weiteren Sinne angehörige Personen nach einander aui. So gehörte dem engeren Rathe des Jahres 1427 Drewes Seber an, und schon 1428 erscheint in demselben ßath^liede Peter Seber, und im folgenden Jahre in demselben Verbände Hans Seber. Auch scheint es allmählich üblich geworden

macht behalden habin, wie sg daz darumb seggin adir scheiden werdin, dar sal daz gencadichin bie bliebin sundir widirsprache. Czii dem leczton belcennen wir ratmajme,bommeistere,meystere der inungen und der ganczen gemeynheitderstad Halle Torgnant unde wir bürgere vom tale, inungen und gemeynheiten ^emeynlichin mit sampt den (der !) obgnanten drissig mannen derselbin stad Halle offintlichin vor uns unde alle miszer nachkomelinge, daz wir die bnanten (I) scbeidunge eintrechtidichin mit allir onszin guten willen umb eintracht, firide und unszer stad bestes willin gut- lichin nffgnomen habin, reden euch und gelobin in crafft disses brieffis und revenals, sollin ouch und wollin dieselbe scbeidunge stete, gancz, veste und miTorbrochin balden an allen oren stucken und punckten zcu ewigen gecz\jten imd or nachkomen, als wir dy u%nomen habin. ane argeUst unde geverde, und wer es, das ymand die gnanten unszer liebin frunde von Magdeburg adir uns von sulchir sdieidunge wegin vordencken, der uns dez vorwissen adir vorargen weide, so sollin und wolUn wir des bie enandir bliebin ane geverde. Des zcu orkunde und mehr siclurheit habin wir ratmanne, bommeistere, meistere der inun^n und gemeynheit der Stadt Halle vorgnant vor uns, unszer bürgere gemeynllch, die drissig manne, und aUe unszer nachkomelinge unszer stad ingesigil an dissen brieff und reversal mit allir der unszir wissen und gutem willin hengin lassen. Nach gotis gebort virczenhundert jar, domach in dem vierundrissigistem jare am mittewochin vor 8enth OaUan tage (IS. Oct 1434). üngedr. ürk. des hall. Rathsarchivs ; das Siegol ist sehr beschädigt

0«Khichtaqii. d. ProT» Saclu . XL C

Einleitimg.

ZU sein, dass hervorragende Persönlichkeiten bald in diese bald in jene Körperschaft, den engeren oder weiteren Rath, gewählt wurden. So erscheint Hans Bunge 1441 auf Seite der Rathmannen und 1442 auf Seite der Meister, und Karl Musshart sass 1440 unter den Meistern und 1442 unter den Rathmannen. Klaus Schafetedt femer gehörte 1440 als Bommeister zum Rath, und 1442 finden wir ihn als Pfänner unter den Rathmannen. Ja alhnählich erlangten diese Wahlen eine noch grössere Stätigkeit. So tritt Bastian Melwitz, der erste Rathsmeister der Jahre 1444, 1447, 14öO, 1453, 1456, in den Jahren 1445 und 1451 als Bommeister auf; in denselben Aemtem finden wir in den Jahren 1452 (als Rathsmeister) und 1453 (als Bommeister) das Mitglied der Pfännerschaft Eüaus Ochse: derselbe bekleidete überhaupt in der Zeit von 1452 bis 1467 die Stelle des ersten Rathsmeisters sechs Mal und erscheint in derselben jedes dritte Jahr wider. Dagegen fand in der Stelle des zweiten Rathsmeisters in denselben Jahren ein viel grösserer Wechsel Statt: 1452 hatte dieselbe Dietrich Kuchen- schwin, 1455 Hans Mittag, 1458 Lucas Kumpan, 1461 derselbe, 1464 Fritz Schaff und 1467 Stephan Mittag inne. Hans von Waltheim begann seine Laufbahn in den städtischen Aemtem 1456 als fUnfterRathmann in der Stelle eines Pf änners, schon im folgenden Jahre war er Bom- meister und ebenso in den Jahren 1460, 1466, 1469 und 1472. In den dazwischen liegenden Fristen hatte er 1459, 1462, 1465, 1468 der Stadt als erster Rathsmeister gedient. Auch weniger hervorragende Persön- lichkeiten treten im Verlauf der Zeit mehrfach als Inhaber dieser städtischen Ehrenämter und zwar in verschiedenen Gliedem des Raths auf. Wer das Amt des Rathsmeisters verwaltet hatte, konnte nicht vor Ablauf des zweiten Jahres in dieses erste städtische Amt wider gewählt werden. Doch kehren unter dieser Beschränkung besonders in der Mitte des Jahrhunderts öfter dieselben Namen in dieser ersten Rathsstellen wider. Ja sogar beide Rathsmeister wurden zusammen wider gewählt: so erscheinen z. B. 1453 und 1456 Bastian Melbitz und Mattis Glesin , 1458 und 1461 Klaus Ochse und Lucas Kumpan, 1462 und 1465 Hans von Waltheim und Hans Nopel als Rathsmeister. Von den beiden Rathsmeistem sitzt in dieser Zeit des 15. Jahrhunderts in der ersten Stelle stets ein Pfänner, in der zweiten gewöhnlich ein Mitglied der Gemeinheit und dann und wann wol auch ein Zunit-

meister.

Wie in andern Städten, z. B. in Erfurt, besass der Rath auch in Halle seine „gekomen stende*', und die Aufeinanderfolge der einzelnen gesellschaftlichen und Erwerbsgruppen war wenigstens im engem Rathe eine fesf bestimmte. SpittendorflF selbst erzählt (S. 189): „vor alter sassen die vier pfenner aller nechst nach dem rathsmeister in der weyse: der eine war rathsmeister, der ander weinmeyster, der dritte ein vierherre, der vierte kemmerer." Da nun, wie erwähnt, bis zum J. 1476 der erste Rathsmeister gewöhnlich ein PfUnner ist, so hatten die Pfänner in dieser Zeit die erste, dritte, vierte und fUnfte

Knteitong.

SteOe im engereo Bstfae inne. Daher und aas der geringeren Anxahl der pfiümerschaftliehen Familiaa erklärt es sieh andi, dass bis zum Jahre 1476 sehr häofig dieselben Familien der Pfanner im Bathe ver- treten sind. Die drei Bommeister eingereehnet besassen also die Pfanne bis in den Beginn dieser Unnihen 7 Stellen im weiteren Bath. . Aneh nach seiner Erweitening durch die Meister der Zfinfte imd der Gemeinheit hat demnach der Bath sein froheres aristokra- tiBches 6e{HSge keineswegs ToUständig eingebüsst^). Im Jahre 1476 war nm erst^i Male keiner der beiden Bathsmeister ein PfiLnner: Jakob Sdiaffkopff gehörte den Innungen nnd Hans Laub der Gemein heit an^ Von den fibrig bleibenden acht Sitzen des engeren Bathes scheinen d^ Gemeinheit gewöhnlich der zweite, sechste, siebente und achte, den Innungen die letzten vier zugehört zu haben.

Der zweite Haupttheil des grossen Bathes der Dreissig, die Mdstar^), setzte sich aus je zwei Vertretern der Gemeine in den vier Kirchsprengeln und aus sieben Innungsmeistem zusammen. Unter den Dreissig beftnden sich dem zu Folge 12 Vertreter der Gemeinheit, 11 Innnngsmeister und 7 Pfänner. Allein diese Zahlen haben keines- wegs eine ähnliche Bedeutung, wie sie f&r eine Stadtbehörde der Neuzeit besitzen wfirden« da Ton einer Abstimmung nach Köpfen im modernen Sinne damals noch nicht die Bede ist, und wenigstens die Bommeister nicht zu allen Bathssitzungen hinzugezogen wurden. Die sieben Innungen, welche ihre Vertreter in die zweite Ab- theflung des Bathes, zu den Meistern, zu entsenden das Becht be- sassen, waren jedenfidls die sechs alten, deren Privilegium auf den Erzbischof Wichmann zurfid^ffihrt vmrde: Krämer, Schuhmacher, Backer, Fleischer, Schmiede, Futterer, und endlich die Leinweber. Dass die letzteren unter den Meistern yertreten waren, lehrt ein Zu- satz zu dem Bathsyerzeichnisse des Jahres 1475^). Die sich hier vor- findende Bemerkung, dass die beiden Meister jeder ein Jahr nach ein- ander gesessen haUen, kann nur den Sinn haben, dass ein Meister, welcher Mit^ed des weitem Bathes gewesen war, im dritten Jahre widergewählt werden konnte.

Auch unter den Meistern des Baths wird eine gewisse feste Bang- ordnung stattgefunden haben, obwol wir dieselbe noch nicht deutlich zu eiUkren im Stande sind. Es ist wenigstens auflfällig, dass

1) Die Darstellimg in t. Maarers Geschichte der St^teTer£uBimg in Deatsch- Imd IL S. 597 entbäirt einer gesicherten Unterlage nnd ist, wie sich aas den Bathsveraseichnissen ergibt, fiist gänzlich anrichtig. Von den gro&aen Farteikftnipfen zwischen den PfiLnnem inid d^ Gemeinde im J. 1438 berichtet die Chronik in Wernigerode BL 173^ sehr ausföhriich.

«) VgL a 188 1

^) Nach dem W^^ der Bommeister beaeichnet man die beiden Rathsgliec^ gewöhnlich kurz als aertea und Meister.

*) VgL a 41. Anm. 1.

xxxn Einleitung.

manche Personen entweder in denselben Stellen oder in sehr nahe be* nachbarten auftreten.

Der Rath trat sein Amt nicht mit dem Beginn des bürgerlichen Jahres (25. Dec.) an, sondern er wurde erst am Sonnabend nach Esto- mihi (Sonnabend nach Cinerum) gewählt und dann vom Rathanse herab verkündigt. Der Wahltag war also im Jahre 1475 der 11. Febr., 1476 der 2. März. 1477 der 22. Febr., 1478 der 7. Febr. An diesem Tage fand jedoch nur die Wahl des engern Rathes statt; der Ver- tretungskörper oder die Meister ging aus den Zunft- und Gemeinheits- wahlen des nächsten Dinstags (Dinstag nach Invocavit) ^) hervor; noch später traten die Bommeister, da ihre Neuwahl erst am zweiten Sonn- abend vor Pfingsten erfolgte, in den neuen Rath ein. Die alten Bom- meister blieben also noch einige Monate im neuen Rathe ^), Die Wahl der 12 Rathmanuen oder des engem Rathes kam weder den Pfännem noch den Zünften oder der Gemeinheit zu, sondern war in der Haupt- sache das letzte und nicht das unwichtigste Geschäft des alten engeren Rathes selbst Derselbe besass also eine ähnliche Berechtigung wie die Schöppencollegien und übte dieselbe bei Todesfällen auch während seines Verwaltungsjahres aus. Dieses Wahl- oder Ergänzungsrecht hat jedoch nicht der ganze engere Rath, sondem nur ein Theil desselben und auch dieser nicht ausschliesslich besessen^). Das WahlcoUegium des Jahres 1476 für die Neuwahlen zum Jahr 1476—77 besteht aus dem 'Rathsmeister Hans Seile, dem Kämmerer Peter San- derman , dem Schuhmacher Jacob Weissack und dem Brauer Brosius Zschelse. Diese 4 Personen waren Mitglieder des engem Raths im eben ablaufenden Jahre 1475-76 gewesen*). Zu ihnen aber traten noch vier Meister hinzu, wahrscheinlich die ersten vier der Meister im Rathe des zu Ende gehenden Jahres: das WahlcoUegium dieses Jahres bestand also aus 4 Mitgliedern des engem Rathes und 4 Meistern^). SpittendorfiF tadelt jedoch an dieser Wahl, dass man weder den Raths- meister von den Pfännem noch die beiden Bornmeister, ja überhaupt keinen Pfänner hinzugezogen habe. Wenn darin die einzige Ab- weichung von der Regel bestand, so müssten in dem WahlcoUegium für den neuen Rath die beiden Rathsmeister und zwei Bommeister nebst den 4 Innungsmitgliedera des engem Raths und die vier ersten Meister des weitem Raths gesessen haben, aho ebenfalls 12 Personen. Indessen da später das WahlcoUegium nur 8 Personen zählte, so kann die Stelle nur den Sinn haben , dass damals die 3 Mitglieder des engem Rathes an Stelle der. drei PlUnner zur Wahl berafen wurden.

1) Vgl. S. 233 f. 299. 301.

2) Vgl. S. 47. 233 f. 323.

3) Vgl. S. 188 f *) Vgl. S 41 A.

6) Der Eid dieser ^--»»«Ten" in den Neuen Mittheilungen 12 91.

£inloitung. xxxvii

Wir sind der Meinäni^y dans der den Vorsitz iUlireDde Rathsmeister die vier ersten Meister zu diesem Wahicollegium zu ziehen ver- pflichtet war, weil diese Meister auch in andern Verbältnissen einen hervorragenden Einfluss ausübten und gewissennassen ,,einen Rath im Käthe", den sogenannten „heimlichen Rath** bildeten i). Derselbe be- stand im Jahre 1474 (S. 1 ff.) aus dem Worthalter der Meister Peter Schaffkopff, dem Schmied Georg Seile, dem Brauer Martin Pule und dem Fleischer Peter Meffer. Die hervorragende Stellung, welcher sich der heimliche Rath erfreute, kraft deren er besonders die Verhand- lungen mit auswärtigen Ständen und Städten geführt und ihre Bot* schafler empfangen zu haben scheint, mochte ihn auch zu der heiklen Aufgabe befähigen, in Gemeinschaft mit einem Theile des engern Ratbs die Neuwahl des letzteren selbst zu bewerkstelligen^}. Eine noch deutlichere Einsicht in dieses eigenthümliche Wahlverfahren, an welchem alle Rathsglieder Theil haben sollten, gibt uns eine um- fangreiche Beschwerde 3) der Pfänner über Innungen und Gemeinde aus dem Jahre 1475. Schon in diesem Jahre war die Rathswahl in einer von dem Herkommen und dem Rechte abweichenden Weise voll- zogen worden und bildete daher einen besondern Punkt dieser Be- schwerde. Wir lesen hier folgende Darstellung: „Denselben rath kiren ihrer achte, die der heimliche rath genant sein, so geordnet und von alters geschickt, nemlich zwene rathsmeister, der eine(r) dann von den pfennern, der ander aus der gemeinheit oder aus Innungen sein mus; item zwene bornmeister, und die andern viere sint zwene aus innungen und zwene aus der gemeinheit. Und zu der kiesung des raths müssen die acht ihre eide thun, und wann sie ihre eide gethan haben, so müssen sie zwelff manne zu einem gantzen, volstendigen, sitzenden rath bei geschwornen eide kiesen, nemlich viere von den pfennern, vier von innungen und viere von der gemeine. Und unter den vieren von den pfennern soU allezeit einer ein rathsmeister, der. ander ein weinmeister, der dritte der vierherm ein die gemeinen Sachen zu vor- hören, und der vierde ein kemmerer sein, und die ander ämpter be- stellet man mit den andern achten.'^ Das Wahlverfahren im Jahre 1475 selbst aber wird in diesem Schreiben folgendermassen geschildert: „Und haben in die kiesung des raths die drei von den pfennern zu ihnen nicht gezeicht (!) noch genommen, sondern uns pfennern allen zu höhn die drei pfenner, einen rathsmeister und zwene bornmeister aus der kOhre gestossen und in der pfenner statt ihre genossen aus Innungen und gemeinheit zu ihnen gerufen, ihrer einer den andern.

1) Noch später (im Jahre 1555) wirken die „Geheimten" zur Rathswahl mit, Dreyhaupt II. 827.

2) Derartige Ausschüsse finden sich auch in grösseren Städten und erlangen

hier öfter „die ganze Leitung der äussern und allgemeinen Politik". Schmoller, i

ätrassburg zur Zeit der Zunttkämpfe S. 51. Neben Strassburg besass damals auch \

Augsburg einen solchen geheimen Hath, v. Maurer a. a. 0. IL S. 564.

3) Hall. Handschrift der Denkwürdigkeiten Spittendorfis S. 488 ff.

zxxvm Einleitung.

ein brnder den andern i) dohin in den rath gekoren and gesatzt and uns pfenner von nnsern ehren und emptem wider gott, ehre und recht gestossen und sich in unser stette und empter selbweldigk gesatzt 2)".

Als im Beginn dieser Unruhen Gesandte der Stadt Magdeburg anfangs September 1474 nach Halle kamen, schickten sie zum Raths- meister Spittendorff und ersuchten ihn, den heimlichen Rath um sich zu versammeln: die Magdeburger wollten der Stadt ihre vermittelnden Dienste anbieten. Im October desselben Jahres erschien der Bürger- meister Heinrich Müller von Magdeburg, und der die Geschäfte des zweiten Halbjahrs führende Rathsmeister Hedrich versammelte aber- mals den heimlichen Rath um sich zu einer erneuten Verhandlang. Als femer in den Streitigkeiten wegen der unentgeltlichen Lehnsertheilnng die Fürsten von Sachsen im März 1478 einen Abgesandten nach Halle schickten, begab sich der heimlicbe Rath zu ihm in seine Herberge. Der heimliche Rath scheint auch abgesonderte Verhandlungen ge- pflogen zu haben: es kommt mehr als einmal vor, dass er die alten Räthe durch die Stadtknechte zu einer Besprechung zusammenrufen lässt. Die Heranziehung der alten Räthe ergab sich aber überall da als eine Nothwendigkeit, wo die mangelhaften urkundlichen und akten- mässigen Nachrichten aus alter oder neuer Zeit nicht ausreichten.

Die Befugnisse des engem Raths und seiner einzelnen Mitglieder können nicht genau dargelegt werden, da das im Betracht kommende Material noch zu wenig gesichtet ist. Zunächst soll noch hervorge- hoben werden, dass die beiden Rathsmeister die obere Verwaltung ab- wechselnd geführt haben: der Rathsmeister aus den Pfännern über- nahm dieselbe von dem abtretenden Rathsmeister der Gemeinheit und führte sie von seinem Eintritt um Fassnachten ein halbes Jahr hin- durch, um sie dann seinem Collegen von der Gemeinheit zu überant- worten. Im Jahre 1474 hatte nach den Aufzeichnungen der Chronik in Wernigerode Bl. 257* Bastian Grunheide die dritte Stelle im Rathe inne und war Weinmeister; nach ihm sass Hans Wale als Vierherr, welchem Hans Busse und Karl von Einhausen als Kämmerer folgten; an diese schloss sich Stephan Urbach als Bierherr, Peter Füre als Vierherrenmeister und Hans Beinroth als Holzmacher. Die übrigen drei Mitglieder des engern Rathes entbehren einer ihr Amt cha- racteriserienden Bezeichnung.

In den ersten Zeiten des 16. Jahrhunderts (J. 1510 flF.) finden wir im engem Rathe neben und unmittelbar nach den zwei Rathsmeistern zwei Kämmerer, einen Bierherrn, zwei Vierherrn, einen Weinmeister, (Weinherm), einen Komherm, einen Pulverherrn, einen Gräfenherm, und einen Rathmann, dessen Amtskreis nicht bezeichnet ist. Schon im Jahre 1516 nimmt diese letzte Stelle ein Bauherr ein. Uebrigens ist die Aufeinanderfolge der Stellen in diesen Jahren nicht mehr eine

1) Bezieht sich offenbar auf Georg Seile, vgl. S. 41.

2) A. a. O.BL 442ab. Vgl. übrigens Dreyhaupt ü. 305. 327.

Einleitimg. xzxix

guiz feste. Nnr die beiden Kämmerer haben ohne Ausnahme die dritte and vierte SteUe inne.

Bevor der alte Rath abtrat, mossten auch Innungen und Gemein- heit ihre Wahlen zu den Meistern, also zu dem Vertretungskörper der ganzen Gemeinde, voUzogen haben: denn die abtretenden Meister präsentierten dem Rathe der . Zwölf ihre Nachfolger. Der Tag der Wahl ist, wie bereits erwähnt wurde, Dinstag nach Invocavit

Der alteKath war auch in Halle dem neuen rechenschaftspflichtig: wir sehen, wie am 16. März 1476 der abtretende Rathsmeister Hans Seile dem neu antretenden Hans Laub Rechnung legt Wie in andern Städten wurde der abtretende Rath auch mit einer Festlichkeit beehrt: der neue Rath hielt mit den alten d. h. abtretenden Meistern nach alter Sitte eine Mahlzeit jedenfalls auf dem Rathause, wo auch sonst in diesen Jahren derartige Festlichkeiten gefeiert wurden.

An den erwähnten Geschäftskreisen des engeren Raths hatten auch die 15 Meister der Innungen und Gemeinheit TheiL Zu den beiden Käm- merern des engem Raths traten noch zwei Kämmerer aus den Meistern, die beiden Worthalter. Und in gleicher Weise wurden auch den fibrigen Mitgliedern des Raths eine gleiche Zahl der Meister zur Seite gesetzt: es gab also vier Kämmerer i), zwei Weinmeister, zwei Gräfen- herm, zwei Komherm, zwei Pulverherm, zwei Baumeister und vier Vierherm. Dabei mussten einige Meister ohne besondere Befugnisse erscheinen : sie bildeten ohne Zweifel eine Art Ersatz in Behinderungs- oder Todesfällen.

Dass diese Geschäftsvertheilung keine Neuerung des Erzbischofs Ernst ist, steht fest; die Befugnisse der einzelnen Rathsherm und Meister wmren auch schon in frtlherer Zeit, wie aus Spittendorffs Dar- stellung hervorgeht, die gleichen oder wenigstens ähnliche. Nur eine bemerkenswerthe Aenderung war schon im Jahre 1477 eingetreten: zu den vier Kämmerern wurden damals nur Mitglieder der Innungen und der Gemeinheit gewählt, keine Pfänner.

Das Regiment der Rathsmeister war ein sehr strenges, obwol den- selben eine auf ihr altes Herkonmien und ihre bürgerliche Freiheit stolze G^neinde g^enttberstand. Auch die Grcmeinheits- und die In- nungsmeister haben in diesem höchsten Amte mit einer Würde, ja mit einer so souveränen Zuversichtlichkeit geschaltet und gewaltet, dass man daraus sehliessen muss, dass ein gesellschaftlicher oder ein durch höhere Bildung bedingter Unterschied zwischen den einzelnen Bürgerklassen nicht vorhanden war. Der Rath ertheilte in jenen Jahren der Be- wegung den Pfännem ohne weiteres Hausarrest, wies sie in das Ge- fängnis, liess sie Tage lang auf dem Rathause, ja sogar auf den Stadt, thflrmen sitzen, ohne dass sich für die reichen und vornehmen Leute nnr eine Hand in der Stadt regte. Im August 1477 hatten drei

1) Ebenso viel Mitglieder zählte diese Behörde in Magdeburg. S. Hoffmann, a. 0. L & 207.

XL Einleitung.

alte, ehrwürdige Männer so lange auf dem Thurme gesessen, dass sie alle drei lange graue Barte bekommen hatten. Mit diesen wollten sie nach ihrer Entlassung, um Aufsehen zu erregen, in ihre Häuser gehen. Allein der Rath Hess nun die Männer zwangsweise barbieren, nachdem er ihnen vorher diese Gunst versagt hatte. Immerhin aber wird man bei diesen und ähnlichen Verwaltungsmassregeln des Rathes im Auge behalten müssen, dass er des Rückhalts bei dem Landesherm und dem Domcapitel vollständig sicher war.

Trotz dieser bedeutenden Macht, deren sich die städtische Regierung erfreute, hatte sich die Gemeinde doch ein sehr wichtiges Recht vorbehal- ten , das der jährlichen Steuerbewilligung. Ohne Genehmigung der Ge- meinde waren selbst die Meister imRathe ausser Stande, dem engeren Rathe den jährlichen Schoss zu bewilligen. Wenn man einen Schoss bedarf, so sollen sie es thun mit Willen aller derer, die zu Halle Bürger sind, lauten die Worte der Willkür. Die grossen Wirren, welche zuletzt zur Einnahme der Stadt durch den Erzbischof führten, gehen auch von den Streitig- keiten über dieses der ganzen Bürgerschaft vorbehaltene Recht der jährlichen Steuerbewilligung aus. Die Meister des Jahres 1474 be- haupteten von ihren Wählern den Auftrag erhalten zu haben, den Schoss nicht eher zu bewilligen, als bis der Rath ihnen gewisse Zu- geständnisse gemacht habe, welche dem Ansehn und den Rechten der Pfänner bedeutenden Abbruch thun und auf ihren Gewerbebetrieb den grössten Einfluss haben mussten. Die Schoppen auf dem Berge sollten nicht mehr zu Bornmeistern gewählt, und dem Rathe die Mitwir- kung bei der Bestimmung der Salzpreise zugesichert werden. Ja selbst die Vorbereitungen zur Festsetzung der SaJzpreise, welcher sich die Verschläger zu unterziehen hatten, wollte man vor den Rath ziehen!). Indem man die Schoppen von dem Amte der Bornmeister (Oberbommeister) ausschloss, wollte man also auch ihren Eintritt in den Rath verhindern, an welchem sie als oberste Thaibeamte Theil hatten. Es war das Streben, die Rechtspflege von der Verwaltung ge- trennt zu halten, und die Vereinigung beider Gerichte in den Händen weniger durch Bande der Verwandtschaft vielfach verknüpfter Familien au&uheben^, welches den Rath bestimmte. Da bereits im Jahre 1434 durch den Schiedsspruch des magdeburgischen Raths die Wahl der Schoppen in den Rath untersagt war^), so hätten sich die Raths- herren sogar auf das Gesetz berufen können. Indessen scheint das- selbe eben nicht streng beobachtet worden zu sein. Auch in andern Städten waren übrigens durch die Willküren oder andere gesetzliche Bestimmungen die Schoppen längst vom Rathe ausgeschlossen, z. B. in Magdeburg bereits seit dem Jahre 1336 oder 1337. In Kresse's An- nalen Bd. I. S. 507—510 findet sich eine magdeburgische Willkür,

1) Vgl. S. 2.

2) Vgl. die lehrreiche SteUe S. 81 f 8) S. XXXn Anm.

Einleitung. xli

welcher wir nachBteheDdeBestiinmnDg entnehmen: ;,Welek unser borger Yon ausser tydt mehr to schepen gekoren werdt und blifft scheppe, de sehal nein rathman und mester wesen upper loven, und is ienig man in dem rade, de to schepen gekoren werdt und blifilt scheppe, in des stede schal man einen andern man kiesen nach der wiese, alse man rathmanne und meister pleget to kiesene" ^).

Als die sieben Vertreter der Pfänner im Bathe sich weigerten auf diese Forderungen einzugehen, suchten die Meister ihren Willen auf anderem Wege durchzusetzen. Sie drangen in die Rathmannen vom Thale und in die Bommeister, „abzutreten^' d.h. yon den Sitzungen des Bathes fem zu bleiben und also den Beschlüssen der Bathmannen aas Innungen und Gemeinheit die ganze Streitfrage zur Entscheidung za tiberlassen. Auch diese Forderung war, felis wir anders die Will- ktUr recht yerstehen, eine gesetzlich begründete, wenn sie vielleicht auch niemals gegen die Pfänner in Anwendung gebracht worden war. Die Willkür enthält einen Satz, welchen wir etwa als einen Para- graphen der Geschäftsordnung für die Bathssitzungen bezeichnen könnten, nach dem die interessierte Partei sich der Theilnahme an den Sitzungen enthalten sollte 2). Man konnte sich hierbei femer auf einen ganz ähnlichen Vorgang, wie er die Innung der Futterer betroffen hatte, berufen, welche sich gleichfalls hatten müssen überstimmen lassen , als sie der Bath mit ihrem Geschäftsbetrieb vor die Thore der Stadt verwies^).

Und da nun der Bathsmeister von der Gemeinheit endlich sich mit den letzten Forderungen der Meister einyerstanden erklärte, brach auch unter dem sitzenden Bathe Zwiespalt aus^). Da machten die Pfänner einen vermittelnden Vorschlag und genehmigten das Abtreten der Bornmeister: „und was die 12 rathmanne, die vom rathause ver- kündiget seindt, dan nach schult und antwort erkenneten, damach selten sich die bommeister halten''^). Allein der Bathsmeister Hed- dersen mit seinem Anhange hatte sich dem Anschein nach bereits früher mit dem Landesherrn in Verbindung gesetzt und brachte in Folge davon mit dem heimlichen Bathe d. h. hier wol mit den ersten vier Meistern des weiteren Bathes die ganze Angelegenheit vor den Erzbischof. Die landesherliche Begierung aber ergriff die Sache mit am so grösserer Energie, als sie bis dahin nicht nur einen sehr ge- ringen Einflusd auf das Thalregiment ausgeübt hatte, sondem auch der pecuniäre Gewinn aus dem ganzen Salzwerke fast ausschliesslich den Pfännem zu Gute kam. Dem Anschein nach besass der Erzbiscbof damals überhaupt gar keine Solgüter mehr, deren Ertrag ausschliesslich der landesherlichen Kasse zugeflossen wäre.

1) Vgl übrigens Hoffmann, Gesch. der Stadt Magdeburg L 208 ff.

2) Vgl. S. 3 A. a 14.

») Vgl. 8. 85 u. Neue Mittheilungen 12 S. 90. *) Vgl. a 4. 5) Vgl. S. 10.

lOJi Einleitong.

Schon in den Anfängen dieser Streitigkeiten erkannte der Ratli von Magdeburg die Lage der Dinge f ttr sehr bedenklich nnd bot daher seine Yermittelung an. Allein da die landesherliche Regiemng die günstige Gelegenheit ergriff, um die ganze Verwaltung der Pfänner einer ge- naueren Prüfung 2u unterwerfen, war diese Yermittelung Magdeburgs und der Hansestädte überhaupt von vornherein erfolglos.

Der Erzbischof Johannes belegte eine grosse Anzahl Pfänner mit empfindlichen Geldstrafen, welche wol kaum schon vollständig ent- richtet waren, als mit dem neuen Regiment des 'Erzbischofis Ernst eine abermalige und viel härtere Prüfung über die Aristokratie der Stadt verhängt wurde. Die Pfänner glaubten den Anspruch auf unentgelt- liche Ertheilung der Lehen erheben zu dürfen, hatten aber verabsäumt, denselben vor der Wahl zur Anerkennung zu bringen. Als sich nun die sächsischen Räthe überzeugten, dass ein unumstösslicher urkundlicher Beweis für einen derartigen Brauch nicht beigebracht werden könne, benutzten sie diese Gelegenheit, das landesherliche Ansehn auf jede Weise zu kräftigen und zu stärken und die Freiheit der Stadt einzu- schränken. Die sächsische Politik aber fand merkwürdiger Weise ihre besten Stützen im Domkapitel und im Adel des Erzbisthums, und so blieb den Pfännem nichts übrig, als sich entweder zu fU^en oder mit Hilfe der benachbarten Hansestädte wie Magdeburg und Halberstadt den Widerstand zu organisieren. Sehr merkwürdig, dass ein Bischof von Meissen es war, Johannes von Weissenbach, welcher die politischen Bestrebungen der sächsischen Herzöge gegen eine bischöfliche Stadt leitete: ein Bischof, dessen Nachfolger noch auf die Reichsunmittelbarkeit Anspruch gemacht haben. Der Bund der Hanse- städte aber hat Halle so wenig wie Quedlinbui^ zu retten vermocht: er wich vielmehr einem feindlichen Zusammentreffen mit dem damals mächtigsten deutschen Fürstenhause in scheuer Verlegenheit aus.

So bildet die Einuahme der Stadt Halle ein nicht unwichtiges Glied der politischen Pläne, durch welche die wettinischen Fürsten ihre einflussreiche Stellung im mittleren Deutschland zur tonan- gebenden zu erheben strebten. Nachdem die Erzbisthümer Magde- burg und Mainz in die Hände der beiden jugendlichen Söhne des Kurfürsten Ernst gelangt waren, schien es eine Zeit lang, als ob Sachsen zur Lösung der höchsten Aufgaben im Reich bestimmt sei.

Die Herschaft oder der hohe Einfluss der Pfänner auf das städtische Regiment ist mit der Neuordnung der städtischen Verwaltung durch Erzbischof Ernst für immer gebrochen worden. Die Pfänner- schaft wurde ihres Standescharacters, so weit er in der Stadtverfas- sung einen Ausdruck fand, förmlich entkleidet, so dass sie in der übrigen Bürgerschaft aufging. Die Regimentsordnung des Erzbischofis vom 18. März 1479 enthält die ausdrückliehe Bestimmung, „das diejenigen in der Stadt Halle, die das thalguth in derselbten Stadt sydende pfen- ner vormals gewest ader nuwlich worden sind ader noch in zukunff- tigen Zeiten werden mögen, nicht eyne sunderliche innunge,

Einkitong. xun

sampounge ader bruderschafft seyn sollen, sondern ein igUcher, der pfanwergkt nnd send ader ein pfenner ist, sali in der innunge, darinne er ein innongsbnider ist, ader ob er in keyner innonge were, in der pfarre, darin er gebort, bleyben ane geverde'' ^). Im Stadt> rathe bildeten diePfänner nun nicht mehr wie früher eine dnrch Verfassung and Herkommen geschlitzte Interessengemeinschaft, welcher eine Raths- meisterstelle nnd bestimmte Rathsstellen überwiesen werden mossten. Die Stellung des Rathes aber, welcher durch dieselbe Urkunde des Ertr bischofis Ernst der landesherlichen Bestätigung unterworfen wurde, der femer das Jahrhunderte lang ohne Widerspruch der Erzbischöfe aus- geübte Bündnisrecht verlor, hat in anderen Beziehungen durch die- selbe Reform gewonnen. Die ganze Verwaltung der Thalgeschäfte hat der Erzbischof nicht selbständig in die Hand genonmien, sondern er hat sich in dieselbe mit dem Rathe getheilt. Mit dem Rathe zusam- men wählte der Vertreter des Landesherm nach der Ordnung vom 24. Sept. 1482 die drei Oberbommeister nnd zwar einen aus denen, die da sieden 2), einen aus den Innungen und den dritten aus derGremein- beit, die eigen Solgut haben und nicht sieden^' ; und in gleicher Weise gingen auch die vier Vorsteher und die vier Verschläger aus einer gemeinschaftlichen Wahl hervor. Auf dem Rathause vor landesher- lichen Beamten und dem Rathe wurde das Solgut verlegt; die Schoppen des Thals „setzte'^ der Erzbischof gleichfalls in Gemeinschaft mit dem Rathe. Ja sogar die Oberaufsicht über die ganze Verwaltung and den Betrieb des Salzwerks ist dem letzteren antheilweise urkundlich zugesichert worden s).

Aus den von den Pf ännem abgetretenen Solgütem bezog nun auch der Landesherr nicht unbedeutende Einnahmen.

Das in Beilage VH. S. 504 flF. mitgetheilte Rathsverzeichnis ist dem Exemplare des hiesigen Magistrats entnommen, welches seit Jahr- hnnderten dem amtlichen Gebrauche gedient hat. Dasselbe besteht in einer Papierhandschrift in grösstem Folio, deren Eintragungen vom Jahre 1400 bis zum Jahre 1747 reichen*). Diese Eintragungen können zam grossen Theil als Original gelten, wenn sie vielleicht auch erst am Schlüsse des Jahres aus der Mutterrolle zusammengeschrieben wurden. Nur die bis zum Jahre 1530 reichenden Mittheilungen sind erheblich später, vielleicht erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahr- hunderts geschrieben. Die nicht paginierte Handschrift enthält zu- nächst ein coloriertes Vorsetzblatt, auf welchem sich das bekannte

V Vgl Dreyhaupt D. 809.

*) Das Wort Pfänner wird sichtlich vermieden.

8) Vgl. hierüber die Urkunde des Erzbischofe Ernst vom 24. Sept. 1482 bei Hondorff (Dr. I.) S. 168—174.

*) Der Einband ist erst im siebzehnten Jahrhundert hinzugefügt; bei dieser Gelegraiheit hat der Buchbinder im ersten Theile oben und unten den Text durch Beschneiden verletzt.

XLiv Einleitung.

Stadtwappen, der Halbmond mit den beiden Sternen, in einem Schilde befindet. Ganz ähnlich gehalten ist das Blatt für die £iDzeicbnimgen des Jahres 1530. Auf das Vorsetzblatt folgt das Blatt f ttr die Ein- tragungen des Jahres 1400 mit der Ueberschrift: „Im XIV. Jare nach Christi gehurt REGNANTlßVö CONSVLIBVS". Die Vorder- seite des Blattes ist in drei Golumnen getheilt, von denen nur die mittelste beschrieben ist: sie enthält unter der Ueberscbritt y^Facti sunt cives" die Namen derjenigen, welche in diesem Jahre das Bürgerrecht erhalten haben. Der obere Theil der Seitencolumnen und die obere Fläche tlberhaupt sind mit buntgemalten Kreisen ver- sehen , von denen zwei die Inschrift „Ratsmeister" tragen. Aebnlich wenn auch einfacher sind die folgenden Blätter gestaltet. Zu beiden Seiten der Mittelreihe sind jedoch vom Jahre 1401 an 6 Namen einge- tragen, in denen wir offenbar die Namen des Rathsherm za sehen haben i). Vom Jahre 1407 an erblicken wir über der Mittelreibe noch die Namen der Bathsmeister, während wir rechts und links von der- selben nur noch je ftlnf Namen, bisweilen auch einen weniger lesen. Mit dem Jahre 1427 tritt eine neue Aenderung ein: links von der Mittelreihe stehen jetzt 10 Namen und rechts von derselben 18, wie es unser Abdruck anschaulich macht ^). Auf der linken Seite sind die Mitglieder des engem Raths ausser den Rathsmeistem, auf der rechten die dem weiteren Rathe angehörigen Meister der Innungen und der Gemeinheit und die Bornmeister verzeichnet. In diesen ersten Jahr- zehnten reicht die erste Seite eines Blattes oft; für die Eintragungen hin; den Namen der Btlrger sind hier keine Zusätze irgend welcher Art beigefügt. Später stossen wir auf solche: so lesen wir z. B. im Jahre 1459 „Paulus Nopel Magister Artium'^ ; mit dem Jahre 1462 aber wird den Namen der neuen Bürger eine Bemerkung über die Kosten, welche die Erlangung des Bürgerrechts veranlasste, beigefügt. So erfahren wir, dass im Jahre 1473 Hillebrant Putman dem Kammer- schreiber die Büchse 3) erlassen worden ist. Vom Jahre 1492 an tritt auch der Name des die Bürgschaft übernehmenden Altbürgers (promotor) hinzu, und hierauf häufen sich die Zusätze und zwar auch zu den Namen der Rathsmitglieder, welche nach ihrem Geschäftskreise be- zeichnet werden. Im Laufe der Jahre wachsen so die einzelnen Eintragungen an Umfang, besonders als die Bezeichnung des Benifcs und der Herkunft der Bürger und anderer Verhältnisse hinzu- tritt. In noch späterer Zeit ist auch bemerkt, welchen Personen Erbe aus der Stadt verabfolgt worden ist Der seiner grossen Reichhaltig- keit wegen ausserordentlich wichtige Band enthält vortreffliches Ma-

1) Die Namen der Rathsmeister vom J. 1401 1427 und auch andere scheinen nicht aUe gleich sicher zu sein. Wir verweisen zum Vergleich auf Ureyhaupts Liste (Bd. II. 340 ff.), vermögen aber hier nicht einmal <Se wahrscheinlichen Ver- aaüassungen der Abweichungen anzudeuten. Von der Ueberschrift des erst. Bl. ist C(entum) abgeschnitten.

2) Die Zahlen sind von uns hinzugefügt. 8) Vgl. Neue Mittheilungen 12 S,87 f.

Einleitiing. zlt

ZOT Geschichte des deatsdien Büi^rthonis and ist von ans zum ereten Male eiDgehender benatzt worden.

Ein zweites Brachstfick der Bathslinie bietet ein Pei^amentmana- seript des Magistrats in FoUo anter dem Titel SENATVS HALLENSIS. Das ftrachstiick enthalt die Bathslinie vom Jahre 1405 bis zom Jahre 1655. Jede in zwei Abtheilongen zerfallende Seite omfasst im Anfange 4 Jahre; von 1428 an stehen jedoch nar die Namensverzeichnisse zweier Jahre aof einem Blatte. Die Namen des voraosgehenden 1427. Jahres zerfallen bereits in vi^ Gruppen : die erste amhsst die 12 Mitglieder des engem Bathes; anter der Ueberschrift ^^Magistri eommonitatom'' folgen darauf acht Namen, and anter der Ueberschrift ^yMagistri nnionom^' sieben; die drei letzten Namen werden mit der Bezeichnang ^^Magistri fontiom'' angeführt; sehon im folgenden Jahre fallen aber die Ueberschrülen ^ Magistri commanitatom'' and »^Magistri nnionam'' fort, and die betreffenden 15 Personen werden anter der Ueberschrift ^omina magistronun^ aufgezählt Die Namen der Jahre 1436 nnd 1437 fehlen hier gänzlich; das f&r dieselben bestimmte Blatt ist leer geblieben. Die späteren Eintragungen sind gleichfalls mit mancherlei Bemerkungen versehen. Das Ganze scheiut eine sehr sorg- fältige Abschrift za sein, deren ältester Theil wol nicht vor der 2. Haute des 16. Jahrhunderts gesdirieben ist Die späteren Theile sind aas don 17. Jahrhundert Die Namen der Bfliger, welche Bfirgerrecht erlangt haben, werden hier nicht genannt Wir haben in ons^m Abdruck die von der ersten Bolle abweichraden Namen unter Aem SIricbe beigeffigt An dieses Verzeichnis schliesst sich in derselben Handschrift die Liste der Thalbeamten vom Jahre 1479 bis zom Jahre 16^. Es werd^i gewöhnlich (Ue Namen der 3 Oberbommdster, der 4 Vorsteher, der 7 neaen Schippen and (seit 1483) der 2 alt» Schöpp^ an^gef fihrt Andi die Vorstehar werden roäter ab zwei alte and zwei neue unterschieden, endlich sind aacn die Verschiäger namentlich genannt Mit dem Jahre 1600 treten nnr 6 neue Schoppen anf. Die Handsdirift war sicherlich ein amtliches Exemplar des Baths oder der Thalbeamten, wie sich ans der kalligraphischen Herstellung scfaliessen lässt Der Einband in nidit Obel gepresstem Leder mit Figuren ist leider verkehrt eingesetzt, so dass die Figuren aof dem Kopfe stehen.

Den Text der rortiegeJiden Denkwürdigkeiten der Orthographie des 16. Jahrhonderts getren abdruckoi za lassen, konnten wir uns nicht überwinden. Es sind vielmehr die Consonantenhäofongen be- Bonden im Auslaute, wenn sie f flr die Aussprache ganz bedeotongslos erschienen, verdnfaeht worden. Das ^nn^ des Inf. Praes. ist in ,^^, das ,,ett^ oder ^^tte"" des Part Perf: Pass. ist in ,,et" and ,,te^ ver- wandelt worden. Sehon im 15. Jahrhundert worde ^ im Auslaute in mittddeatschen Gegenden oft za „gk"*: unser Abschreiber des 16. Jahr- «hnndolB folgt dieser Gewohnheit, ohne sie jedoch konsequent durch- zof fihreo. Allein er kfiizte andi einige Ortsnamen mit diesem Af**''^'^

XLvi Miüeitimg.

and zwar sehr häufig ab, z. B. Magdeburg (M. Magd.). In Folge da- von hat der Druck das „gk" oder gar „ck" in dem Worte burgk, burck und seinen Zusammensetzungen nicht bewahrt, sondern der Gleich- mässigkeit wegen ist überall ,,g^' eingesetzt. Sparsamer ist mit Gonso- nantenveränderungen im Inlaute verfohren worden: doch hat der Herausgeber beispielsweise fttr vollständig unnöthig erachtet, dem Worte „antwortete" bald vier bald ^fänf bald sechs Tenues zu- kommen zu lassen; „antwortt" dagegen fttr „antwortet" oder ant- wor„tete" wurde beibehalten. In den Vokalen ist nur in sehr seltnen Fällen, und zwar nur wo ein Versehen des Abschreibers vor- zuliegen schien, geändert worden. Die Namen sind unveiilndert ge- blieben bis auf die oben erwähnte Ausnahme (Spittendorfl); die Ab- weichungen derselben hat das Register zusammenge£Btsst.

Schliesslich verfehlen wir nicht, allen denjenigen hochgeehrten Körperschaften und Greschichtsireunden, welche die Veröffentlichung dieser Denkwürdigkeiten unterstützt haben, unsern verbindlichsten Dank abzustatten. Den ersten Anlass zur Herausgabe derselben bot ein Beschluss beider Behörden der Stadt Halle vom 4. Januar 1875, welcher dem Thüringisch -Sächsischen Geschichts- und Alterthumsvereine eine Summe für die Vorbereitung der Veröffentlichung in liberalster und dankenswerthester Weise zur Verfügung stellte. In Folge hiervon entschloss sich dann die historische Gonmiission der Provinz Sachsen den Rest der Kosten aus den ihr von der Vertretung der Pi'ovinz be- willigten Mitteln zu decken.

Für die freundliche Förderung des Werkes ist der Unterzeichnete insonderheit dem Königlichen Staatsarchivar Herrn Geheimen Archiv- rath von Mülverstedt sowie Herrn Archivar Dr. Geisheim, femer den Herren Prof. Fedor Bech in Zeitz, Prof. Dr. Dumm 1er in Halle, Gjmnasiallehrer Dr. Hertel in Magdeburg, Archivrath und Biblio- thekar Dr. Jacobs in Wernigerode, Archivrath Kindscher in Zerbst, Gymnasialdirector Dr. Schmidt in Halberstadt und Professor Dr. Seh um in Halle zum herzlichsten Danke verpflichtet. Der Ab- schrift der zweiten Handschrift hat sich Herr Dr. Rackwitz (jetzt in Nordhausen) unterzogen.

Halle, am 6. März 1880.

Dr. J. 0. Opel.

Inhaltsverzeichnis.

Seite.

Einleitung i xlvi.

Denkwürdigkeiten des Rathsmeisters Spittendorff . . 1 464

Seite.

a. 1474 1—33.

b. 1475 34—168.

c. 1476 169 231.

d. 1477 232— 279.

e. 1478 280 406.

f. 1479 407 440.

Beilagen 465—518.

Seite.

I. Spittendorffs Berichte über die Jahre 1473

und 1474 465 483.

n. Der Abbruch der Gewandbuden in Halle . 483 484.

m. Urkunden des Papstes Sixtus IV. . . . 484 488.

IV. Urkunde des Kurfürsten Ernst von Sachsen und seines Bruders, des Herzogs Al- brecht (13. Juni 1478) 487—489.

V. Schreiben des Raths von Halle an den

Erzb. Ernst 489—498.

VI. Verzeichnisse der bestraften alten Pfanner und der in ihre Güt^r eingesetzten Personen 500—503.

Vn. Rathslinie der Stadt HaUe von 1401 1472 504 518,

xLvm Inhalts -YerzeichmB.

Seite.

Wortverzeichnis von Pedor Bech in Zeitz 519 545.

Personen- und Ortsnamen 546 568.

Seite.

Hallische Ortsbezeichnungen 566 568.

Sachregister 568—581.

Druckfehler und Verbesserungen 582.

1474 Juli.

Zu mercken, das im 1474. iahr, do der rath^ den meistern befahl, Bl. 1^ ein iglicher an die seinen zn bringen, das sie den rath mechtigen wol- ten des geschosses^, so wart gemarckt, das zwar uff das iabr nicht meister waren im rathe, die den iriede, eintracht und liebe in der Stadt belibeten, sondern unglfiek und zwitracht zu machen, darnach sie dann sehre stunden.

Peter SchaSkopf hilt der meister wort und wart heuptman, lorge Seile, ein Schmidt, Herten Pule, ein prauer, Peter Meffer, ein fleisch- hauer, die 4 waren im* heimlichen rathe, diselbigen Schäften vil wan- ders, den diselbigen die andern meister zu ihnen zogen, BemertSchenckel mit dem einen äuge, ein becker, Simon Lischkaw, war ein fleischhauer, Peter Eisenberg, ein schuster, lacoflF Clos*», Peter Schlesinger. Diese alle dan zusanmien hilten und hatten etliche in den parten zu sich gezogen, als Peter Baltzer, ein goltschmidt, Hans Gerlich, lacoff Schaff- kopf, AsmusBindeauff, Hans Lob^, Brosius Zelschsen und andere ihrer

in. ^ Cle«.

^ Senatus Hallensis 1473: Mattis Pegaw und Hans Loub raths- melstere. Hans Schmedt, Baltzar Aldenburg, Glorius Eober, Lorentz Holzappel, y&Ientin Eetz, Claus Hoppener, Nickel Kaitzsch, Michel Seidenscbwantz, Paul Fleisch- hauer, Mattis Brandis. || Niclaus Zelsin, Yester Breszewitz, Fritz Schs^, Hans Meister, GfliaxEldiste, MattisWigant, Hans Eorsener, Hans Hauwensblumlein, JacoffZimmerman, Peter Flogel, Asmus Bintuff, Peter Baltzer, Jacoff Schaff kopfif, Baltzar Beter (Becker?), Wentzlaus Koch. Magistri fontium: Benedictus Polgke, Drewes Fischer, Sander Brackenstet.

Senatus Hallensis 1474: (Mattes?) Marcus Spittendorff und Hans ?on Hederssen rathsmeistere. Bastian Grunheide, Hans Wale, Hains Busse, Carl Ton Einhusen, Steffim Urbach, Peter Füre, Hans Beinroth, Heinrich Rule, Caspar Moller, Glorius Wuntzschk. || Peter Schaffkopff, Jurge Seile, Merten Bule, P^ter Meffer, Burckhart Schirmeister, Claus Cuntzman, Peter Petzsch, Bemt Sdienckel, Simon Leskau, Nickel Isenberg, Sixtus Rubel, Glorius Moller, Jacoff Kloss, Peter Schlesiger, Burckhart Fust. Magistri fontium: Claus Scha£&tedt, Lorentz yon Rü- den, Peter Spiss. Vgl. hierzu die Darstellung der Rathsver&ssung in der Einleitung.

2 Nach der von Förstemann (Neue Mittheilungen des thür.-sächs. Vereins 12. 66 £) abgedruckten Willkür, welche höchstens einige Jahrzehnte vor dieser Zeit entstanden ist, konnte den Schoss nur die ganze Bürgerschaft bewilligen. „Wenn man eyns schoss bedarff und das setczen sal, das sollen sie thun ndt aJle der wille, die czu Halle besessene bürgere seyn^^ üeber die Natur der Abgabe ist J. Chr. v. Dreyhaupts Beschreibung des . . Saal-Kreyses H. 396 zu vergleichen; die Vorbe- reitimgen zu ihrer Aufbringung sind aus zahlreichen Stellen unserer Darstellung z. B. BL 168*, 250^, 253 *', 262», 268^ ff. ersichtlich. Gerade hierin trat nach der Ein- nahme der Stadt eine gründliche Veränderung ein, wie sich aus Bl. 316» ergibt.

^ HansLaub, Innungsmeister undMitgued desRaths im Jahre 1464, Meister im Rath 1467 u. 1470, Rathsmeister 1473 und 1476. In den letzten Jahren ge- hörte er dem Gertrudenkirchspiel an. Er wurde, wie weiter unten erzählt wird, im

Cktehlchttq. d. Pr. Saoh««n. XL 1

2 Marcus Spittendorff.

geselschaft mehr, das wunderkOpfe waren, die dem rathe und nemlich nmb der vom* tale willen faste widerstand zufügten durch die meister so das der rath des geschosses nicht gemechtiget werden mochte dal durch das die meister etliche durch ihren bösen rath, den sie' den pflagen zu halten, als vor geschriben stehet, etliche stucke an den rath brachten, die ihn die ihren selten befohlen haben, als sie sprachen und das doch nicht so gantz was, sondern sie selber mit etlichen Tor ' geschribenen erdichteten, uff das sie die vom tale gerne schwechen weiten, da sie dan gantz sehr mit umbgiengen.

Nun folgen die 4 stucke, die sie vorbrachten: nendich das eine sie weiten, das der rath mitsampt den meistern^ das saltz zu setzen selten mit zu thun haben mit den pernmeistem; das ander stuck was das die vorschleger im tal uff dem rathause vor dem rath vorschlagen selten, das dritte stuck, das man die scheppen uff dem^ berge nicht solte kiesen zu bommeistem.

Diiöse 3 stucke gaben sie dem rathe vor, das die parten ihnen das so befolen betten ; sondern sie selber mit ihren vorgeschriben rathen (?) den sie sonderlich suchten, hatten sie in sich gestackt und nicht die' parten gemeine, die mochtens nie nicht gewenet haben.

Wider dise stuck satzten wir uns, die vom tale, und weiten schlecht darin nicht gehen. Sendern die andern im rathe, die bey uns Sassen und dem rathe zugleich geschworen hatten, die wilkire zu hal- ten, die betten uns lassen hinzihen, sondern Hederschen, Carol von JEinhausen* und Peter Fuhre, die stunden uns bey; aber die andern Steffen Werwich (!), Hans Beinroht, Heinrich Ruhle, Casper Muller, Glorius Wunsch waren alle .unsere feinde, blisen als die bösen geister uff die vom« tal.

Do wir 4 vom' tale die stucke nicht ingehen weiten, brachten sie an, wir vom« tale selten abtreten, das weiten die parten gehabt haben. Aber die meister mit ihren vorgeschribenen ratgebem hatten das selber den parten vorgegeben. Wir vom tale weiten nicht und meinten, es were nicht gewöhnlich, sondern es were eine nenigkeit baten, das sie das mit uns nicht vomemen weiten, sondern uns zulassen als andere vor uns gesessen, und fast vil mehr wort, das wir uns mit werten sehr underredten, aber nicht endlich waren etc. Bl.l*> II Waren die meister gantz wunderlich mit ihren werten, wir selten

abetreten, es solte anders werden, und selten sie die köpfe lassen und wunderliche rede und wort mannichfalt, der ich nicht alle schrei- ben kan, und wir armen vom tale uff die zeit keinen beyfall hatten» sondern gott, Carrel von Einhausen»» und Peter Fuhre stunden feste bey uns, die andern verlissen uns alle.

* von, »» Meinsten. c den. ^ Endtluuuen. von. f von. « von. ^ Endthanwn.

J. 1479 auf der Rückreise von Leipzig nach Halle vom Blitz erschlagen. Im Jahr 1460 wurde Claus Laub Bürger, welcher 1479, 1486, 1489 wid 1492 im Rathe sass Auch ein jüngerer Hans Laub erscheint noch später 1494 , 1497 als Rathsmitglied

1474 Juli. i

DffB donnerstag Pantaleonis (28. Juli) frue nmb 6 waren alle par- ten zosammen, das hatte der rath befohlen, nmb das der rath wolte zn ihn* gehen and selber verhörongk haben. Ehr der rath zu den parten ging, waren wir 12 rathmannen nfi dem rathaose und hüten ein gespreche, wie wirs anbringen wolten vor den parten. So waren wir des so znfiriden, das die 4 stucke, die die meister von der ihren wegen an den rath bracht betten, nemlich das saltzzn setzen, nmb die vorsehleger, mnb die schöppen and nmb das, das die vom tale alle 7 abetreten solten , dieselbigen stncke lissen wir ans bedancken, sie weren nicht wol vorzanemen nmb des willen, es were eine neaigkeit, es were aach nie mehr gewesen, sondern die vom taie, nemlich 3 bormneister and 9 scheppen, die ihre eide gethan betten zam tale, die betten allewegen das saltz geregiret; mit den yorschlegem hette man das aach aUewegen gehalten, so als vor alters gehalten ist: die obersten bommeister^ befehlen den vorscblegem nicht, wie sie vor- schlagen solten, sondern sie mOgen in sagen, das sie ein nfisehen haben, das eim iglichen gleich geschieht, aber anff ihre eide, die sie zam ver- Bchiagen gethan haben, da reden ihnen die bommeister nicht äff. Umb das abetreten, das die vom tale alle 7 solten abtreten, meinte der rath aach, die wilekire hilt es nichts das wir nnn iemants hoher be- trengen solten, weren wir nicht geneiget; wir lissen ans aach des be- dancken, da keme äff lengere zeit gros hass and neidt von, das vor die Stadt nicht were, daramb were anser meinang, wir woltens halten nach laut and Inhalt der wilekire. Desgleichen nmb die schöppen, das die nicht solten gekoren werden zn bommeistem , lissen wir ans be- duncken, were wider die wilekire, den sie wisten wo], was die wilkire in sich hüte; darumb weren wir nicht geneiget, das wir iemandt ver- werfen wolten^, es were den, das man bessern grandt wiste, das ein solches mit gleiche geschehen möchte, and baten die in den parten, das sie selber mit znraten wolten, anff das diese dinge gattlich möchten beygeleget werden, and der rath das geschoss krigen möchte, war nnser bitte etc.

Uff den sonnabent nach Pantaleonis (30. Jnli) brachten die meister das wort zasanmien, so war das gleich als vor. Sie sprachen, die ihren betten ihnen anders nicht befohlen, den die 4 stncke sol- len einen fortgang haben , and sonderlich die vom tale solten ab- tretten. Da hatten wir faste ein gespreche, das wir 12 im rathe

flun. l> bonunaiitem. «^ wolte.

^ Die PfiLnner meinten also , dass der Abschnitt in der "V^^Ukür »De hÜB qui Gebeut cedere consolatui" mit Unrecht auf sie angewendet werde. ^Wer eyn man ^ ntte ondir den vom tale, nndir den mejstem, undir den yom bärge, deme der ^ etczwas czu czusprechen hette addir seynen fi*unden, der man nnd seyne frund sollen abe treten von allen gesprechen, nnd die andim soUen sprechen, nnd was die off oren eyd finden, das d^ r^elichste ist, das sal man halten mit den mannen.** Neue Mit theiL 12. S. 70.

4 Marcus SpittendorfiL

uns mit Worten unterredten; hub Peter SchafkopfiF^ ahn und fragte den rathsmeister Hedderschen und die andern rathmannen von Innungen und gemeinheiten wegen, ob sie das vom* tale eins weren. Sprach Hederschen: „liben herrn meister, wir sindt das mit ihnen eins ge- wesen; so es der parte wille aber nicht ist, so sein wir des wol ge- B1.2* neiget, das die || vom tale abetretten". Nun ist zu mercken, was wir vom tale vor beyfall hatten. Ufif donnerstagk waren wir 12 des eins, als an die parten gebracht wart, ufif sonnabent lauten die rede anders, wiewol das etliche Innungen ihren meistern faste harte ingehalten hatten, die dinge also nicht vorzunemen, sie woltens auch nicht vor ihnen haben; was der sitzende rath vor das beste nehme und die wilkire zu halten, des waren sie geneigt, und das niemande neuikeit wurde vorgehalten, sondern ein iederman bey dem^ seinen zu bleiben. Wan nun die meister ufifs rathaus zusammen kamen, da wardt das nichts anders den vor, sie hatten ein wort; ob sie sich verbunden hatten, oder wie das zuging, weis ich nicht. Ihre meinung was nach als vor, die ihren weiten, die vom tale solten abtretten.

Wir vom tale woltens nicht thun, wir wolten auch keinen vor- worf haben, das wir denen vom^ tale nichts vergeben wolten, sondern woltens die vom tale haben, das wir abtreten solten, so fragten sie nichts darnach. Do wart das befolen von bommeistem, das sie die vom tale bey einander betten uff den montagk und hilten ihnen diese dinge also vor.

Uff den dinstag vigilia* Lauren ti (9. Aug.) berichten die born- meister, das ihnen befohlen war von denen vom tale; sie baten den rath, das sie bleiben möchten bey alter freiheit, gewonheit und alt- herkommen, als sie vor alters gehabt betten, und andere rethe sie dar- bey gelassen betten; denn es were keine innunge, sie blibe® bey ihrer freyheit; darumb hoffeten sie, der rath wirde sie auch darbey bleiben lassen. Jedoch möchte das nicht sein, so beten sie uff den sitzenden rath, nemlich uff die 12 rathmannen, die vom rathause gekundiget seindt; haben die meister an den nicht genüge, so bitten sie sich uff den rath von Magdeburg; haben sie noch nicht ein gnuge, so bitten sie sich uff meinen herren von Magdeburg und sein wirdigthumcapitteli derer ^ die vom tale mechtigk sein sollen nach schulden , die die meister zu denen vom tale haben, und widerumb der vom tale ant- wort

Diese erbitung derer vom tale nahmen die meister zu sich und woltens an die part bringen. Do nun Peter Schaflfkopff und seine

* von. ^ den. ^ von. ^ Vigilii. ^ bliben. ^ derer die vom ttaale mechtigk sein sollen, nach Bchulden die die meister zn deme vonn thale habe, vnd wlderamb der von thale Antwort.

1 Peter Schaffkopf, 1471 und 1474 Meister imRath und ebenso 1477. Er nimmt jedesmal die erste Stelle ein und war also Worthalter. In derselben Zeit kommt Jacob Schaifkopf in den höchsten städtischen Aemtem vor: 1473 als Meister im Rath und 1476, 1479, 1482, 1488 als Rathsmeister. Vor ihnen erscheint Valtin Schafflcopf als Meister im Rath in den Jahren 1458, 1462, 1466; 1460 sitzt der- selbe im engem Rath.

1474 August. "

kompeD diese gebott an Unser Liben Frauen pfar^ brachten, wardt das erger den vor, dan die nnvemanft war gantz gi'os unter dem losen Tolcke; die alten, ehrlichen, frommen leate musten vor denen schweigen, aber die nnyemnnft moste vorgehen. Das war die Ursache, die beyde meister gestunden das; den es war nicht anders, die meister hatten sich verbunden underlangk und etliche, die vormals in rethen gesessen hatten, und auch etliche, die uff die zeit mit uns im rathstul sassen, als ich mich vermute. Diss was die weyse mit dem» verboten: die in Unser Liben Frauen pfarre, die waren die ersten zusammen, die hüben die Unvernunft an; was die beschlossen, das trugen sie in die andern pfarren, uff das die Unvernunft jo zuneme.

Das war der beschlus gewest || in Unser Lieben Frauen pfarre uff BL 2^ die obgeschribene erbitung derer vom*^ tal, wir vom« tale solten alle abtretten, sie woltens also gehabt haben; weiten wirsnitthun, so solten uns die andern im rath alle geboth thun, die der rath zu thun hat; sie solten*^ auch das gelt von uns nemen. Wolten wir dennoch nicht ab- treten, so solten sie die gemeinheit zusammen verbot thun und die innoDgen auch in eine kirche. Was ir fomemen in dem« sein solte, das weis ich nicht, sondern ihre meinung war, uff der vom^ tale erbitung wolten sie nicht geben, sondern ich lisse mich beduncken, sie wolten mit gewalt fahren. Vil frommen und redtlichen leuten was dis for- Demen sehr wider und leidt in der gemeinheit und in den Innungen, die auch sehre darwider riten, das die meister das ding nicht fomemen solten, noch gleichwol geschachs.

Diese vorgeschriebene rede und wort brachten die meister ein- stimmig an den rath uff den sonnabent vor Assumptionis Marie (13. Aug.) 1474. Uff denselbigen tagk namen wir uns vor, ob wir das mitteln könten unter uns im rathe, ob das ein weg were, das die bom- meister alleine abetreten und die andern im rathe sitzen bliben, doch gleichwol das das niemandt zu nahe were, ob wir uns des anders ver- tragen wurden. Da namen wir alle bedacht uff bis uff den dinstag nach Unser Lieben Frauen tagk (16. Aug.).

Uff den dinstag post Assumptionis Mariae (16. Aug.) machten die meister ein wort, das war den nicht änderst als vor: sie könten sich anders nicht vortragen unter einander und betten von den ihren auch picht änderst befehl, die vom tale solten alle abtreten. Sprachen wir im rath umb diese ding und lissen uns beduncken, da wolte nichts guts von kommen von dem vomemen. Meinete Hedderschen, das were seme meinung nicht, das er sich mit ihnen reissen oder schlagen solte omb den willen oder einen uff lauft machen, dadurch der rath und

* den. ^ voxL " von. * soHen. * den. *" von.

^ Es sind die Eingesessenen dieses Kirchspiels gemeint, dessen damaliger Um- ^ eben so wenig wie der der Gertruden- und Ulrichsgemeinde mit Sicherheit angegeben werden kann. Von aU diesen Kirchen steht heute keine einzige mehr. Vgl Dreyhaupt I. 674.

6 Marcus ^ttondorff.

Stadt umb ehre und gntt and alle privilegia kommen möchten , da wolte ehr nicht gerne bey sein; war seine meinong, das wir im rathe eins gesprochen einig wurden und nemen diss vor das beste , das die meister diese ding bey den sitzenden rath setzen weiten , wen sie des von den ihren gemecbtiget weren, weren sie den des nicht g^mech- tiget% das sie das an die ihren brechten, was der rath in disen dingen vor das beste neme mit volwort der meister, das das den so geschehe, doch onschedtlich der wilekire. Diss gespreches weiten ein theils mit nns im rathe nicht eins sein, den sie weiten wider die meister nicht thon ; so bleib das. Wardt den bommeistem befohlen, das sie die vom tale off donnerstag bey einander selten haben und ihnen diese dinge aber vorhalten.

Uff die mittwoch nach mittage (17. Aug.?) schickte mein herr von BL 3^ Magdeburg^ Vincentios^ seinen rath zu uns beiden rathsmeistem || and hübe an and sagte ans, wie das mein herr verstanden hette^ wie das eine marmelang anter ans irre ginge, darvon gros schade und leiden konmien möchte, das seine gnade nicht gerne sehe, das ein solchs anter den seinen geschehen solte; were aber das der rath seiner gnaden begerende oder der seinen, wolte mein gnediger herr gerne helfen rathen, das dise dinge möchten beygeleget werden. Sodanckten wir beide Vincentio der erbitang, die er thete von meines gnedigen herm wegen and heften , es solte nicht noth haben , and wol beyge- leget werden, doch gleichwol sprach ich za Vincentio, wen ich wnste, das ich mehr am rathe in solchem^ wesenals itzand sitzen solte, wolte ich gott den<^ allmechtigen bitten, das ich lieber sterben möchte etc.

Uff donnerstag vor mittage (18. Aag.?) hatten die bommeister die vom^ tale bey einander. Brachten die bommeister diss wort an rath, die vom® tale beten noch den rath, das sie bleiben möchten, als sie vor alters gewesen weren nach laat der wilekire; aach were ihnen befohlen von den ihren, sie selten nicht abtreten, den sie betten sie nicht hinaaff gesatzt^. Da fahr Peter Schaff kopff äff and nam seinen hatt andt sprach za dem' rath and za den meistern, sie weiten en- hindert in die dömtze gehen and ein gespreche halten. Da sprach

* gemechtlgkett. *> aolohen. «^ dem. ^ von. « von. '' gesats. e den. ^ eriJnder.

^ Johannes, P£BJzgraf bei Rhein aus dem Hanse Simmem, geb. 1429, Bischof von Münster 1458 bis 1464, Erzbischof von Magdeburg vom 18. Dec. 1464 13. Dec. 1475.

2 Yincentius Neumeister erscheint schon im J. 1468 als Schreiber des Erzbischofe Friedrich, DrevhauptI.(Hondorff S.157). Im Jahr 1476 wird ihm feria qoarta post Elisabeth am 28. Nov. von dem Erzb. Ernst ein Lehnbrief über seine zahlreidien Besitzungen besonders in Grosssalza und zugleich das Versprechen er- theilt, diese Güter und auch andere seinen Söhnen „ane gäbe und gelt'^ zu leihen. Im Jahr 1491 weilte Vincentius Neumeister nicht mehr unter den Lebenden, am 29. Jan. wurden seine Söhne Johann, Vincentius, Christof, Friedrich und Mauritius, zu Grosssalza gesessen, mit seinen Gütern in dieser Stadt, femer zu E^en, Stass- fürt, Aken, Irose und a. a. 0. beliehen. Unter dem IbrzlHSchof Johannes spielte dieser Rath unserer Chronik zu Folge keine unbedeutende Rolle. Lehnsregister des Erzb. Ernst im St.-A. zu Magd. (Erzstift Magd. 41).

1474 August. 7

der bommeister Claus Schaffistett:^ ,yherr ratbsmeister , das geben wir nicht zn, das ir sonderlich gespreche macht/' So rieff ich Schaff kopff din mitsampt den meistern, das sie bleiben selten. Da wardt der Schaff kopff also poltemt uff Schaffsteten nnd tobete^ in der dömtze mit seinen zornigen werten, das zwar niht ehrlich noch zimlich ist einem, der in solchen steten sitzt, das die rede gehört wurden vor des rathaoses dömtzen. So war auch Vinzentius, meines herm rath, auch anff dem rathause nnd möchte diss hören, so war er geschickt Yon meines herm wegen und liss werben, er bette ein gewerb an den rath yon wegen meines herren , so lissen wir ihn zu uns bitten. Da fanb er ahn undt berichtet eine lange rede von meines herm wegen, das mein herr erfaren bette ^ disen Unwillen zwischen dem rath und den meistern und den andern , so were das seiner gnaden sehr leidt, das ein solchs geschehen solte, und den seinen, möchte er was in den dingen guts^ thun, das solcher Unwille beygeleget wurde, er wolde dem rathe und uns allen zu willen uff unser rathaus oder, wo wir weiten, perschönlich kommen unde helfen das beste rathen, dass ein iglicher bey dem seinen bleiben möchte, das er vor alters gehabt hette, und den onwiUen beylegen. So sprachen wir im rathe, was wir antworten weiten, dan die dise dinge triben, waren nicht geneiget, das mein herr dise dinge handeln oder darzu kommen solte. Da meinten wir vom tale, wie im den zu thun stunde, wir musten jo jhe | auff eine weise Bl.8^ koimnen, so mein herr zu uns schicket, und diss anbitten stunde nicht wo! auszuschlahen, so vertragen wir uns und danckten Vincentio von memes herm wegen des gutten willen und hertzen, das mein herr zu uns hette. Wir hofften uns guttlich zu vortragen, geschehe das aber nicht, so solte es meinem gnedigen herm nicht vorhalten werden, son- dern seiner gnaden zu vorstehen gegeben werden etc.

üff S. Partholomeus abendt (^. Aug.) vertmgen wir uns, das wir zedehi machen lissen umb die gebrechen der stucke, nemlich umb die whöppen uff dem berge zu kiesen und umb die vorschleger im tal imd umb das saltz zu setzen, das die vom tal umb die stucke abe- tretten selten, so uns die parten zuentboten betten, und wir vom tale vm beduncken lissen ungeburlich und nie mehr gewöhnlich gewesen were, so wir uns des im rath nicht vereinigen knnten , das die parten dan ihren willen darzu geben weiten, das wir kiesen möchten under denen vom^ tale 6 und itzlicher gemeinheit 4 nnd itzlicher Innung 2 nnd den vollen gewalt geben weiten, was die ingesambt einmecbtig wurden mitsampt dem rate, wie man das halten solle, das ein solches dan so gesi^ehe.

* leb«te. ^ h«ttexu * gute. ^ deme von.

^ Ein Claus v. Seh., also doch wol der genannte, erscheint schon 1439 im ungern Rath, war 1440 u. 1443 Bommeister, trat 1445 wider in den engem Rath, ^ 1446 ist er wider Bommeister und 1449 Rathsmeister. 1454, 1457, 1461, 14^ 1465, 1468, 1471, 1474 finden wir ihn als Bommeister. Neben ihm kommt 143» ^Ihrecht y. Seh. in derselben Würde vor; vor ihm bekleidete das Amt 1435 Hans v. M

8 Marcus Spittendorff.

Uff den donnerstag nach Bartholomei (25. Aug.) waren alle parten bey einander, nnd die zedel gölten sie lassen lesen, aber uns wardt gesagt, die parten weiten die zedel nicht offiiemen noch verhören. Item uff dem selben donnerstagk yor mittage kamen die bornmeister und brachten ahn der vom tale meinangk and sprachen, nach als vor betten sie befehlmig von den ihren, das sie sich des nicht könten ver- tragen , das die 4 vom tal , die im rath sessen und zum rathe gekoren weren, sich vom rathe sondern selten, das were ihr wille nicht, sondern wolde iemandt die bornmeister beschuldigen^, so weiten sie abtretten, was der rat den erkennete nach schult und antwort, das weiten die bornmeister dan leiden. Die meister weiten das nicht eingehen, die im rathe bey uns vom tale sassen, weiten auch nicht; denn niemandt weite uns beylegen, sondern etzliche betten uns wol beygelegt, sie dorften nicht, sie^ worden also überfahren mit werten, das sie stil- schweigen musten.

Do dis anbringen geschach von den bommeistem, waren die meister und ihre beyleger grimmig und baten den rathsmeister Heddrieh, das er die thore bestellen wolde, das er wolde die schlussel fordern und zu sich nemen und zuschlissen; sie weiten uff 2 hauffen kommen, was den beschlossen wurde unter ihnen, das geschehe. Dar hilten wir im rath den meistern inne, umb die thor zuzuschlissen brechte gar ein gros geruchte umbher, und uff 2 hauffen zu kommen, da möchte ander unrath entstehen, der nicht bequem were, wiewol diese dinge, ^^•^* das abetretten belangende, wol andere wege || vorzunemen betten*', das das durch unsere burger möchte erkant werden, wie sich ein iglicher darinne halten möchte, uff das wir alle dise stucke zu eintracht bringen möchten, das sie auch dis noch an die parten bringen weiten, auff das wir nicht zu ungluck kommen durften. So baten wir im rath die meister, das sie dise rede an die parten brechten und versuchten, ob sie das noch ahn ihnen erlangen möchten; konten sie das dan ie nicht erlangen, das sie dan bitten weiten, das dis beruhen möchte bis morgen ireitages (26. Aug.), und sich dan wider zusammenfugen ; so selten die bornmeister die ihren auch zusanmien haben und der meister meinung von der parte wegen zu verstehen geben und besehen, ob diese dinge irgent möchten gemittelt werden. So bliebe das uff den donnerstag. Ich fugete mich auch bey etliche vom tal und sagte inen dise dinge, das sich die fast in die lenge zögen und nichts gutts darinnen vor- nemen, das sie das beste darinnen vomemen weiten^, so ich änderst nicht mercken könte, wir musten abetretten, wir theten es mit willen oder mustens thun durch gebott oder gewalt, wie es danach geriete das wir 4 im rathe nicht schult darane haben durften. Uff die rede, wan ich fragte, wardt mir gesagt, es were besser, das wir mit geboten darzu gebracht wurden und mit gewalt, dan das ichs mit willen thun solte, und vil anderer rede, der ich nicht schreiben magk.

Uffn freitag nach Bartholomei (26. Aug.) vor mittage gingen wir

* beyKhloldlgen. ^ ■<>. ' hette. ^ wolte.

1474 August. 9

wider aofis rathaus; so waren alle parten yersamlet znsammen, da brachten die bornmeister aber ein wort von denen vom tal, das lautet als vor, die vom tale betten ans alleine nicbt gekoren, dromb lissen sie ans auch nicht abetreten, den nach laat and Inhalt der wilekir% die wir geschworen haben, wie dieinhelt, werden wir ans wol halten; wil ans iemandt draber nötigen^ oder gewalt than, das massen wir leiden. Doch erboten sich die bornmeister noch eins von der yom° tal wegen, wolte iemandt sie beschuldigen von ihren oder des tals wegen, sie wolten antworten and abetretten; darzu solten die 12 rath. manne, die vom rathaase verkandiget sein, ihrer nach schalt and ant- wort gantz mechtig sein, oder woldes der rath nicht za sich nemen, so beten sieb den die vom tale gantz mechtig aflf meinen herrn von Mag- deburg etc. Diese erbiettangk wolte alles nicht helfen, sondern die meister waren allesampt halb rasent, sie wolten die part äff 2 haaffen haben. So geschahen ans do die gebott, die der rath za than hatte, TOD dem rathsmeister Hedrich, wir solten abetretten. So verbilden wir das gebott und wolten nicht abetretten zum ersten bey 3 Schillingen, || Bl.4^ bey 5 seh., bey dreyens 5 seh., bey einer margk, bey 3 margk, bey dreiens 5 margk and bey 50 marck and bey allen 3 geböten. Da standen die meister aaff and wolten aas der dömtze gehen ; mit dem standen die bornmeister aach aaff and gingen aas der dömtze, and die 3 pfenner auch, die im rathe sassen, and ich Marens Spittendorff bleib alleine sitzen.

So gingen die meister vom rathaase za den parten, do kamen die parten alle zusammen zuEysenberges hause, der schustermeister ware^. Der hatte einen grossen hoff, da hüten sie langen rath. Do kamen die meister wider uffs rathaus und brachten an den rathsmeister Hedrich, er solte die thor zuschlissen und die Schlüssel bewaren lassen und die thurme bestellen; und des dinges war viel, das sich alles zu kämpfe und unvemunfte zöge. So gingen die meister zu den parten und wider uflb rathaus in grossen dramme; doch batt der rath die meister, das sie zusehen und die ihren beten, das sie nicht Unvernunft anrichten, das nicht ein ergers draus konunen möchte. Da sprachen die meister, sie woltens gerne thun, es solte keine noth haben. Da gingen sie immer zusammen und sammeten sich, wol bis der seger 5 schlüge anff den abent. Und wir sassen immer da. Do kamen, als ich lebe! 30 oder mehr burger von den parten auffs rathaus in die dömtze. Da fiurte Hans Laub das wort und brachte ahn von allen parten wegen,

wOtldr. *> nötig. « von.

^ Nickel Eisen borg (Isenberg), der Schuhmacherzunft angehdrig, war einer ^ berrorragendsten unter den Innungsmeistem. Er sass 1465 im engem Rath, war 1467 u. 1474 Meister im Rath and kommt darauf in den Jahren 1478, 1484, 1437, 1490, 149B als Mitglied des engem Raths vor. In derselben Zeit erscheint aoch Jurge Eisenberg, welcher 1465 Bürger wurde und derselben Zunft angehörte, 10 diesen hohem städtischen Aemtem; er sass z. B. 1476 im engem RaÜi. DU Fiffiilie kommt in HaUe noch im 16. Jahrh. vor. Dr. L 1094. 1105. ü. 610. 91C

12

hans, gingen nffis nUhaiis und waren eine weil bey dem rathe; was sie nnn wirboi* von meines heim w^en, das weis ich nicht. Als oben geschrieboi steht, das der rath ein teil nff montagk bey mei- nem herm war» gewest nff der borg, mochte mein herr faste mit ihnen geredt und anch gebet^i haben, das diese dinge so nicht vor- genommen wnrdoi, das sie das bey meinen herm setzten, er hoffte» er wolte ihnen nicht in nahe sein, wie das nnn gebmt hat, sondern sie möchten darsn nicht wol geneigt sein gewesen; doch möchten sie sagen, sie hettens nicht macht hinder den parten, sie woltens gerne BL 6* an die parten i| bringen. Do sie nff die mittwoch ir gewerb von meines herm wegen an den rath gebracht hatten, do ritten sie vor der pfenner hoff zn denen vom tal nnd mochten anch mit ihnen reden nnd vieleicht ihre meinnng hören nnd ritten wider nff die bnig.

Uff den nachmittagk fnhr der rathsmeister Hedrich mit etzlichen aas dem hdmlichen rath nnd anch andern, die sie anch zn ihnen gezogen, off die bnrgi zn meinen herm nnd waren wol 3 stunden dranssen. Do sie wider kamen, fhnden sie die meister und rathmannen und anch die ans den parten gekoren waren von stnndt nff dem rathanse, aber ich vemam nichts, wir blieben alle im^ gehorsam, darinne uns geboten war.

Uffh donnerstagk (1. Sept) schickte mein herr von Magdebm^ nffis rathans' Yinzencinm und reit, als mir gesagt wardt, zwei- oder dreymahl zu meinem herm off die bnrg nnd von meinem herm wider in die Stadt nfiis rathans. Noch wolte sichs nicht finden zn einigkeit, wir mosten alle bleiben sitzen im* gehorsam. Ich yemam, sie wolten schlecht nff meinen herm von Magdeburg nicht gehen in den parten; die das spil angefangen hatten, die hattens so hart in das Yolck gestossen und ingeblasen, das das volck nff keine einigkeit gehen wolte, sondern alle uff hader. Wo fix)mme leute in den parten waren, die dise dinge gerne gntt gesehen hetten und zu Mede rieten, dieselbigen wurden so jemmerlich durch böse, unvemunftige wort über- fahren und mit drauung, sie woiten die aus den parten verwerfen und aus der Stadt dreiben, das dieselbigen leute musten stille schwei- gen und volwort geben, das sie es mit den pfennem machten, wie sie wolden, den wir pfenner waren gantz nbergeboi von Innungen und gemeinheit. Aber mein herr von Magdeburg und seine reäei die auch gute freunde und schweger in der Stadt hatten, die thaten grossen vleis bei denen vom tale, den hetten sich meines herm von Magdeburg gewaltigen so nicht darzwischen bearbeitet, so weren die Innungen und gemeinheit alle vor den pfenner hoff gangen und möchten sie dar gedrangen haben, wie sie gewolt hetten. Ich vemame

* worben? ^ in. « ^wld«r^, aber dnrebgectrlchfen. ' in.

1 unter der Burg iat stets das Schloss Giebichenstein bei Halle zu versteh^L In der Stadt selbst besass der Erzlnschof damals keine Behaosong.

1474 September. 13

aachy das der ratb, die noch sassen, || mitgampt den meistern and den Bl-^^ andern, die sie za sich gezogen aus den parten; vereiniget hatten, das gie die pfenner sondern wollen und einen iglichen fragen, ob er bey dem rath bleiben wolte, oder ob er wolte, das die pfenner nicht ab- tretten solten, und das vomemen möchte darauff gehen, das sie vieleicht meinton, uns ein theil aus der Stadt zu treiben; so hoffte ich, das der alfanechtige Gott verhinge solchs über uns, aber er wolte uns nicht gantz verlassen: von dem rathe wollten wir nicht tretten, sie wollen nos aber einen ungewöhnlichen rath vorhalten und wollen die vom tale von ihnen weisen, das sich nicht geburte; und die 8 von Innungen nnd gemeinheit wollen der rath sein, das wollen wir ihnen nicht zu- geben.

Uff den freitag (2. Sept.) des morgens schickte mein herr seine rethe ein theils wider uffs ralhaus und vieleichte auch zu den pfen- nern , was sie worben uff beiden seilen von meines herm wegen , und ritten wider uff die bürg. Nach mittage zwischen segers 3 und 4 kam Vincenlius wider von meinem herrn uffs ralhaus alleine, da war er eine weil droben und gieug rabe und ging zu den pfennem. Gar nahe umb segers 5 kam Heinrich von Ammendorff^ und Vincenlius vor das ralhaus geritten und gingen hinauff. Kurtz darnach nach 5 kam Hans Zölner, Hans Schmidt, Posse Blume, Cosmus Nagel, Heine firacbstel, Claus von Jene^ und gingen auff das ralhaus von der pfenner wegen, dieweil die reihe dffoben waren, was sie da an den

rath brachten von der pfenner wegen * Nicht lange darnach

gingen die 6 wider vom rathause und gingen wider zu den pfennem in den hoff. So bliben Heinrich von Amendorff undt Vincenlius die- weil uffn rathause; gar ball hernach kommen die pfenner alzumahl uffs ralhaus auss Bucheis hoffe; do wurden ihnen allen die gebolh abge- nommen'», das sie gingen, wo sie wollen: Heinrich von Ammendorf und Vinzentius ritten vom *= ralhaus umb 7 uff den abendt, aber wir 4 ralh- man und 3 bommeisler || blieben noch in den geboten sitzen in bi. 7" unsern heusem.

* hier fehlt offenbar der regierende Satz. ^ hier finden sich in der Handschrift noch die dnrdtttrichenen Worte „wurden Ihnen allen.** « von.

^ Die Familie v. A. war damals im Säalkreise sehr angesehen. Sie besass seit 1413 Rothenburg, womit die Brüder Heinrich und Georg v. A. 1476 durch Erzb. tJTist neben andern Gütern z. B. in Wettin belehnt wurden, Dr. II. 795, 856. ^on die Eltern der letzteren waren auch in Halle begütert. Am 9. Nov. 1470 "«tätigten die Brüder Heinrich imd Georg v. A. die von ihren Eltern mit 12Va Acker von der grossen Pfingstwiese vor Halle im dortigen Paiüinerklo ter gestiftete Memorie. Heinrich von Amme.dorff und Waldemar von Anhalt befehligten die vom Erzbischof Johannes dem Kaiser Friedrich IH. 1475 gesendeten Truppen. Seit dem Jahre 1476 erscheint Heinrich von Ammendorf lüs Hauptmann auf dem GieWchen- stein, Dr. U. Gen. Tab. S. 3—6.

2 Claus V. Jena, schwerlich eine Person mit dem im Jahre 1428 und 1432 Jjch dem Bürgerbuche im Rathe sitzenden Nicolaus. Cl v. J. war hallischer jjanner und 1471 und 1475 Mitglied des sitzenden Rathes. Im letzten Jahre be- U<sidete er das Amt des Kümmerers, Bl. 44 ^ Vgl. T ^ab. 69,

14 Marcus Spittendorff.

Uffn sonabendt (3. ISept) gingen sie wider zusammen in den parten und uff dem ratliause^ und bilten grossen rath umb uns und hatten gross geleufte.

Uff den montagk (5. Sept.) waren die innungen und gemeinheiten aber alle bei einander uff den vormittagk, ehe der seger 12 schlugk. Kam der stattkneeht in mein bauss und sprach, der rath liss mich bitten, das ich uffs rathaus kommen wolte. Antwortet ich : warlich, ich weis es nicht, sie haben mir fast harte gebott gethan. Sprach er: ihr solt kommen. Zuhandt kam er noch ein mahl, so ginge ich vor das rathaus, und die andern kamen auch. Do gingen wir uffs rathaus. So liss uns der rath zu ihm heischen. Wir gingen zu ihn, do waren die aus den parten bey ihnen in der dörntzen. Do hub Hedrich an undt erzalte fast von diesen gebrecheu, die zwischen uns allen gewest weren umb das abetreten; das die vom tal alle zugesagt hatten vor meinem gnedigen herrn von Magdeburg, sie weiten abtreten nach laut der wilkire, weiten wir das auch also halten, das wir ihnen das sagten. Darauff antwortet ich von stunde an: „lieben herren, haben wir uns doch allwegen erboten abezutretten nach laut der wilkire und erbitten uns des noch, aber ir habets nie wollen auffncmen von uns'^ Da sprach Hedrich wider: ,Ja lieben herrn, das ihr auch nicht irret undt recht verstehet, die wilkire nicht uff einen oder 2 perselionen ge- deutet, sondern als innungk und gemeinheit abetretten, so solt irs auch halten". Antworte ich: „wens euch die vom* tale gesthen, bin ich wol zufrieden; aber umb die andern stuck, das saltz betreffen t, und umb die vorscbleger und umb die schöppen uff dem^ berge wolten sie einen guttlichen handel leiden vor meinem herrn von Magdeburg; aber umb das, das wir die geboth verachtet haben, sol 14 tage an- stehen, uns dan darumb zu beschuldigen nach laut der wilkire^^ So baten sie uns, das wir uns nider wolten setzen, ein iglicber uff seine stete. Wir meinten nein, weil wir in^ geboten weren, were es uns Bl. 7'' nicht wol zu thun, das wir uns setzen selten, sondern das || sie uns die geboth wolten abenemen; das wolten sie nicht thun, sondern wir musten gedult haben und uns setzen umb glimpfs willen.

Uff montagk nach mittage (5. Sept.) kamen unser freunde, die von Magdeburg. Die hatten diese dinge neulich erfahren und waren des

von. ** den. *^ Ihn.

^ Daz Raihaus scheint nicht ganz auf der Stelle ge>tanden zu haben , aiif welcher das heutige im Laufe des 16. Jahrhunderts errichtet wurde Möglicher Weise trat es weiter nach Westen vor. Wir lassen einige Stellen folgen, aus denen auf die I-«age geschlossen werden kann: J. 1366. tu twen ewigen missen undor deme rathuse in unser capellen (Dr. 1. 9B1.). J. 18 90: Capella . . . prope pre- toriiun dicti opidi in honorc sancte Crucis (Dr. I. 932.). J. 1414: in capella sancte Crucis in viridario sita sub theatro sive pretorio (Dr. I. 197.). J. 1457: an dem krame, gelegen in der smerstraszen kegen dem rathuse (Schöppenbuch Bd. V. S 16'^). Aus den beiden letzten Stellen ziehen wir den Schluss, dass das da- malige Bathaus nicht in der unmittelbarsten Nähe der Kreuzkapello lag. Vgl. da- zu vom Hagen, Die Stadt llaUe 1. 45. 66. 223 ff.

1474 S^tember. 15

«ach Behr erscfarookeD. Sie schiokten zu dem rathsmeister und lissen ii^ bitten, das er den heimlichen rath zu ihm heiachen wolte, sie wolten n im kommen.

Do gingen wir zu ihnen, do haben sie an und sagten, wie sie in gerichts weyse vernommen hetten Uneinigkeit, das wir anderlangk haben wollen. Doch hetten sie warhaffcig das nicht gewost, sondern gemeint, wen daran was were, wir wurden ihn das ohne bottschaft nicht haben gelassen; doch were ihnen durch ihre kaufleute so vil zu Torstehen gegeben, das sie sich zu uns fugten. Do hüben sie fast ahn und erboten sich, wen wir ihrer begerende weren, sie uns helfen oder rathen könten mit leib oder gutte» das wolten sie gerne thun. Auch lissen wir uns beduncken, das etwas fehrlikeit in den dingen were*, 80 wolten sie die andern ehrlichen stete beschicken, das sie zu ihnen kernen, und erboten sich gros und viel an der rede etc. Da namen wir ein gespreche und wurden eins, das wir ihn ihres guten willens und der wolmeinung sehr danckten und sagten ihnen, wie sich mein herr und seine rethe darzwischen bearbeitet hetten, und darzu mein herr vergunt hette eins Mdlichen handeis mit Wissenschaft, so das wir hofilen, die dinge selten guttlich beygeleget werden.

Ufin donnerstagk post Crucis (15. Sept.) im jarmarckt umb 9 vor mittage kam mein herr von Magdeburg uffs rathaus und war droben bis omb 5 ufin abent Da hatten die part^ und die rom tale fast rede gegen einander gehabt; doch umb das abetretten, dar solten die vom tale inhalden, hatte meines herrn kantzier herr Bernhardt gesagt nach laut der vrilekire , wie innunge und gemeinheit thun. Uff den sonabent nechst darnach (17. Sept.) fugte sich mein herr wider uffs rathaus umb 12. Die von parten und die vom tale waren auch droben, und ich Marcus Spittendorff ^ war auch mit vor meinem herrn nffh rathause. Da hub dercantzler herrBemhartt an von meines herrn wegen || und fragte den rathsmeister Hedrich, ob die parte auch mehr Bl.8' schulde zu den yom<^ tale hetten, das die erzalt wurden in gegen- Wertigkeit meines herrn. Do brachte er an noch 4 oder 5 schulde, die die zettel nicht belangeten^ die von dem« rathe und den parten vor Zeiten gegeben waren: das erste war, man solte das saltz gleich sieden; das zweite, man zöge mehr fronsole, wan die rersigelte zedel aosweiseten'; das dritte, das die vorschleger nicht allzeit burger weren; das vierte, die eymer über dem guttjar weren zu gros; das fonfte umb die gereute. Von den stucken hatten wir fost rede underlangk vor meinem herrn. Mein herr und seine rathgeber hörten faste zu, dar-

*• weren. >> M. 8. ^ too. ' belangete. * den. ' «uwelMte.

1 Unter den „parten*' sind hier wie fiberall die bürgerlich - socialen Gmppen, in welche die BevöDcerung der Stadt ndt Ausschluss der Pfilnner z&cÜJilt, zu Ter- steh^: die sieben grossen Innungen und die vier Gemeinheiten. Daher heisst es in einer andern Darstellung dieser Verhältnisse: ,,die parte von Innungen und meinheit" und „die eilf parte von Innungen und meinheit*\ Handschr. hall. Chronik der Grftfl. Bihl. zu Wernigerode Zh. 65, Bl. 265 *^

16 Marens Spittendorff.

nach entwichen wir meinem heim aas der dömtzen. So mochte mein herr ans denen von parten ein gespreche halten, and sie was mehr meinem herm berichten möchten der versigelten zedel, die von allen parten, vom rathe gegeben waren and aach denen vom tale, wie mans mit der sole, die aas dem bom gezogen wnrde, halten soll, die- selbigen zedel wolten die part gehalten haben and daraas nicht gehen. So schickte mein herr za ans vom tale Heinrich von Anunendorf and Vincentins and lies ans sagen, die parte weiten^ die versiegelte zedel gehalten haben and schlechte daraas nicht gehen, was nnser sin darza were. Daraaff anworten wir den rethen, wir wolten die versigelten zedel aach halten; were irgent ein stacke darinne, das nicht gehalten warde, das sie ans das oflfenbarten. Das hörten die rathgeber gerne, das wir die zedel halten wolten. Do meinten die rethe, so wir äff allen theilen die zedel halten wolten and anch ge- halten haben, solte mein herr darinne ein handel haben oder vor- nemen, so were noth, das er aach die zettel wissen möchte oder die Stacke darinnen. Daraaff war der vom tale antwort, ihr wille were, das unser gnediger herr die zedel hören möchte lesen. Aber das wir im die zedel vorlegen oder antworten selten, besorgten wir ans, die parten möchten vorbas ihren zom äff ans werfen, sondern das sie das möchten erlangen, das die part die zedel wolten vor meinen herm legen oder ans vergannen, das wirs thnn möchten.

Daramb gingen die beide rethe fast lange za den parten and wider abe za meinem herm, bis das sie ihre zedel selber meinem herm lissen antworten darch Hedrichen. So lass Vincentins die zedel in aller anser gegen Wertigkeit Do die zedel nan gelesen wardt, be- richtet der alte kantzier herr Berahart, so wir die zedel halten wolten an beiden theilen and gehalten haben, so were das vor sich, aberumb Bl. 8^ die andern Stack wolde ans || mein herr bescheiden and besehen, das die aach gattlich beigeleget möchten werden. Umb die gebott, dar wir inne waren, wolten sie meinem herm nicht vergannen, darinne za handeln, so es die wilkire betreffe; aach betten sie das aach nicht macht hinder den parten, es were ihn von ihnen befolen, dammb wol- ten sie die part äff den montag bey einander haben, was sie an ihnen erlangeten, solte ihnen wol zu wissen werden. Item ans warde ge- sagt, dass wir vorbass nicht aasgehen selten; so bliben wir afifh mon- tagk (19. Sept.) in ansern hensem sitzen.

Dffh dinstagIS. Mattheasabent (20. Sept.) zwischen 9 nndt 10 Vor- mittage schickte der rath nach ans allen 7 vom tale, die in ihren hensem sassen. Do wir kamen nffs rathaas, lissen sie ans heischen in die dömtze. Da hatten sie die wilkir anff dem tische ligen, da hab Hedrich an and beschaldiget ans, das wir den gebotten angehorsam gewesen weren and die verachtet, dommb weren*» wir die pörangk verfallen za geben. Do habe ich Marcus Spittendorff^^ ahn und ant- wortet drauff: „lieben herren, die gebott, die ihr uns gethan habt, las

wolte. MWeren'* doppelt. « M. S.

U14 September. 1?

idi mich bedancken unwillig geschehen sein; woromb soll der rath einem barger gebott thun bey50 marcken, das mus geschehen mit des ritzenden raths willen, darzu der meister nnd bornmeister. Nun sindt uns die gebott geschehen ohne unser undt der bornmeister willen; sindt die nun mit gleiche geschehen , wissen wir nicht. Darüber bin ich . bliben sitzen und den rathstul nicht gereumbt Erkennen sie nun, das ich die börungk verpflicht oder verfallen bin, so mus ich die geben; aber ich hoffe, sie werden sich des bedencken, das sie uns höher be- nötiget und betrenget haben, wan die wilkire ausweiset, darzu wir nnsere eyde gethan haben. Ich sprach auch mehr, solteich die börungk je geben, so bete ich, ob ich wurde iemande sagen, wie diese dinge Zugängen weren^, und worumb ich die börungk geben muste, das ich höher benötiget und betranget wurde, den die wilkire ausweiset, darzu ich mein recht gethan hette, das sie darumb nicht unwillig wurden. Darauff meinten sie nein, wen diese stucke beygelegt wurden, so muste des niemandt gedencken. Sprach ich wider: „sol ich auch so mein geldt geben, ist mir auch schwerlich." Die bornmeister und die andern drei, die im rathe sassen, antworten so: do das gebott geschehen were, 80 weren sie heim gangen, || do die meister uffgestanden weren, do Bl. 9^ hette der rath ihnen wider lassen geboth thun , sie selten uAb rathaus kommen, do kamen sie. Der rathsmeister hies sie nider sitzen; sie weiten nicht und sprachen, sie weren ingeboten, es geburete sich lücht, das sie sitzen selten. So mustensie sich setzen. Darumb hoften rie, das sie der börungk nicht verpflicht weren zu geben, sondern umb deu willen, das ein solch geboth geschehen were, darumb weren sie ^^egangen, sonst were es nicht geschehen, sie weiten auch ihr recht thun. Darauff redete der rathsmeister und die meister so viel, das sie meinten, das sie das Vorrechten weiten, stunde nicht zu ihun, sie könden rieh darinne nicht verwaren, und vil ander rede mehr, die wir under- lang zu den meistern hatten mit ernsten werten, bis das sie uns zu Terstehen gaben und meinten, das wir uns selber in die börung schick- ten, auff das sie es nicht wider an die part bringen dörften, den hie- nadi, wen wirs gern anders sehen, so können sie uns nicht helfen. Donunb sagten sie uns das itzundt, das wir wissenheit davon betten.

Do vnr vom tale das vemamen, lissen wir uns verduncken, Un- vernunft weite ihren fortgangk haben, das sie uns vielleicht aus der Stadt verweisen weiten und unsere gutter zu vorkeuffen in vier wecken, das etzliche wol sagten , und die Unvernunft gantz gros war. Da ant- worten wir, lissen sie sich beduncken, das sie die börung mit rechte nemen, so musten wir uns darin geben; doch so betten wir die hoff- nnngk, wir betten das nicht verburet sie nemens auch mit keinem rechte von uns; was wir thun musten, das könnten wir nicht wolwegem.

Von stundt an bischen sie die aus allen parten, die vormaLs auch darbey gewest waren, der ^ ein theil diss ungluck gemacht hatten. Und die waren in der vierherrenstuben , das wüsten wir nicht, nut denen

* were. ^ djM. OMeUditaq. d. Pr. Sediieii XL 2

18 Marcos ^ittendorfif.

hüten sie ein lang gespreche. Darnach hischen sie nns wider und gaben vor, so wir uns in die böning geben betten, so wolten sie die parten nfin nachmittag bey einander baben and den solches vorhalden und besehen, das ein solchs zu einer gatten weyse wider kommen * möchte. Umb 5 off den abent so wolten sie uns wider besenden; wir gingen wider in nnser heuser, es hatte 12 geschlagen. Uff den abent umb 5 schickte der rath wider nach uns und sprachen, das die part BL 9** bey einander gewest weren», aber ihr were || wenig, auch weren ihrer vie nicht einheimisch, so selten wir 14 tage frist haben, indes wen sie die part am bequemesten zusammen möchten haben, so heften sie, wir selten aus den geboten kommen. Auch brachten sie vor, es weren einer oder zwei aus denen yom^ tale, die betten fast wunderliche rede auff diese dinge gehabt, die wolden sie auch beschuldigen.

Uflfh dinstag vigilia Wenzelai (27. Sept.) wurden dise vom tal be- schicket und auch beschuldiget. Meister Posse Blume wardt beschul- diget, er bette gesagt, das die uff dem^ rathause gesessen weren von den 30 mannen ^ und auch die andern weren alle angezeichnet und ge- schriben, die zeit möchte kommen, es wurde ihnen und ihren kindern gedacht des, das sie itzundt anrichten mit denen vom tale. Wir 7 vom tale gingen nicht in das gespreche und sassen stille. Damach wardt Hans Schmidt beschuldiget, er bette gesagt auff dem rathause in der dömzen vor in allen, sie stunden den vom tale nach ehre, leib und gutt. Hans Schmidt antwortet das und sprach, er were geschickt von den"^ vom tale uffs rathaus, ihr wort zu halten und sie zu vor- antworten, so bette er ie gesprochen: wie die leufte itzundt sich be- geben , und sie alle uff einem hanffen weren , und die pestilentze re. girte, möchten sie umb leib und gutt kommen, auch gingen die rede, das die meister den ihren befohlen betten«, wen man die glocke an- schlüge, es were tagk oder nacht, so solte ein iglicher. in seinem' besten hämisch zu seines meisters haus kommen; daramb wiste er nicht, was sie sich vermuten selten etzlicher losen gesellen. Die antwort möchte in nicht helfen. Sie fragten ihn, ob er die rede gethan bette von der vom«^ tale wegen, der sie in beschuldigt betten. Antwortet er ja. Do musten wir vom tale abetreten und in die dömzen gehen. Do sprachen sie und thaten ihme gebott, das er bey Sonnenschein in sein haus muste gehen und daraus nicht, er thete das mit ihrem^ willen. Damach beschuldigeten sie Paul Wittemberg, der solte ihrer gespot haben und gesprochen zu Lude Bertolt , . . , K Die wort geschahen vonWittemberge: Peter Schaffkopf sprach vor meinem herm von Mag- deburg, die bommeister frönten uff einmal wol 9 schock zuber sohle. Das war nicht.

* were. von. « den. <* der. hette, ' seinen. » von. ihren. i Wer scheint etwas zn fehlen, obgleich im Bümtucript keine Lücke vorlianden ist

Vgl. die Einleitung.

1474 October. 19

II Uffh dinstag nach Francisci (11. Oct. ) gingen nnsere tage ans. BL 10' Do gaben sie uns vorbas tage bis uff den necbsten sontagk, den tag ans.

Uff den montag nach Dionisi (10. Oct.) sassen wir 7 vom» tale wider in nnsem hensem. Uff denselbigen tag kamen die ehrlichen stedte her als die von Braanschweig^ von Magdeburg, die von Stendel und die von Halberstadt. Uff denselbigen tagk, ehe die stette kamen, waren alle parten beysammen in Eysenberges hofe^ und hatten er- fahren, das die stette kommen worden. So war der rath, als ich ver. nam, bey ihnen gewesen, nnd hatten da so vil beschlossen, das uns der rath die gebothe abenemen solte, weiten wir das änderst halten, das ihn durch meines herrn von Magdeburg rethe als durch Heinrich TOD Ammendorf und Vinzencius zugesagt wurde von der yom*> tale wegen umb das abetretten und auch umb die vorschleger zettel zu halten; aber umb die börungk, das hatten die part bey die gesatzt^^y die Yon innungk und gemeinheit wegen uns diese Ungnade thaten.

üff denselbigen montag umb vesper zeit besandte uns der rath^ da kamen wir alle 7 uffs rathauss, und die von Stendel lagen bey Hans Bussen^, die waren ehe gekommen mit den andern stedten, ehe wir besandt worden, so das die stete vememen mochten, das wir noch in dem gehorsam waren. Do wir aufe rathauss kamen, berichten sie uns durch Hedrich, wie die part bey einander weren gewesen, auff das diese dinge möchten uff ein ende kommen; wolten wir das nun hal- ten omb das abtreten, als das mein herr von Magdeburg durch die geinen besprochen und die vom^ tale zugesagt betten, und auch das wir die versigelten zettel halten wolten®, und das maus mit der frone 80 solte halten, als das vor alters were gehalten worden ; wolten wir' imsem willen darzu geben, das wir ilmen das zu verstehen geben. Auch sprachen sie, sie betten yemommen, das die ehrlichen stedte kommen solten, was die wolten, oder wer ihnen geschriben bette wossten sie nicht. Darauff namen wir ein gesprech und antwortten^ das die ehrlichen stette hiher kemen oder warumb, wisten wir nicht- sie durften uns darumb nit yerdencken; aber umb das abtretten, das die vom tale vor meinem herrn zugesagt, oder durch seiner gnade

* Ton. b Ton. 0 geMtts. ^ von. * wolle. ' hier In der Hendsohrtft noch none.*'

1 Aach fÜrHaUe gilt die Bemerkong, welche von Leipzig gemacht worden ist: j^BezOgUch der Höfe in den die älteste Stadtanlage bildenden Strassen tritt noch im 15. und 16. Jahrh. der ursprüngliche Oiaracter, die Bestimmung zum Betriebe der Landwirthschaft deutlich hervor"', Ck>d. dipl. Saz. ü. Haupttheü Bd. 8 S. XIY. Nach den Sdiöppenbüchem gab es selbst in Strassen, welche gewiss auch damals zu den engen gehörten z. B. in der Schmeerstrasse, der Clausstrasse, Höfe mit Scheunen.

^ DerhaOische Text hat hier „Possen. "AUein aus der magdeburgischen Hand- schrift ergibt sich, dass Hans Busse gemeint ist, welcher in diesem Jahre (vgL S. 1) Mi^ed des engem Käthes war.

20 Marcos Spittendorft

rethe besprochen were za halden, auch die versigelte zettel zu halten, weren wir vor unser perschon wol zufnden, sondern wir baten, weren etzliche stucke in dem zedel, darum die bommeister den rath wurden anruffen, das sie in darzu beistandt thun weiten. Do sprachen sie jha.

Bl. 10^ II Do hatte Hedrich eine zedel, die hatten sie begrifien und vor

den parten gelesen, die las er uns auch. Da stunden inne die zwei stuck umb das abtreten und umb die versigelten zettel, wie das vor meinem herm verlesen* wardt und auch, als ich lebe! umb die fron- sole. Do bericht uns Hedrich fort, sie betten sonst noch 3 oder 4 stuck, da weiten wir sonst handel darvon haben, wen wir ein wenig mussig weren. Da namen wir aber ein gesprech und sprachen, das die zedel den bommeistem möchten^ werden, und das sie uns die stucke auch berichten weiten, were daran macht gelegen, auff das die vom tale auch ein wissen darvon haben möchten. Da meinten sie ja, die zedel selten uns werden. Das waren die stucke: 1. niemandt soll pfanwerken uff weinachten, er sol eigne hausung haben und darinne wonen. Das ander: den vorschlegem. soll man nicht Urlaub geben vor pfingsten. Das dritte: kein pfenner sol mehr haben den 2 gereute. Das virte: das alle part des virteljahres ein mahl zusammen kommen sollen und sagen, was ihn noth ist, aber sie sollen dem rathe das zu- sagen, das der rath macht habe das geschos zu nemen, wen ihnen das bequeme ist, das die parten das nicht hindern sollen. So namen sie uns die gebott abe; umb die börung solte das guttlich anstehen ein 14 tage, sie heften, sie weiten sich des mit uns wol vertragen etc.

Uff dinstagk vor mittage (11. Oct.) kamen die ehrlichen stedtezu uns auis rathaus: darumb hatten sie uns uff den montagk zuvorlassen bitten, das wir sie leiden weiten. Sie brachten an, wie sie vernommen betten durch mancherley rede, die dan bey ihnen richtig ginge, wie das der rath, Innungen und gemeinheit und die vom tale uneins weren. Dasselbige sie dan fast zu hertzen und in tieffe betrachtung genommen bet- ten, darumb hetten die ehrlichen stette, so sie uns verwandt sindt, im aller besten forgenommen und die ihren zu uns geschickt, die gebrechen zu verhören und die auch beyzulegen, uff das die ehrliche stodt und die burger gemeine zu hide und gnade konunen möchten. Aber so die von Magdeburg, so am nechsten hellischen marckte bey uns gewest waren auch des irthumbs halben zwischen uns, und sie kurz abgericht worden, das die gebrechen nichts uff sich hetten und wol guttlich bey- gelegt selten werden, und sie des nicht befinden, dorumb weiten sie ihr gemut wissen, wovon sich der Ursprung gehoben bette. So wardt der rath mitsampt den meistern das znfriden, das Hedrich das verzelen solte. So sagte ich inrede darin, aber doch gleichwol auf das glimpf-

Bl. 11* liebste; wardt das || erzalt nicht gantz und als sich die wort begeben hatten. Doch wardt gesagt von Hedrichen, wir weren unsers dinges nun wol zufriden, es were unter uns auch wol beygelegt nach der

*- verlMsen. ^ m<)chte.

1474 October. 21

weise, als das vor meinem herm yon Magdeburg in der zedel and auch dem stuck in der wilkir besprochen ist, das die parten von in- Dungen und gemeinheit die versigelte zedel über der regierung der sole und der böme und was mehr darinne stet, wollen gehalden haben von dem tal. Daranff die vom tale geantwortet haben, sie sindt geneiget, die zedel zu halten. Und darumb meinte Hedrich nun von« der par- te wegen, was wir sonst anders mehr zu thun betten, das wolten wir guttlich und freundtlich anderlang unter uns vertragen. Do dis die ehrlichen stedte horten, begerten sie, das sie die zedel hören möchten und die stucke der wilkir. Do sprachen wir darumb, so wolten die meister das gerne nicht vergönnen, den sie sprachen, es were bericht, bis das wir im rathe so vil redten, das man in die zettel solte lesen, sondern das stucke der wilkire, das wolten die meister nicht, das man in das weysen solte, sondern wir schwigen stille.

Ufi den nachmittag brachte der bommeister Claus Schafstet die zedel, die versigelt waren, das war im befolen, und das wart gelesen. Do die ehrlichen stedte die zedel gebort hatten, marckten sie wol, das man ihn nicht mehr weysen wolte. Da baten sie uns, das wir in die ehre gunnen wolten, das sie einen guttlichen handel möchten haben. Des waren die meister und auch ein theil im rathe nicht geneiget, ir- gent handel zu leiden. Die stedte lissen nicht abe, sondern baten zwir oder 3 mahl, das wir in eines guttlichen handeis vergönnen wolten, das der irthumb gantz und gar möchte beygelegt werden, auflf das sie die ihren grundtlich möchten berichten; und baten iurder, betten sie des nicht macht, das sie die part beysammen wolten haben und das bey ihnen erlangen. Der rath batt die meister, das sie die ihren wolten bey einander haben. WorumbV Theten wir das nicht, so wurden wir des in grosse verdacht konmien bey den ehrlichen stetten. Die meister sprachen jha , sie wolten die ihren bey einander haben , sie hettens aber so nur mögen lassen. Worumb? Die meister regirten das spil; wie sie den an&ng dieser dinge gethan hatten, so thaten sie hirmit aach. Aber die vom tale hettens gerne gesehen, das die ehrlichen fitette einen guttlichen handel zwischen uns gehalten betten, das war auch der vom thale wiUe gantz wol. Aber die meister und andere mehr waren auch des nicht geneiget.

II Uflf die mittwoche vor mittage (12. Oct) waren alle parten bey Bl. 11 einander, ein itzlicher in seines meisters hause, und hatten angebracht was der ehrlichen stette, die zu uns geschickt waren, meinung, bitte und begerung war, das sie in diser dinge einen guttlichen handel ver- gmmen wolten, der keinem theil zu nahe oder zu schedtlich sein solte an ehren noch an eyden. Dis war umbsonst. Die meister brachten ein antwort von den parten, als sie vormals gethan hatten. Worumb? Die meister sputen das spil mit den unvernünftigen, die sie zu ihn ge- z(^n hatten. Diese dinge vemamen die stette und marckten auch wol, wie diese dinge zugingen mit den meistern und hatten auch

22 Marcus Spittendorff.

merglichen verdriss drinne. Sie gingen von uns und baten , das wir uflf den donnerstag (13. Oet.) vor mittage wider zusammen wolten kommen, sie betten uns was mebr zu sagen, dar uns allen und aueh den ebriicben stetten und dem gantzen stifite macbt angelegen were. Es gescbaeb. Uff den donnerstagk vor mittage buben die von stetten an mancherley rede, die sie erzalten, die ibn befoblen war von den ibren, wie sie sieb in disen dingen bey uns balten solten, und sagten manebe febrligkeit, die birinne zu bedencken, die dan noeb nicbt vor äugen, sondern naebmals draus kommen möcbte und uns und ibn und dem gantzen stiffte zu grossem» Jammer und leide gedeyen möcbte, und wie es andern stedten ergangen were, die einen kleinen irtbumb unter sieb gebabt und angeboben betten, der dan disem^ niebt gleicb were gewest, und von dem kleinen zum grossem kommen, so das sieb gros Jammer und notb darvon erbaben bette, das sie das aueb be- deneken wolten, leider wie gesebab Mentz, Littieb ^ und andern stedten mebr, da von geringem ^ Unwillen gros Jammer gescbaeb, das sie das zu bertzen nemen wolten und ibnen noeb vergönnen einen guttlicben bandel, das die dinge grundtlieb zwiscben dem rathe und den meistern und allen perscbonen möcbten* beygelegt werden, und ander rede vil mebr, die von der stedte wegen erzalt worden. Sie spracben, wir weren gemarckt in etlicben dingen, das wir dar ein uffseben zu betten, das den belangete ebr und eidt; nun wolten sie das mit gottes bulfe so Vertilgen, das niemand zu nabe an ebren noeb an eyden sein solte.

Diese rede vilmer balfen niebt, die meister woltens nicbt dulden Bl. 12^ noeb die parten. Hedricb war aucb nicbt || geneiget und aucb etzliebe im ratbe, als im anfang.

üff den nacbmittag kamen die stette wider zu uns uffs ratbaus und baten, das wir vom tale ibnen entweicben wolten, sie wolten mit den meistern sprecben und den ratbmannen, und damacb wolten sie mit uns sprecben. Diss wolten die meister nicbt vergunnen, bis wir so vil underlang redten, das sie das zufrieden worden, also das wir vom tale entweicben solten; aber wenn sie mit den meistern betten gesprocben und damacb mit uns vom tale aucb sprecben wolten, so solten wir das tbun in der vierberren dömtze. Daranff antworteten wir vom tale : , Ja lieben meister, wir wollen eucb die ebre gönnen, das ir nicbt reumen dörfet, wir wollen geme reumen." Da waren die von Magdeburg alleine bey den meistem, und die andern stette waren in der vierberren dömtze. Da mocbten die von Magdeburg faste rede mit ibnen baben, wie sie ibn verwandt weren « förder den andern stedten, und uns einer dem andem eidtbaftigk und aucb dnrcb privi- legia und durcb die wilkir verwandt weren, und wie wir alle jabre in vemeuerung der rede zusammen kommen musten durcb sonderlicbe

* grooen. dlsen. « geringen. * möchte. were.

1 Der Erzbischof Adolf v. Nassau eroberte Mainz in derNacht vom 27—28. Oct. 1462, Karl der Kühne Lüttich am 30. Oct. 1468.

1474 October. 23

verschreibiuig, und fast andere yil rede und wolmeinnngk zn verstehen gegeben hatten, das sie ie meinten, sie wolten das uff andre wege bringen. Es half alles nicht, es war nmbsonst. Do kamen die von Magdeburg zu uns vom tal und sagten, das sie möchten keines an Omen erlangen und berichten uns des auch, was sie in vorgehalten betten; das waren wir willig, den worumb? Was sich die unsem mit ihnen verschriben haben, ist billich, das das gehalten werde, und do- rumb betten wir vom tale inen gerne vergunt einen guttlichen handel, den wir habens im an&ng dises irthumbs uff die von Magdeburg ge- boten zu erkennen, aber es möchte uns darzu nicht kommen.

Do gingen die von Magdeburg wider zu den andern von den wirdigen» stedten und sagten ihn dise dinge. Do kamen sie alle wider zu uns in den rath, als wir sassen, und hüben noch ahn als vor- mals den rathsmeister Hedrich mitsampt den rathmannen und die meister zu bitten, als sie vormals gethan hatten, || das sie so gar stump BL 12^ von ihnen nicht abgeweist wurden, sondern sie wolten ansehen die wolmeinung der stc^te, die sie gesandt ketten, und wolten betrachten, was überlang aus diesen dingen konunen möchte, das alles zu vor- waren. Baten sie noch, das wir ihn die ehre vergunnen wolten, das sie noch einen guttlichen handel möchten zwischen uns haben , die dinge grundtlich bejzulegen, das were ihnen von den stedten so be- foblen.

Die von Magdeburg sprachen auch, sie wolten nicht wegk zihen, dise dinge weren den beygeleget, selten sie auch 4 wochen harren.

Diese rede und meinung half nicht, die meister wolten darein nicht gehen, sie sprachen, die Sache were entricht vor meinem herm, aoch betten wir vom tale in das zugesagt, dabey wolten sie es lassen bleiben und wolten furder keinen handel dulden oder leiden und daockten den stetten, sie dörften darnach nicht harren.

Uff den abent, do sie von uns gehen wolten und noch bey uns in der rathaus dömtzen waren, hüben die von Magdeburg ahn. Hein- rieh Werner der burgemeistere, und sprachen \ zu uns, wie das die von Bnumschweig und Halberstadt vffa freitag (14. Oci) von uns musten, und die von Magdeburg wolten noch bleiben, sie hofften, wir wurden in ein ander antwort geben. Sie wolten auch uff morgen wider zu uns konunen, das die meister und wir die dinge beschlaffen wolden. Mdnten die meister, sie geben in keine ander antwort Worumb? Die Parten betten in nicht änderst befolen, dammb were nicht not, das sie fbrder angezogen und genötiget wurden: selten sie die parten wider zQsammen haben, das möchte erger werden den vor.^

*- Jrdlimi. ^ iprKb.

^ Aus einem undatierten anonymoi Briefe an einen ,4ieben B[erm Bornmeister'S i^dcher In diese Zeit zu gehören scheint: „üff solche zedel haben die meister das vort eingebracht, das die part keinen handel von ihn leiden woUen, denn die sache vere alltoreit hingeleget, sie wc^en sich auch wd onderlangk gattHch vorlagen md konden anch anders kein wort nicht von ihnen brengen, do sprachen

24 Marcos Spittendorff.

Uffn freitag frue (14. Oct.) umb segers 7 hatten die von Magde- burg geschickt zu dem rathsmeister Hedrich and in lassen bitten , das er seiner herren drei oder vier zn ihme vorbiten wolte, sie wolten zu im kommen und noch etwas mit ihnen reden. So hisch Hedrich den heimlichen rath und sagete uns das von den von Magdeburg. So wurde wir des zufriden und schickten zu in, wiewol die meister das lieber gelassen betten, wenn sie der unere nicht geforcht betten. Do hüben die von Magdeburg an, als vor geschriben stehet, und bericli. ten, so der abscheidt zuvor war, das wir die dinge beschlaffen selten. Baten sie den rathsmeister und die meister, das sie ihnen noch wolten eine guttliche antwort geben; das wolde nicht sein. Sie baten noch eins, sie baten das 3. mahl umb gottes willen und ermaneten sie bey Bl. 13* lleyden und bey ehren, das wir in verpflicht und sie uns weren; es half nicht, sie kunten keine guttlikeit erlangen. Do sie das ie ver- namen, das sie in keine redtlikeit nicht gehen wolten, do fragten die von Magdeburg und sprachen: lieben hem, wir waren in verhof- nung*, die dinge selten ufi andre wege kommen sein, nun das aber nicht sein mag, so geben wir das unserm herr gott ; nun lieben herm, so wir nun mit einander zusammen mit eiden verstrickt und verschri- ben sein 2, des wir denn alle jähr in vemeurungk der rede zusammen kommen an die ende, da das gewönlich ist, hoffen wir, ir werdet uns das so halten, nachdem unser verschreibung so inhelt. Darauff namen wir ein gesprech und sagten ja, wir wolten das halten, und was wir in zugesagt betten oder mit eiden verbunden weren, und auch die nach uns wurden. Da sprach Heinrich Muller von Magdeburg:^ „lieben

* fii itefat hier: wir ie vexiiofatixig.

die meister, weren sie ehe kommen , so wolden die part gerne einen handel geliden haben, aber nmi kanten sie keines an ihnen erlangen und forchten, die dinge möch- ten sie ergem damit, wenn sie könden dem volcke nicht gesteuem. Beilagen zur DarsteUung Spittendorfts BL 360*».

a Von welcher eidlichen Verbindung der beiden Städte mag hier die Rede sein? Sollte sich Sp. noch auf das Bündnis Tom 24. Dec 1348 beziehen, dessen Uriamde Dr.n. 299 mittheilt, oder auf ein roateres? Wahrscheinlich hat er nur die Bundes- genossenschaft, welche beide Städte m der Hanse verknüpfte, im Auge. Im 14. Jahr- hundert trat Halle sehr oft mit Magdeburg zu solchen Vereinigungen zusammen, so 1343, 1345, 1351, 1361, 1363, 1370, 1376, 1383, 1389.

» H. M. sass schon im Jahr 1466 im Eath der Stadt Magdeburg, wie der Ver- gleich des Baths von Magdeburg zwischen dem Erzbischof Johannes und der Stadt Halle vom 9. Juli beweist. „Darbie sint gewest de hochgebome ftirste und herre, herre Stefißan, pfaltzgrave by Ryn und herthoge in Beyern, und de erhaftige her Paulus Busse, im geistliken rechte lerer und provest tho sünte Mauritz yn Halle, von des vorgnanten unses gnedigen hem von Magdeborg wegen, und de ersamen, wiesen Bereke (?) vam Kelre, itzunde sittende Borgermeister, Obick Drewes, Lu- decke vamKelre, Cziliacus Degener und Hans Mulre thom gülden ringe von unses des rades tho Magdeborg wegen, Hans Cluke, radesmester, und Hans von Waltheym, bomemester over dem dudischen bome tho Halle, von des ersamen rades tho HaUe wegen." Aus Dr.'s Papieren nach einem verlornen Pergamentcodex des Baths der Stadt Halle. Im Jahr 1476 war H. M. Bürgermeister der Altstadt Mi^deburg, Dr. L 165 upd wAitflr unten BL 53^ Hoffmann, Geschichte der Stadt Magdeburg 1 42X.

1474 October. 25

herrn, wir hören das gerne, wir wollen das den nnsem so auch sagen/' Do sprach lorge Seile, der der meister wort hilt: „die nnsem haben nns das anch befohlen, was wir mit euch verbunden oder vereidet sein» das wollen sie halten/' Do schieden sie von uns und gesegneten nns. Aber sie bliben den tag noch hier, der rath löset sie alle ans der her- bei^.

Damach wol nber acht tage hüten die meister faste ahn nff dem rathause, das die dinge gantz möchten beygelegt werden, nnd das wir einen handel vomemen weiten, wie es nmb die stucke und gebrechen Yorbas solte gehalten werden.

Da gab Hedrich den bommeistem die zettel, die sie gemacht nnd vor* den parten gelesen hatten, die zettel solten sie denen vom tale bringen. Das geschach. Ufi die zettel war der vom tale antwort durch die bommeister, was sie den rath betten zugesagt vor meinem herm ron Magdeburg, das weiten sie halten. Baten die vom tale, das die anch gehalten wurde. Diese antwort geschach uff dinstag nach der elf- tausent Jungfrauen tagk (25. Oct.). Umb die andem stuck, die in der zettel nicht geschriben, sondern die vor den parten || gelesen und die BLIS^ meister mit Hedrich und andem gemacht haben, nemlich 3 oder 4 stucke, als vor^ geschriben, da thaten die bommeister von der vom tal wegen auch antwort uff und sagten auch fast ihre bewegung, die sie draoff hatten, und wir im ratheauch, so das nicht ein gantzer beschlus wart, sondem die meister rickten uff, die zuber über dem Hackenbom solten zu gros sein. Sprachen die bommeister und wir vom tal, das man einen zuber holen lisse vom Hackenbom; meinten die meister, es were auch ein mas da bey demselben bom, das solten sie mitbringen, darnach solten die zuber gemacht werden. Wir bestalten, das ein zuber und das mas vom Hackenbom auf das rathaus gebracht wart, und schickten auch nach Paul Fleischhauer ^ und Mattes Penne ^^ die die zuber pflegten zu machen. Sie brachten einen neuen zuber und beide ihre ejseme mas, damach sie die zuber pflegten zu machen, uffis rathaus und sprachen auch beide bey waren werten, das sie die mas von ihren eltem betten. Und Mattes Penne sprach, das sein vater vor 30 oder 40 jaren die zuber gemacht bette ^ und nie anders den nach einem solchen mas, der er eines ^ uff die zeit uffh rathaus hatte, und Paul Fleisch- hauer auch eins hatte. So gingen die meister fast und massen, Hed- rich auch; aber sie kunten nicht finden, das sie Ursache zu uns haben möchten. Aber das mas, das bey dem Hackenbom pflag zu sein, das

* von. ^ Pennlg. '^ hetten. ^ einem.

1 Vgl. S. 20.

^PaulFleischhauer war 1470 Meister im Rath, 1478 Mitglied des engem Raths, 1479, 1482, 1485 u. 1488 Rathsmeister. Vor ihm kommt Caspar Fl. von 1441 bis 1459 als Mitglied des engem Raths und der Meister vor.

s Matthias Renne 1466 und 1469 Meister, 1472 Mitglied des engem Raths, 1478, 1481, 1484, 1487, 1490, 1493, 1496 Rathsmeister. Die Familie erscheint schon Im Anfange des Jahrhunderts selbst im engem Rathe.

2^ Marcos Spittendorff.

war ein wenig kartzer, den Matthes Pennen^ und Paul Fleischhaners. Das kam davon, die knechte hattens anch selber gesagt und Clans Werner der nnderbommeister, das sie mit dem eysen dasfeuer schireten nnd reameten bisweilen die gössen darmitte nnd were aoff die steine geworfen vor langer zeit, das das so ein wenig vematzt^ and kortzer war, den die andern zwey, darnach die znber stete gemacht worden.

^i- 1^' So bleib || es bey den massen Matthes Pennen nnd Paul Fleischhaners. Und die meister mästen genügen haben und es so lassen bleiben. Lorentz von Renden nam das mas vom Hackenbom nnd liss es machen nach den andern 2 massen.

Uffn sonnabent post Onminm Sanctorom (5. November) im 74. jähr der minder zahl lissen die bommeistcr und schepfen im tal diese ge- bott ausgehen, das ein iglicher wircker nicht mehr nnd auch nicht we- niger den 35 gezenchente eymer aus dem fasse füllen solte in die p&n- neuyunddas stucke saltz wardt gesatzt«' uff 11 Schwertgroschen ^ der läf die zeit 47 vor einen reinschen gülden gingen ; aber das stucke saltz vor 5^2 grosse groschen, der dan 23 oder 23 V2 vor einen reinischen gülden gingen uff die zeit. Nota. Dieser artickel solte vor stehen geschriben umb den willen : Im 74. Jahr umb pfingsten und lohanni galt das stucke saltz 12 schwert- oder silberne groschen, wie man will. Nun in dem Unwillen, dervordiser Schrift stehet geschriben, der dan zwischen dem rathe, zwischen den meistern, denen vom tale, Innungen und gemeinheit, wardt vor das beste genommen, das die bommeister dem saltze abesatzten und wardt gesatzt'' uff 6 schwertgroschen. Und brachte aber keine gutte an die parten, sondern die parten mochten des gar wol und hatten gros wol- gefallen dorinen, das die vom tal also gezwungen wurden; aber die pfenner namen gemeiniglich grossen schaden, den da was nicht von verdienst innen, den ein theil lissen gar gros saltz sieden, und die sole galt viel, das saltz wardt wol zu 15 gesotten, ein theil sotten das nicht so hoch, es gedacht auch niemandt mehr, das man so viel eingegossen hette; so wardt die regirung nun so vorgenommen, als oben geschriben, sonnabent post Omnium Sanctorum. Die wircker ubemamen die fhhrleute auch Sehr : wen ein gast ludt 40 oder 41 stuck, der muste dem wircker geben ein schwertgroschen von eim stuck und 10 schwertgroschen zu tranck gelde

Bl. 14^ darzu 10 schwertgroschen zu buhre, item dem uffburer || 6 schwert- groschen, dem uffweger auch6 schwertgroschen, dem leder 8 schwertgro- schen, dem stöpper 6 schwertgroschen, dem abschleger ein schwert- groschen, so das dieselbigen die fuhrleute zumahl sehr ubemamen, und die klage sehr gros wardt. Nun wardt vor das beste vorgenommen durch die bommeister und schöppen im tal und satzten, wie viel ein iglicher von einem gaste nemen solte: der wircker solte nemen von 1 stucke saltz 1 schwertgroschen und solte dem gaste das saltz auf wagen schitten' etc.

Ufih sonnabent nach Martini (12. Nov.) im 74. jähr brachten die bommeister an den rath, nachdem sich diese vorgeschribene geschichte

k. b Yernntz. ^ geMts. ^ .fgroschen*' fehlt hier und in den folgenden ZeUen ' ichicken.

1474 NoYember. 27

*

begeben betten der* regiening des tals wegen, die den aach meinem herra von Magdeburg von den meistern nffgerackt weren, und auch noih fiuzunemen im thal , nun betten bommeister und schöppen im^ tal die regirung vorgenommen, wie sich ein iglicher halten solte, uff das der gast so sehr nicht beschwert wurde. Auch hatten die bommeister imd Schoppen im tale gebott gethan, aber sie fragten nach ihren ge- boten wenig, darumb baten die bommeister, das der rath auch wolde geboth thun, auff das die geboth auch möchten gehalten werden, und die regirung so vil bestendiger bleiben möchte. Darauff nam der rath mitsampt den meistern vor das beste und befohlen den stadtknechten, das sie den wirckem, ledam, stopfem, p£anschmiden sagen selten vons raths wegen die geboth, die die bommeister tmd schöppen gethan betten, die selten sie halten ein iglicher bey 3 marcken.

Uff densontagk nechstdamach (13. Nov.) bischen sich die wircker alle zusammen in das heilige grab ^ und mochten sich unterlang beredet haben, das niemandt underbussen solde, die geboth wurden in den ab- gesagt; auch könnten sie mit dem lohne nicht zukommen, so inen von den bommeistem und scheppengesatzt^' were, das sie dem || fuhrmanne BL15* das saltz uff den wagen schitten ^ solten. Auch waren viel wircker, die ihren jnngkera die Schlüssel brachten und weiten nicht mehr sieden imd triben grossen hohmut, und es war wenig saltz im tale, und die fohrleute holtens sehre. Die bommeister und schöppen hilten faste handel umb den willen, das die wircker sich so stoltziglich hilten, doch mnsten sie gedult haben und meinten, das ihrer ie ein theil uff den abent underlegen wurden, aber keiner buste uff den abent under; ein theil betten wol untergebusset, sie dorften vor den andem nicht.

Uffii montagk Tor mittage (14. Nov.) brachtens die bommeister an die rathsmeister. Do lissen wir die rathsglocke läuten und besambten den rath^ und brachten die dinge, die uns Ton den wirckem begeg- neten, an den rath. Do besandte der rath die 4 wircker, die ir wort pflegten zu halten, dieselbigen hatten noch 4 wircker zu ihnen gekoren, das ihrer 8 waren, und kamen uffs rathauss. Do war der rath wol geneiget, doch gleichwol nicht alle, das man den 8 wirckem von stundt

A die. b Inn. c gentz weren. d »chiekeii.

^ Dieser gewöhnliche Yersammlongsort der Wirker war doch wol die Kirche oder GapeUe z. h. Gr. in der Halle und zwar nicht weit vom Morizldrchhofe' ge- legen. Vgl weiter unten BL 98 ^ 328 M)r. I. 745. Auf die Stelle baute der Rath sp&ter das Eoth zum Ziemer.

^ Dass nicht nur der Rath, sondern auch die Bürgerschaft durch den Glocken- schlag zusammengerufen wurde, war in niederdeutschen Städten ganz gewöhnlich. In der magd. Schöppenchronik findet sich zum Jahr 1405 der Satz: „men hadde bnrding gehid, und unse borgere gemeinUken van bodes wegen uppe dem markede mosten rai to der huldinge" (Die Chroniken d. d. Städte Bd. m S. 319.) In der Wülkfir der Stadt Sidze vom Jahr 1470 heisst es : Wann man auch die Glocke zu dem Burdinge oder Bürgern läutet, ee sei Tag oder Nacht, so soll ein jeffUcher Büiger und Inwohner auf oder in das Rathaus vor den Rath kommen bei Pöne zwOtf Magdeburgischer Pfennige. Winter, Die Willküren d. St. Salze i. d. Ge* schichtsbl&ttern l St. u. L. Magd. Ym S. 117.

^8 Marcus Spittendorff.

m

an bey 50 marcken geboten hette, das sie von standt an solten onder- bassen oder die Stadt reamen, wer das nicht thnn wolte, nmb des hob- mats willen, den sie gethan hatten. Aber die meister, nemlich Peter Schaff köpf, der wolde nicht und machte die andern alle irre, als er dan das gantze jähr gethan hatte; sie wolten hören der wircker ant- wort, was die sagten. Wommb? Sieglanbten denwirckem mehr, den den bommeistem und denen vom tal. So liss man die 8 wircker vor den rath und fragten sie, wommb sie nicht sötten , das sie itznndt das tal mit der arbeit niederlegten, da theten sie dem rathe nicht za dancke an. Do antwortten sie fast mit viel Worten und meinten, die wircker gemeiniglich weren nicht geneiget zu sieden in den geboten,

Bl. 15^ das sie solten geeidet Verden ; wen in die || gebott abe wurden gesagt, auch das ir lohn nicht geringert wurde, sondern als sie den vor ge- nommen betten, wolten sie gerne sieden, aber umb den lohn, der in itz gesatzt^ were von bommeistem und schöpfen, und auch in die pfannen zu ftlllen bey gebotte 35 gezeichente eymer, darinne können sie sich nicht bewaren, und viel mehr wort, das ich marckte, betten sie was arges gewust von denen vom tale, sie hettens gesagt. Und SchaflT- kopff fi^te faste, ob das saltz auch so gros wurde von den 35 eymera, als vor ehe das geboth ausgegangen were. Antworten die wircker, nemlich Ciriax Berwalt, nein, das saltz wurde nicht so gros von 35 eymera als vor; den man hette vor gemeiniglich mehr ingegossen b. Do sprach Peter Schaflfkopff aber, den erder pfennerfreunt war, haben doch die bommeister gesagt, das saltz werde nun grosser, man geust zweyer oder dreyer eymer mehr den vor. Da redte Schaffkopff nicht war ahn, das die bommeister das gesagt betten, sondern der weinmeister Bastian Granheide sagte, es möchte wol kommen, das alle pfenner, die da saltz sötten, nicht lissen 35 eymer eingissen. Aber ein theil moch- ten weniger und auch ein theil, als ich meine, mehr eingissen; doch uff das gleich gesotten und auch gutt saltz von 35 eymera auss dem fasse zu füllen wurde, wardt vor das beste vorgenommen von den bora- meistera und schöppen, das das ein jederman bey der busse also solte halten. Peter Schaffkopff wolde auch, das wir vom tal alle siebene solten weichen. Do sprachen sie, do wir wider uff unsere stete gingen sitzen, das sie dise dinge des lohns der wircker bemhen lissen unge- fehrlich, und das sie sich darinne bequemUch hüten und die leute so sehr nicht ubernemen, den die klage gros were von fuhrleuten und auch burgem, sondern das sie ingissen, als das inen geboten war von den bommeistem. Wen der rath ein wenig mussig wurde über 14 tage oder

BL 16^ 4 Wochen, || so wolten wir ein handel haben mit den bommeistera, uf das es eine bequeme weise mochte haben und gemacht werde. Und thaten den 8 wirckem ein geboth, einem iglichen bey 50 marcken, daüs- selbige gebott solten sie den andem wirckera auch einem iglichen vons raths wegen bey 50 marcken gebiten, das sie solten Unterbussen; wer das nicht thun wolte, der solte die Stadt reumen. So mochten sie £Etste

* getatst. ^ hier folgt noch ehonud ,jJb Tor"*.

1474 November. 29

ZU rathe gehen, 4en off den abent, a man das Are Maria schlag, da bnsten sie fast alle unter.

Dis alles, das sich die wircker so widersetzig hüten, machten etz- liehe in den parten, die denen vom tale gantz ganstig sindt, als ihnen gott lohne, wens ihnen leidt wirdt, als sie das zwar das gantze jähr getriben haben. Sie hüten des gebotts nicht, das sie gleich eingissen solten 35 eymer, als die bommeister und schöpfen geboten hatten, den ieh marckte etliche in den parten, die hüten die wircker darzn, das de nach bommeistem und schöpfen nichts fragten; anch waren die wircker gantz stoltz gegen die pfenner. Mein wircker liss mir von standt an dieselbige woche, als in der rath das befahl, das sie under- boBsen selten, abegehen 30 zaber sole mehr, wen zufohr gesotten zu 36 wercken; darnach die ander woche 5 tage sötte ehr auch 35 wergk, gingen mir 29 zuber sole abe über viere gesotten. Aber die wircker machtens, wie sie weiten, auch bisweilen zu 27 znber, die mir zu 5 tagen abegingen uff so vil werck als vor geschriben. Item die sole galt vü, der zuber Deutsch galt einen grossen groschen oder 2schwert- oder sübeme groschen und nach 2 oder Vj^ hellischen pfennigk über den groschen. Gut^ar galt der zuber einen grossen groschen minus 1 oder ^/2 hellischen d. Das schock wergk wardt verdinget zu 20 alten schocken oder 10 alte schock voller zahl (?). Das schock holtz kaufte man vor 5 oder 5V2 d., auch bisweüen vor 1 schwertgroschen, aber das holtz machten sie fast geringe, man muste der wol 7 oder 8 schock haben zu einem wercke.

II Diese zettel hatten etliche des raths mitsampt den meistern Bl. 16^ und mit denen, die sie zu sich gezogen, gemacht und hatten die in die parten geschickt, dieweil wir 7 vom tal in unsem heusem musten sitzen. Zwar unverschulter Sachen, sondern durch* grosse, grobe Unver- nunft musten wir vom tale das von den parten über uns nemen und sonderlich von den meistern und etlichen von dem rathe, die uns das alles unbiUich und nicht mit gleiche thaten. Und dieser nachgeschrie- bene Zettel ist gewest Hans Schmides; hinder dem rathause wonhafitigk, der hatte die, als ich mich verduncken lasse, au%eschriben und die hebet sich also an: Ersamen, lieben freunde. So ir uns bey den euren, im anfange der gespreche umb das geschos zu sprechen etzliche stuck unter andern der regirung des tals eins gewest, zuentboten ha- bet, daraus sich den ein stucke nemlich umb die abtretung der vom tal entspunnen hatte, darumb man sich dan lange hatt geirret und doch nun durch einen freundtlichen handel dahin gekommen ist, das sich die vom tale nach laut der wilkire gleich andern unsem bürgern von Innungen und gemeinheiten mit der abetretungk halten sollen; und darzu ist auch umb die regirungk des tals furder durch unsem gnedigsten herm von Magdeburg in einem guttlichen handel besprochen, das die vom tale mit der regimngk halten selten in aUer massen, als die Zettel, darüber gegeben, der ihr in itzlicher part eine habety von

dO Marcus Spittendorfl^

wort zu Worten, von stnck za stocken melden und inhalden, das sie den auch also zu halten verwilliget han. Sondern in andere stucke mehr, der in der zedel nicht gedacht wirdt, nemlich umb die yorschle- ger der sole und umb die fronsole und auch die grosse der eymer und auch der zuber über den bomen, das die vom tale damit halten sotten, als vormals und vor alder damit gehalden ist. Aber umb die gereute Bl. 17* der pfenner haben mr betracht, das kein pfenner, der || pfannewerk übet, hinfurder nicht mehr den 2 gereute haben sol. Und so wir dan den 7 vom tale nach laut der geboth, die gethan, die börung nun da- rauff auch zugesprochen, sich auch selbst darin gegeben haben, was denselben vor gnade dran solte erzeigt werden, uns bey den mögen wissentlich thun und auch macht geben, mit unsem hem den meistern denselbigen vom tale die geboth wider abezunemen. Und auff das nun diser Unwille, der auff etzliche zeit daher gestanden hat, gantz und gar* möchte beygelegt werden, were auch wol unser andacht uff die berurten stucke, und auch was sich darunder Unwillens halber begeben hatte, hinftirder niemandt einer gegen dem andern mit werten noch mit wergken im^ argen ufi^cken noch darumb von den bömen oder von andern diesen im tal der halben solte ^ geurlaubt werden. Hirumb wollet guttlich sprechen und uns des eure meinung bey euren meistern zu vorstehen geben, daran thut ir uns zu danck.

Uff weynachten soll niemandt pfanwercken noch brauen, er sey den beeigent^ und beerbet.

Di^ vorschleger soll man nicht Urlauben, den uff pfingsten, wen sich die bommeister vorendem.

Das die parten alle virteljahre wollen zusammen kommen, umb der Stadt gescheffte zu sprechen.

Die bommeisfer sollen auch nach mittage mit uffgehen und auch bey der börung sitzen, umb unsem bürgern, die aussen sindt , geboth zu thun, das sie wider heim kommen.

Die heiligen tage zu feyem.

Niemandt in 2 pfannen zu sieden ^

Das mochten die pfenner underlangk von iren wegen ein theil vorgeben und mochten selbst auch viel irrunge machen in den parten. Wer nicht wil bey uns sein, das der sein pfanwergk mit einem pfen- ner bestelle, den man nicht vorlegen kann. Das unser einer dem an- dern gerne lisse sole gissen, wollen die knechte ohne tranckgeld nicht tragen einem andern zu gutte. Bl. 17^ Auch sindt II etzliche knechte, die das gutt verwechseln, bringen Gutjahr vor Deutsch, Hackenbom vor Metritz oder vor Gutjahr, auch 36 werck zu sieden und nicht mehr.

Ufih montag S. Nicklas abendt (ö.December) im 74. iahr vor mittage war der sitzende rath. Uff die zeit sass er^ mitsampt den meistern und den bommeistem uff dem rathause von anhaltung wegen der

* fftate. >> Im« ^ lolten. ' beyelgnet « Steht am Bande. ' »er*' ift MugelMMi».

1474 December. 81

meister, das sie jo meinten, das die Uneinigkeit, die sie mit uns 7 Tom tal zwischen innmigen uid gemeinheit gemacht hatten, dammb uns ongewöniiche geboth geschahen Ton etlichen des raths und den mei' Stern, und sie daromb die börung Ton uns nemen und haben mochten oder weiten. War uff denselbigen S. Niclas abent ihre meinung, das wir 7 mnsten abtretten, und die andern sprachen umb die börnngk. Do sie gesprochen hatten, hischen sie uns wider und gaben Tor, so diese dinge, die börungk betreffende, etzlicke zeit angestanden betten nach der zeit, so uns die gebott weren abgenommen, und wir uns die- selbige zeit in die börung gegeben und umb gnade gebeten betten, das me die von den parten, uff die zeit geschickt, bericht betten und auch nun an den parten so vil erlanget betten, uns gnade zu thun. Begerten wir nun gnade, das wir in das zu vorstehen geben weiten, 80 weiten sie gerne darumb sprechen. Darauff namen wir 7 ein ge- gprech und thaten unser antwort uff die zeit, do sie uns beschuldiget betten: umb das abetreten wisten sie wol, was unser antwort da ge- west were, und auch noch als vor, das ich Marcus Spittendorff meinen rathstnel nicht hette wollen reumen, so die vomemen, die sie gethan hetten, unbillich weren. Sondern die andern, die vom rathause ge- gangen weren, wisten sie wol, was die vor antwort betten gethan. Idoch wie dem allen umb der rede willen, die sie uns sagten uff die zeit, 80 sie meinten und uns in grossen treuen riten, das wir uns in die börung || geben weiten, einen andern weg zu vormeiden, sprach Bl. 18* ich Marcus Spittendorff von uns 7 wegen , die von der vom tal und auch aller parte wegen sitzen: erkenneten sie, uns die gebott von ihnen billich geschehen weren, darumb wir die börung zu geben yerpfliditet weren, so musten wir uns drein geben; auch das wir sie umb gnade gebeten betten von der 7 wegen , hofile ich, 80 sie erkenneten, das wir die börung verpj9ichtet weren, sie wurden uns ie gnade thun. Da wdte Hedrich mit den meistern nit ahn, und hatten faste vil rede underlang, sondern sie fragten fast, ob wir gnade begerten, so weiten sie darumb sprechen. Wir 7 namen abermal ein gespreche und berichteten sie als vor, wir weiten auch in keinen an- dern weg nicht, was wir vor gesagt betten, das war noch unser mei- nungk, aber sie umb gnade zu bitten, weiten wir nicht thun.Worumb? Uns geschaeh vor unserm hergott unrecht. Uff die gnade von in zu bitten, sprach ich von der andern wegen: lieben herm, ihr habet gnade und Ungnade bey euch, ihr mögets machen, wie ir wollet, an- ders wollen wir uns nirgent ingeben. Und gingen viehnahl aus und ein. Da wardt Hedrich mit den andern eins und that uns 7 einem iglichen ein geboth bey 60 marcken, die börung zu geben inßwochen. Da meinten wir, die geboth weren ungewönlich, in der zeit solche bö- rung zu geben bey 50 marcken ; man pj9eget die gebott zu thun binnen etzlicher zeit oder innen zu sitzen. Darauff sprachen sie ja, das wirs auch so hüten, das wir die börung in der zeit geben oder sessen innen bey 50 marcken.

32 Marcus Spittendorff.

Uffii Bonnabent nach Lucio (17. Dec.) vor niittage im 74. jähre Bl. 18^ hilten wir abermahl || gesprech nmb die Uneinigkeit, die^ zvrischen uns, den vom tale und den mebtem, die uff die zeit sassen!, gewest waren und doch daselbst noch nicht auff ein ende kommen waren. Und die meister fast anhilten, das sie gerne ein ende der gebrechen gehabt betten. So war aber das anbringen der meister, sondern diebom- meisterwaren des nicht mit ihn ein. Dieseöstucke weiten die meister haben:

Zum ersten: der rath solte unsem bürgern gebott thun, das sie sel- ten heimkommen. Sprachen die meister, die parten wolte das also haben. Dorauff sprach der rath und wolte des mit den parten noch mit^ den meistern nicht eins sein, und hatten mancherley Ursache, der ich nicht schreybe. Zum 1. das die bommeister niemandt sollen das tal verbieten.

Das zweite: wen die sich des tales nehren, was verbrochen hetten im tal, dann<^ selten die bommeister vor dem rath verklagen, darüber söUe der rath richten. Darauff sprach der rath, und waren des Stucks mit den meistern nicht eins. Worumb? Die vom tale haben gerichte über hals und haut, sie haben auch zu vorbitten und zu gebietten in tak gerichte, als die versiegelte zettel von allen parten wilkir auf- weiset (!), die vom rath darüber geben ist. Doramb war der rath nicht geneige^ den vom tal in ihre freUbeit zu greiffen, das dan meines herrn gerichte belanget, und andere Ursache mehr.

Das dritte stucke umb die pfanschmide, das sich die beklagen, die bommebter wollen ihnen ihren lohn nidrigen an den pfannen zu machen. Das wollen die meister auch nicht haben. Darauff sprach BL 19^ der rath nach anbringen der bommeister: || man hette das vor alters so gehalten, wen die pfanschmide nicht hetten können zukommen an dem lohne, den man in pflegte zu geben von den pfEunnen zu machen, so gingen sie vor bommeister und schöpfen und baten, das sie in dem lohne möchten versorget wei*den, so satzten ihnen die bommeister und schöpfen uff, darumb haben sie auch die macht, dem lohne abezusetzen. Do sprach der rath, das sich die pfanschmide noch vor bommeister und Schoppen fugeten, sie wurden sich wol geburUchen in einem gleichen gegen ihnen halten.

Das vierte stuck, das prister und hauskneckte pfannenwerg ver- hegten, darauff sprach der rath, die bommeister und schöpfen hetten das so bestalt, das niemandt sein pfannenwergk uff die nechste kom- mende weynachten durch prister oder hausknechte bestellen solte, son- dem sie selten das selber verwesen oder aufthun, das es durch einen pfenner verweset wurde.

Das fünfte stuck, das die parten des jahrs ein mahl möchten zu- sammen gehen uff einen gestrackten tagk, eine igliche parte zu seines meisters haus, dieweile die alten bommeister sitzen, und was dan igliche part vor gebrechen hette, das die durch die meister an rath ge- bracht wurden. Wurde sich dan der rath in den stucken nicht be-

» „dto" fehlt. ^ nicht. « dem.

1475 Januar. dS

weisen, so weiten alle parten uff einen haoffen zusammen kommen, wes die dan so eins wurden, das solten sie dem rathe entbitten, gaben die meister alles Tor. Doranff spracb der rath, das des jahrs ein igliche part zn seines meisters bans zusammen kompt and da an- bringt ihre gebrechen, redte man nicht gros darwider. Aber off einen haoffen zu konmien, da wurde uff || lange zeit nicht yil gutts Ton Bl. 19^ kommen, darumb were das nicht zu tbun, sondern wir wolten die stucke beruhen lassen bis an den andern raih; was dan vor das beste m(kshte erkant und vorgenommen werden, das finde sich wol. Aber nmb das andere stucke oben gescbriben, das die bommeister niemandt solten das tal verbitten, das wolte der rath von den meistern nicht aonemen. Worumb? Es war nicht von den parten in der schoszeit an den rath zu bringen befohlen, sondern die meister erdichten das und andere stucke fast mehr, die sich zu ungemach zihen möchten.

(l«ielifeMM|. d. Pr. Sachien. XI.

1475 Januar.

Do man schreib 1475 nff den dinstagk nach dem nenen jhar (3. Januar) regeten die meister abermals an uff dem rathanse, das die obgeschribene stuck zu ende solten gehen, die in die part befohlen betten, oder sie wolten kein gesprech halten. Do sprach der rath uff das erste stuck, das die bommeister Trebes Fischer und Sander Trackenstedt ihre recht noch thun solten, das were vor sich, wir weren des auch wol zufrieden, das ein solches bestehen möchte, sondern wir betten den besorgt, das sie gar mit grossem *" ebenteuer heimkommen möchten. Solten wir ihnen nun geboth thun, das wurde gar richtig, und möchten darob gar zu grossem schaden kommen umb leib und gutt; war wol unser bitte, ihrer eins theils im rathe, das die meister das betrachten wolten; doch woltens die part ihe haben, so es die wilkir betreffe, weren wirs auch zufrieden. Uff das andere stucke, ein mahl zusanmien zu gehen, wart uffgeruckt und auch von etzlichen von den Bl. 19* meistern und von etzlichen || von dem rath, die die meister zu sich gezogen hatten und nicht unders rieten, den was die meister wolten, das die parte das haben wolden, das sie einmal zusammen auff einen hauffen kommen wolten, waren etzliche im rathe den meistern bey- fellig. Aber wir 4 vom tal, die im rath sassen, wolten solchs nicht zugeben. Da meinte Hedrich, wir weren des mit ihnen eins gewesen- Da sprachen wir 4 nein zu, wir weren des nie mit ihnen eins gewe- sen, uff einen hauffen zu kommen^ sie betten das ein mahl hinder uns gethan ohne unsern willen und volwort, sie könten auch nicht sagen, das wir ie drein gewiUiget betten. Wir willigten auch noch nicht und hatten fast vil andere rede unter einander mit Worten, das wir uns underredten. Da worden die meister zornig und stissen uff mit ihren trauworten, als sie das gantze jähr gethan haben, sie wolten zusammen uff einen hauffen, es were ihnen zugesagt. Von der zusage wüsten wir im tale nichts, sondern Hedrich möchte inen^» was zugesagt haben mit den andern in Eysenberges hofe. Sie hissen uns auch ab- treten, auch bette Hedrich gerne gesehen, das wir 4 vom tal unsern willen darzu gegeben betten, das sie zusammen uff einen hauffen möchten kommen, und meinte, es solte gutt thun, und lag uns sehr ahn, das wir unsern willen darzu wolten geben, ehr weites gar kurtz von sich sagen. Doch sprach ich Marcus Öpittendorff zu ihnen: „das ich meinen willen darzu geben soll, das mich mein eydt nicht lerte oder mein hertz nicht zusagt, das gutts darvon kommen kan, sondern

^ groeseii. ** Ime.

1475 Januar. SS

üff lange zeit viel böses uud mehr arges daTon entstehen und kommen möchte den gntts, darmnb ist das mein wille nicht, sondern wir haben eine wilkire, die last lesen, was die inne helt, darnach wir uns halten. Sprach || Hedrich und auch andere, sie wolten doch zosanmien. BL 19^ Antwortten wir, wen sie das jhe thun wolten, mästen wir das lassen geschehen. Aber wir baten, das sie die wilkire lissen lesen. Dar Bchwigen sie, als hörten sies nicht. Do baten wir 4 vom tal, das wir mit den bommeistem möchten ein gespreche halten, meinten sie ja. Do wir mit den bommeistern gesprochen hatten, gaben wir dem rathe diese antwort: „lieben herm, so ir von uns haben wolt, das wir mit euch willigen sollen, das die part des jahrs nff einen hanffen kommen, bitten wir each, ihr wollet das lassen beruhen, das die bommeister solches an die vom tale auch bringen mögen; sindt die vom tale den des geneiget, so wollen wir uns Tor unser perschon wol geburlich halten.

Uff